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Das Baby vom Deich

Das Baby vom Deich

Titel: Das Baby vom Deich
Autoren: Angelika Friedemann
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Eike Klaasen spazierte durch die schmale Fußgängerzone. Er überlegte krampfhaft, was er seiner Schwester zum dreißigsten Geburtstag schenkte. Jedes Jahr die gleiche Frage. Pullover, andere Klamotten waren noch einfach dazu gewesen. Dieses Jahr war es immens schwierig, weil es etwas Besonderes, sehr persönliches sein sollte. Hübsche Seiden- dessous? Er schmunzelte, obwohl er das nicht bemerkte. Nein, so etwas Intimes schenkte kein Bruder, oder? Schiet!
Er schaute zu den Schaufenstern, wartete auf die zündende Idee, aber das sah alles profan, langweilig aus, als sich eine Frau herumdrehte, fast gegen ihn prallte. Braune Augen sahen ihn für einen Sekundenbruchteil an, da schlenderte sie bereits weiter. Er drehte sich um, schaute ihr nach. Sie trug dreiviertellange Jeans, ein weißes Shirt, flache weiße Schuhe, eine große weiße Umhängetasche. Die langen braunen Haare glänzten etwas rötlich, wurden von den Sonnenstrahlen beschienen. Sie hatte etwas Faszinierendes an sich, bewegte sich irgendwie geschmeidig. Er wäre am liebsten hinter ihr hergelaufen, aber die Zeit drängte, da er ins Büro musste. Die Arbeit, primär der Oberstaatsanwalt, wartete auf ihn. So bemerkte er nicht, wie sich die Unbekannte nach ihm umdrehte. Bevor sie mit wiegenden Hüften weiterschlenderte.

Diese Unbekannte spukte den ganzen Tag in seinem Kopf herum. Für ein paar Nächte wäre sie genau die Richtige.
"Sag, was ist mit dir los?", erkundigte sich Andrea Michaelsen zum Feierabend bei ihm.
"Ich habe heute ein hübsches Wesen gesehen", amüsierte er sich über sich selbst. "Vermutlich ist meine Lust nach Frau geweckt worden."
"Wieso hast du sie nicht festgehalten?"
"Weil ich arbeiten muss. Hansen wartete auf mich."
"Und nun?"
"Gehe ich heute Abend solo ins Bett. Sie sah nach Touristin aus und absolut passend für ein paar Tage."
Sie rollte mit den Augen und schaute zur Decke. "Casanova! Los komm, wir gehen die Ohrringe für Doreen kaufen."
"Meinetwegen! Ist das wenigstens aus der Welt. Hat Holger Dienst?"
"Ja, er kommt erst gegen halb elf. Noch zwei Wochen, dann haben wir für ein Jahr mehr Zeit für uns."
"Nach dem ganzen Trubel in diesem Jahr benötigst du dringend eine Auszeit, besonders wegen eures Lütten. Nur ob der euch viel Zeit lässt? Er schreit euch nachts aus dem Bett und wünscht eine neue Windel, etwas zu essen."
Sie lachte. "Wird nicht so schlimm werden. Das dauert nur ein paar Wochen. Solltest du in Angriff nehmen. So ein Lütter kann Spaß bereiten. An das andere erinnere mich bloß nicht. Ich hatte wirklich damals Angst, dass Knut nachhilft und mich ersäuft."
Er legte den Arm um sie. "Der Kerl ist ein alter Greis, wenn man ihn jemals wieder herauslässt. Vermutlich bleibt er für immer hinter Schloss und Riegel. Ich habe eine Idee. Ich lade dich zu einem riesengroßen Eisbecher mit überreichlichen Früchten ein. Warm genug ist es und dein Junior bekommt Vitamine."
"So einen extrem warmen Oktober hatten wir seit Jahren nicht. Der Klimawandel lässt das Wetter verrückt spielen."
"Mir gefällt es, da ich so wenigstens am Wochenende kiten konnte."
"Weißt du, was das Schöne in diesem Jahr war?"
"Dass Holger erwachsen geworden ist, vermute ich."
"Genau! Deine Strafpredigt hat geholfen."
"Eher, dass du ihm seine Klamotten vor die Füße geworfen hast. Da ist ihm scheinbar richtig bewusst geworden, was für einen Schatz er gerade verloren hatte. Gut dass du ihn einige Wochen hast zappeln lassen, war heilsam für ihn und hat sein Denkvermögen in Gang gesetzt. Er ist ein feiner Kerl, nur vermutlich hast du es ihm stets zu leicht gemacht."
"Jetzt reden wir mehr und er packt sogar mit an."
Unterdessen sie Richtung Marktplatz schlenderten, sich unterhielten, schaute er verstohlen die unzähligen Touristen an. Eventuell lief ihm ja die schöne Unbekannte nochmal über den Weg.

Er lag auf seinem Bett, las in einem Buch und schaute bisweilen in den Fernseher, wo man gerade Nachrichten sendete, als sein Telefon klingelte. Er schaute auf die Uhr, schüttelte den Kopf, meldete sich dennoch. Zuhörend warf er das Buch auf das Bett, sprang auf, griff nach seiner Jeans.
"Das ist Snaksch. Hat sie was getrunken?" Er klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Kinn, schlüpfte schnell in die Hose.
"Dumm Tüch! Martin, ich komme, schaue mir die Braut an und fahre sie zum Klinikum. Wer latscht dort noch in der Dunkelheit herum?", äußerte er erbost.
"Wo genau?"
"Ist wenigstens nicht weit entfernt. Bis gleich. Um sie zu beruhigen,
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