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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße
Autoren: Jim Rogers
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werde Ihnen dabei einiges mitteilen, was ich während eines Lebens im Finanzwesen, als Investor und Abenteurer gelernt habe; Lektionen, die ich in meiner Jugend und auf der Straße mitbekommen habe, die mich vom Black Belt bis auf die andere Seite des Globus in diesen Stadtstaat in Südostasien geführt haben. Eine lebenslange Reise, in deren Verlauf ich die ganze Welt kennengelernt habe.
    MEIN ABENTEUER AN DEN MÄRKTEN begann im Frühjahr 1964. Ich absolvierte gerade mein letztes Jahr in Yale und kam dann im Prinzip genauso an die Wall Street, wie ich an diese Elite-Universität gekommen war: Ich stolperte hinein.
    In der Highschool war ich begeistertes Mitglied des Key Clubs, einer von Schülern geleiteten Dienstleistungsorganisation und Teil von Kiwanis International. Bis 1976 durften dort nur Jungs Mitglied werden. Die Mitgliedschaft im Key Club von Demopolis war so etwas wie eine große Sache, denn der örtliche Sponsor hatte beschlossen, pro Jahr nur fünf Jungs neu aufzunehmen. In dem Jahr, als ich Vorsitzender war, gewann der Club aus Demopolis die Auszeichnung als weltweit bester Key Club aus einer Kleinstadt. Damals vergab die Universität Yale jedes Jahr ein vierjähriges Stipendium an ein Mitglied des Key Club International. Durch dieses Stipendium hörte ich von Yale. Ohne den Key Club hätte ich mich nie beworben.
    Ich war mir absolut sicher, die einzige Schule zu besuchen, an der ich mich neben Yale beworben hatte: die University of the South in Sewanee, Tennessee. Der Schwerpunkt lag dort auf den Geisteswissenschaften und es bestand eine enge Verbindung zur Episkopalkirche. Ich wurde in Sewanee aufgenommen, kurz nachdem ich meine Bewerbungsunterlagen eingeschickt hatte. Erst im April oder im Mai, lange nachdem mein Vater Sewanee die obligatorischen 50 Dollar Aufnahmegebühren geschickt hatte, erhielt ich einen dicken Umschlag aus Yale. Daraus ging hervor, dass ich aufgenommen worden war und das Key-Club-Stipendium in Höhe von 2000 Dollar pro Jahr erhielt.
    Ich war verblüfft.
    Ich war damals 17 und wusste wenig über Yale, außer dass die Universität ihren Sitz in New Haven, Connecticut, hatte.
    Meine Eltern wussten allerdings genug, um die Bedeutung meiner Aufnahme in Yale würdigen zu können. Beide waren College-Absolventen. Sie hatten sich an der University of Oklahoma kennengelernt, wo sie beide der Vereinigung hervorragender Akademiker angehörten. Mein Vater hatte Erdöltechnik studiert, meine Mutter Geisteswissenschaften. Für sie war es eine enorme Sache, dass ich in Yale studieren würde. Ich weiß noch, dass mein Vater sagte: »Ich bin ein wenig besorgt, dass wir dich in dieser Bastion des Liberalismus im Norden abliefern müssen.« Aber in Wirklichkeit waren er und meine Mutter ganz begeistert. Die Freude meines Vaters wurde später ein wenig gedämpft, weil er die 50 Dollar nicht zurückerstattet bekam, die er nach Sewanee geschickt hatte. 1960 in Demopolis waren 50 Dollar viel Geld. Es ist auch heute noch viel Geld, aber damals lag ihr Wert etwa fünfmal so hoch wie heute.
    Ich war der älteste von fünf Brüdern und einer von weniger als 50 Studenten aus meinem Highschool-Jahrgang. Bald zeigte ich ihnen allen den übertriebenen Sinn für meine eigene Wichtigkeit, obwohl ich letztlich nur Glück gehabt hatte. Sofort machte ich den dicken Max, aber mein aufgeblähtes Selbstwertgefühl sollte nur von kurzer Dauer sein. Bald dämmerte mir: Oh nein, jetzt muss ich nach Yale. Und plötzlich wurde ich ängstlich, weil ich wusste, dass ich überfordert war. Was werde ich jetzt tun?
    Als ich in diesem Sommer zur nationalen Tagung des Key Clubs nach Boston fuhr, stieg ich in New Haven aus dem Zug und ging zum Zulassungsbüro in Yale. Ich wollte wissen, warum man mich aufgenommen hatte. Ich hoffte, ich würde durch das Stellen dieser Frage eine Vorstellung davon erhalten, was mich erwartete und was diese Leute von mir erwarteten. Der Leiter der Zulassungsstelle suchte meine Akte heraus und fragte: »Was meinen Sie eigentlich? Sie haben als Bester Ihrer Klasse abgeschnitten. In manchen Fächern hatten Sie die volle Punktzahl. Sogar Ihr Durchschnitt lag fast bei der vollen Punktzahl.«
    Ja, aber das war in Demopolis. Mein Gott, dachte ich mir, diese Leute halten mich für intelligent und glauben, dass ich etwas weiß.
    Ich fühlte mich völlig unvorbereitet auf den Wettbewerb mit Absolventen angesehener Vorbereitungsschulen aus dem Nordosten. Daher fuhr ich schon ein wenig früher nach Yale und
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