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Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)

Titel: Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Autoren: Helle Vincentz
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traf. Er überlegte seine Worte gründlich, bis er antwortete:
    » Ich kann wohl ebenso gut ehrlich sein, Caroline. Dana Oil, und besonders unsere Abteilung, werden in der Zukunft vielen Herausforderungen in Ländern gegenüberstehen, die im Vergleich zu Dänemark sehr verschieden sind. Wir brauchen Mitarbeiter, die nicht nur auf gebohnerten Böden klarkommen. Jemanden, der sich in alle Arten von Milieus begeben kann. Aber um ganz ehrlich zu sein: Ich habe Zweifel, ob du das kannst .«
    Caroline biss die Zähne fest zusammen, während ihr Chef fortfuhr:
    » Du bist gut für die Arbeit hier im Büro, und du bist besonders gut darin, das Machtspiel im Unternehmen zu meistern. Tatsächlich habe ich selten jemanden mit deiner Fähigkeit, Hierarchien zu durchschauen, getroffen. Es ist unverkennbar, dass du in einem Milieu aufgewachsen bist, in dem du gelernt hast, das strategische Spiel zu spielen. Was mir bei dir aber fehlt, ist, zu sehen, dass du in den Teilen der Welt klarkommst, in denen alles nicht so läuft, wie wir es gewohnt sind. In einem internationalen Ölunternehmen ist es wichtig, das zu können, und es wird in der Zukunft noch ausschlaggebender sein .«
    Ein wohlbekannter Zorn breitete sich in Carolines Brust aus.
    » Das kann ich aber ebenso gut, Markvart .«
    » Das hoffe ich. Das tue ich wirklich. « Er sah sie mit einem aufrichtigen, eindringlichen Blick an, und sie wusste, er meinte, was er sagte. » Aber ich brauche den Beweis. In einer Zeit wie dieser ist es nicht genug, gute Mitarbeiter zu haben, hier zählt es, die Allerbesten zu haben .«
    » Ich bin eine der Allerbesten « , sagte sie und hoffte, ihre Stimme würde sicherer klingen, als sie sich fühlte.
    » Dann fahr nach Kenia, und beweise es. « Er reichte ihr den weißen Umschlag.
    » Lies das hier, um dich vorzubereiten .«
    Caroline nahm den Umschlag und ging direkt vom Büro des Chefs auf die Toilette, wo sie sich in eine der drei Kabinen einschloss. Das einzige Geräusch kam von der Herrentoilette auf der anderen Seite der Wand. Sie konnte hören, dass gespült wurde. Sie ließ sich auf den heruntergeklappten Deckel fallen, stützte die Ellenbogen auf die Knie und verbarg das Gesicht in den Händen. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Warum glaubten die Leute nicht, dass sie wusste, wie man in » der wirklichen Welt « klarkommt?
    Sie war sich im Klaren darüber, dass die Kollegen sie so sahen. Sie nahm an, dies war sowohl ihrem Nachnamen, ihrer nordseeländischen Herkunft als auch der Tatsache geschuldet, dass sie ihr ganzes Leben lang in Dänemark gewohnt hatte. Alle Kollegen waren mehrere Jahre in ferne Gegenden der Welt entsandt gewesen und tauschten regelmäßig Kriegsgeschichten aus, die bei jedem Mal, wenn sie erzählt wurden, gewaltiger wurden. Carolines Auslandsabenteuer erstreckte sich auf ein einzelnes Semester in London.
    Insofern war es fair, dass sie sie als eine typische Repräsentantin des weltfremden Whisky-Gürtels sahen. Aber Markvart! Er kam selbst aus dem » Reservat « , und genauso wie sie hatte er einen Vater, dessen Name im dänischen Wirtschaftsleben bekannt war. Er wusste also, dass Postleitzahl und Nachname nicht über Kompetenzen entschieden. Warum beurteilte er sie dahingehend, nicht in der Lage zu sein, in der sogenannten wirklichen Welt klarzukommen?
    Sie ballte die Fäuste. Das Einzige, was sie jetzt tun konnte, war, die Aufgabe so gut zu lösen, dass Markvart Vertrauen zu ihr gewinnen und sie auf die » sichere Liste « setzen würde. Und sollte das gelingen, hatte sie keine Zeit, hier zu sitzen und sich selbst leidzutun.
    Sie nahm ein paar tiefe Atemzüge. Dann stand sie auf, öffnete die Tür. Auf dem Weg nach draußen wusch sie sich die Hände und überprüfte ihr Gesicht im Spiegel auf eventuelle Mascara-Ränder. Sie sah blass und müde aus, und die hohen Wangenknochen stachen wie zwei Felsvorsprünge hervor. Aber die Frisur saß perfekt.
    Sie ging zurück zum Büro und schaffte es gerade noch, nach ihrem Handy zu greifen, das auf dem Schreibtisch lag und klingelte.
    » Hallo, Caroline! Kommst du mit Anna und mir heute Abend ins Bibendum auf ein Glas Wein? «
    Es war Tine, eine der wenigen Freundinnen, die sie in regelmäßigen Abständen immer noch traf.
    » Das kann ich leider nicht, ich habe Arbeit, die ich unbedingt erledigen muss .«
    » Ach, komm schon, Caroline, nur auf ein schnelles Glas. Ich vermisse es, dein hübsches Gesicht zu sehen. Das Bibendum ist doch gleich unten in der Nansensgade, es
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