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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier
Autoren: Kai Meyer
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unscheinbares Wesen wie er für die Zerstörung verantwortlich war. Hoffentlich konnte er sich, klein wie er war, unbemerkt zwischen den aufgeregten Männern hindurchwinden.
    »Gottverdammt!«, entfuhr es Walker. »Seht euch das an!«
    Sie standen im Schatten einiger Kisten und Holzstapel unweit des Kais, an dem auch die beschädigte Quadriga vor Anker lag. Vor ihnen herrschte hektisches Treiben, und doch hörten sie jetzt deutliches Gebrüll, das von Tyrones Flaggschiff über die Anlegestelle gellte. Der Kannibalenkönig und Bannon schienen nicht mehr an Bord zu sein, aber Jolly erkannte unter den Männern, die jetzt hastig an Land strömten, eine ganze Reihe Mitglieder ihrer früheren Mannschaft. Der Anblick der vertrauten Gesichter schmerzte sie. Eilig trat sie zurück in den Schatten des Geisterhändlers.
    »Geschieht ihnen recht«, murmelte Soledad, als auch die Quadriga Schlagseite bekam und langsam absackte.
    »Da drüben ist Bannon«, sagte Buenaventure und legte Jolly eine seiner Pranken auf die Schulter, als wollte er sie davon abhalten, zu ihm hinüberzulaufen.
    Bannon bahnte sich mit einigen seiner Männer einen Weg durch die Menschenmassen, die am Kai wild durcheinander liefen. Offenbar war noch keinem eine Idee gekommen, wie man den Untergang der Schiffe aufhalten konnte, und so befolgten alle die unterschiedlichsten Befehle oder standen unnütz im Weg herum.
    Bannon schrie Anordnungen, gestikulierte hektisch und versuchte, einige der Seeleute, die die Quadriga gerade verlassen hatten, zurück an Bord zu scheuchen, um die Lecks abzudichten. Der Gestank von heißem Teer wehte von irgendwo herüber, doch es war abzusehen, dass weder diese noch irgendwelche anderen Maßnahmen die Quadriga retten würden. Bannon und seine Mannschaft mussten hilflos vom Kai aus mit ansehen, wie das Schiff in den Fluten des Sees versank. Es kippte nicht, sondern senkte sich mit majestätischer Ruhe abwärts, bis Wasser über die Decks schwappte. Als es endlich auf Grund stieß, ragten nur noch die Masten aus der aufgewühlten Oberfläche. Der Rest war im See verschwunden.
    Jolly zählte dreizehn Schiffe, die bereits gesunken oder nicht mehr zu retten waren. Immer noch kamen neue hinzu, wobei sich der Wurm klugerweise nicht entlang einer Reihe voranarbeitete, sondern scheinbar willkürlich im Gewimmel der eng beieinander liegenden Schiffe hin und her huschte. Manche sanken schnell wie ein Stein, andere gingen ganz gemächlich unter.
    »Es wird zu gefährlich«, sagte Walker. »Wir müssen verschwinden.«
    Von überall her strömten jetzt Männer herbei, mehrere hundert waren bereits am Kai. Weitere drängten sich auf den Decks jener Schiffe, die noch nicht von dem Unglück betroffen waren. Und noch immer schien keiner zu wissen, wer oder was für die Katastrophe verantwortlich war. Zahlreiche Schiffe ließen Ruderboote zu Wasser. Andere Mannschaften sprangen kurzerhand über Bord, um schnell genug vom Sog ihres untergehenden Schiffes fortzukommen. Und immer noch beschädigten sich die Schiffe auch gegenseitig, wenn sie aneinander stießen oder brechende Masten die Takelage des Nachbarn zerfetzten.
    »Walker hat Recht«, sagte Soledad. »In dem Trubel wird uns früher oder später jemand erkennen.«
    Jollys Herzschlag raste, als sie erwiderte: »Ich gehe nicht ohne den Wurm!«
    »Du weißt ja nicht mal, ob er wirklich für all das hier verantwortlich ist«, sagte Walker, aber ein Knurren Buenaventures ließ ihn abwehrend die Hände heben. »Schon gut, schon gut! Vielleicht ist er es wirklich. Aber wie sollen wir ihn aus dem Wasser holen?«
    Jolly trat hinter dem Geisterhändler hervor. »Ich hole ihn!«
    »Nein, Jolly! Warte!« Aber Soledads Ruf kam zu spät.
    Jolly streifte die Hand des Pitbullmannes ab, tauchte unter dem Arm des Händlers hindurch und stürmte los.
    Walker war außer sich. »Dieses… dieses Kind!«, hörte sie ihn fluchen, aber da war sie bereits in dem Gedränge am Kai verschwunden, schlängelte sich zwischen Seeleuten, Eingeborenen und Hafenarbeitern hindurch und näherte sich Schritt für Schritt dem Wasser. Rief da jemand ihren Namen? Im Laufen blickte sie in die Richtung, aus der die Stimme erklungen war. Doch sie sah kein Gesicht, das ihr bekannt vorkam. Nichts wäre schlimmer, als jetzt Bannon über den Weg zu laufen.
    Sie hatte kaum an ihn gedacht, da stand er auch schon vor ihr.
    »Jolly?«, fragte er ungläubig, und für einen winzigen Moment erwog sie tatsächlich innezuhalten. Dann aber lief sie
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