Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
sprechen Sie nicht mit ihr?«
    »Darauf komme ich noch zu
sprechen«, sagte ich. »Im Augenblick unterhält sich ein anderer Polizeibeamter
oben auf dem Bald Mountain mit ihr.«
    »Dort bringt sie neuerdings den
größten Teil ihrer Zeit zu«, sagte er, »bei diesem verdrehten Propheten, oder
wie er sich sonst nennt.«
    »Sie gehören also nicht zu den
Gläubigen?«
    »Ich? Ich soll auf einen
solchen Quatsch hereinfallen?«
    »Sie sehen durchaus wie ein
Sonnenanbeter aus«, sagte ich.
    Er blickte auf seine
Sonnenbräune und spannte unwillkürlich ein wenig seine Muskeln. »Weiter
reicht’s bei mir nicht«, sagte er. »Dieser Prophet verursacht mir
Magenschmerzen. Ich sitze hier und höre mir Stellas Geschwafel über ihn an, bis
ich glaube, ich werde verrückt. Wenn man sie reden hört, könnte man meinen, er
sei der einzige lebende Mann überhaupt.«
    Ich trank mein Glas leer und
stand auf. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich hier ein wenig umschaue?«
    »Bitte«, sagte er.
    Ich sah mich vage um. »Ein
hübsches Haus haben Sie hier«, sagte ich. »Ich habe eine Schwäche für
orientalische Möbel; sehr schick.«
    »Es war Stellas Idee«, sagte
er, »für dieses Jahr. Nächstes Jahr wird es Voodoo oder so was sein.«
    »Sie scheint ganz hingerissen
davon zu sein, das muß man feststellen«, sagte ich. »Malereien und alles. Es
muß ein Vermögen gekostet haben.«
    »Für Stella nicht«, sagte er
verbittert.
    »Sind auch irgendwelche antiken
Dinge dabei?« fragte ich ihn. »Schwerter oder solches Zeug?«
    »Im Eßzimmer sind zwei Dolche«,
sagte er. »Sehen Sie sich die Dinger an, wenn es Sie interessiert. Ich schenke
uns inzwischen noch etwas zu trinken ein.«
    »Ein ausgezeichneter Gedanke«,
sagte ich. »Aber ich möchte, daß Sie sie mir zeigen.«
    »Verdammt!« sagte er. »Ich habe
Ihnen doch gerade gesagt, Sie können ruhig allein gehen.«
    »Wir wollen den Gibbschen Ruf der Gastfreundlichkeit nicht zerstören«,
sagte ich. »Zeigen Sie mir die Dolche.«
    Er stand widerwillig von der
Couch auf und ging voran ins Eßzimmer. »Hier sind sie. He! Da fehlt ja einer!«
    »Und das ist der, mit dem Julia
Grant ermordet wurde«, sagte ich, da dies offensichtlich schien.
    Gibb wandte sich mir mit
offenem Mund zu. »Aber wie, zum Teufel, ist er denn...?«
    »Das ist eine interessante
Frage«, sagte ich. »Wann haben Sie die beiden Dolche zuletzt hier gesehen?«
    Er kratzte sich flüchtig am Kopf.
»Ich erinnere mich nicht genau. Nach einer Weile ist man so an das Zeug
gewöhnt, daß man es gar nicht mehr mit Bewußtsein sieht. Man weiß nicht, ob es
da ist oder nicht. — Sie wissen doch, wie es einem geht, Lieutenant.«
    »Klar«, sagte ich. »Manchen Frauen
geht es sogar gelegentlich mit ihren Männern so, habe ich gehört.«
    Seine Lippen preßten sich
zusammen. »Sie brauchen nicht so smart daherzureden.«
    »Ist Ihnen jetzt zum erstenmal
aufgefallen, daß der Dolch fehlt?«
    »Allerdings. Ich glaube nicht,
daß ich es überhaupt bemerkt hätte, wenn Sie mich nicht hier hereingeschleppt
hätten. Woher wußten Sie das?«
    »So schlau war ich gar nicht«,
gab ich zu. »Julia Grant ist mit einem orientalischen Dolch erstochen worden.
Und all das orientalische Zeug im Wohnzimmer — es lag nahe.«
    Ich hob den Arm und nahm den
verbliebenen Dolch von der Wand, wobei ich ihn vorsichtig an der Schneide
anfaßte. »Ich werde diesen hier mitnehmen.«
    »Klar«, sagte er. »Wie Sie
wollen, Lieutenant.«
    Ich wickelte den Dolch in mein
Taschentuch, verließ das Haus und kehrte zum Healey zurück. Gibb begleitete
mich und blieb neben dem Wagen stehen, während ich einstieg.
    »Ich weiß wirklich nicht, wie,
zum Kuckuck, dieses Messer aus dem Haus gekommen ist, Lieutenant«, sagte er.
»Das kann ich Ihnen versichern.«
    »Sagen Sie mir einmal etwas,
das Sie wissen«, schlug ich vor. »Wie fühlt man sich als ausgehaltener
Ehemann?«
    Sein Gesicht wurde unter der
Sonnenbräune bleich. »Sie dreckiger, lausiger...!«
    Da ich in diesem Augenblick mit
dem Healey zurückstieß, entging mir der beste Teil seiner Personenbeschreibung.
Ich fuhr um die beiden Continentals herum und die Zufahrt hinab auf die Straße
hinaus, wobei ich mich fragte, ob die beiden Wagen je benutzt wurden oder ob
sie lediglich Ausstellungszwecken dienten.
    Ich kehrte ins Büro des
Sheriffs zurück und traf Polnik bei Lavers an. Vorsichtig legte ich den Dolch
auf Lavers’ Schreibtisch, und seine Augen weiteten sich, während er ihn
betrachtete. »Woher
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher