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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier
Autoren: Kai Meyer
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Schiffen und den Wellen, im Rauch und unter den Angriffen ihrer Gegner? Aber sie gab die Hoffnung nicht auf.
    Der Hexhermetische Holzwurm fügte Tyrones Flotte mehr Schaden zu, als Jolly und die anderen je für möglich gehalten hätten. Der Geisterhändler mochte noch so laut maulen: Allein die Tatsache, dass Tyrone im eigenen Hafen eine solche Niederlage erlebte, schadete dem Ruf, den er unter seinen Männern genoss. Tyrone, der wahnsinnige Herrscher vom Orinoco, schien mit einem Mal nur noch halb so mächtig zu sein.
    »Jolly«, ertönte es kläglich irgendwo rechts von ihr.
    Da war etwas im Wasser, das wie ein Stück Holz aussah und von den Wellen auf und nieder geschaukelt wurde. Es bewegte sich mit wuselnden, schlangelnden Windungen vorwärts, war aber offensichtlich zu schwach, um sich dem Spiel der Wogen noch länger zu widersetzen.
    »Wurm!« Außer sich vor Erleichterung, sprang sie auf ihn zu, zog ihn aus dem Wasser und presste ihn an sich. Wie ein Neugeborenes nahm sie ihn in die Arme und drückte ihm sogar einen schmatzenden Kuss auf den Kopfschild. Sein Atem ging rasselnd, und die kurzen Beine hingen wie leblose Anhängsel an seinem Körper.
    »So… erschöpft…«, keuchte er, »vom vielen… Fressen.« Er rülpste so laut, dass es von den nahen Rumpfwänden widerhallte.
    »Keine Sorge«, sagte Jolly und lief los. »Ich bring dich in Sicherheit.«
    »Ich glaube . viel mehr hätte ich nicht . « Er verstummte. Sie hatte das Gefühl, dass er in ihren Armen noch ein wenig schwerer wurde. Er war eingeschlafen. Und er schnarchte.
    Zuerst war sie noch ganz trunken vor Freude, aber allzu schnell holte sie die Wirklichkeit ein. Sie konnte nicht zurück zum Kai und zu ihren Freunden. Dort wimmelte es jetzt von Feinden. Vielleicht war sogar Tyrone mittlerweile im Hafen eingetroffen.
    Sie überlegte kurz, dann entschied sie sich gegen eine Rückkehr ans Ufer und lief weiter hinaus auf den See, fort von den brennenden und sinkenden Schiffen. Sie hoffte mit aller Kraft, dass die anderen rechtzeitig fliehen konnten. Wenn sie selbst es irgendwie hinaus bis ins Delta schaffte, fort von der Zeltstadt und den Hütten am Fuß der Festung, dann, ja, vielleicht .
    Sie stolperte und zwang sich zur Konzentration. Jeder Schritt zählte, jede Minute, in der sie sich weiter von den Blicken und Kugeln ihrer Feinde entfernte.
    Der Hexhermetische Holzwurm schlummerte friedlich und voll gefressen in ihren Armen, während sie mit weiten Schritten über das Wasser hetzte. Überall lagen Schiffe vor Anker, hier draußen nicht mehr ganz so eng beieinander wie in Ufernähe. Nur vereinzelt entdeckte sie Männer an Bord, die jedoch in der heraufziehenden Dämmerung keine Gefahr für sie waren.
    Jolly keuchte vor Erschöpfung, als sie endlich den Zufluss erreichte. Rechts und links brannten Fackeln an den Stranden der Zeltstadt. Noch hatte sie genug Kraft, um weiterzulaufen. Menschen beobachteten sie von beiden Seiten des Ufers. Einige wateten gar durch das Wasser auf sie zu, doch schon nach wenigen Schritten wurde die Rinne zu tief. Ab und an pfiffen ihr ein paar Kugeln um die Ohren, doch die meisten verfehlten sie so weit, dass sie nicht einmal zusammenzuckte.
    Sie erreichte den östlichsten Arm des Deltas und folgte ihm hinaus auf den Atlantischen Ozean. Der Wurm regte sich in ihren Armen, schnurrte und knurrte etwas und schlief wieder ein. Schwer atmend, trug sie ihn weiter, unterhalb der Festung entlang, die finster und bedrohlich über ihr aufragte. Etwa einen Steinwurf vom Land entfernt folgte sie dem Küstenverlauf nach Südosten.
    Die Sonne war endgültig untergegangen, und jetzt breitete sich rasch die Nacht über Dschungel und Meer. Tyrones Festung verschmolz mit dem Himmel, bald war sie nur noch als beleuchteter Punkt in der Ferne auszumachen. Der Lärm vom See, auf der anderen Seite der Landzunge, drang herüber zum Ozean. Unterwegs hatte Jolly mehrfach dunkle Umrisse unter der Wasseroberfläche bemerkt, die in entgegengesetzter Richtung an ihr vorbeirasten. Sie klammerte sich an die Hoffnung, dass es die Hippocampen waren, die dem Signal des Geisterhändlers folgten.
    Die Festung blieb weiter hinter ihr zurück. Die schwarze Mauer des Dschungels rückte nach hinten und wich dem Sandstrand, an dem Jolly und ihre Gefährten an Land gegangen waren. Im Dunkeln konnte sie ihn nur als geisterhafte Linie erkennen, ein vages Schimmern jener Stellen, an denen der Sand den Mond reflektierte.
    Mit letzter Kraft wankte sie Richtung
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