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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße
Autoren: Jim Rogers
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Geschichte und der aktuellen Ereignisse mehr als theoretische Übungen – Sie waren von praktischem Wert. Meine Leidenschaft, die Welt kennenzulernen, hatte nun einen Zweck. Als Geschichtsstudent fand ich es faszinierend zu lernen, wie die Märkte von globalen Ereignissen beeinflusst wurden. Vor allem aber: Zum ersten Mal im Leben stellte ich wirklich fest, auf welch vorhersagbare Art und Weise die globalen Ereignisse von den Märkten beeinflusst wurden.
    Ich merkte, dass alles miteinander in Verbindung stand. Ich lernte, dass eine Revolution in Chile den Kupferpreis beeinflusste; folglich auch die Preise für Elektrizität und Häuser – alle Preise auf der ganzen Welt. Das wirkte sich auf alle aus, sogar auf Hauseigentümer in Toledo. Zudem lernte ich: Wenn man in der Lage war, eine Revolution in Chile zu prognostizieren, konnte man sich ein ziemlich gutes Leben leisten.
    In diesem Sommer entdeckte ich meine Zukunft. An der Wall Street wurde ich tatsächlich dafür bezahlt, meine Neigung zum Forschen auszuleben. Und man würde mir viel bezahlen, wenn ich es richtig machte. An der Wall Street wurde ich dafür belohnt, all das zu tun, was ich sehr gern tue. Es war der erste von zwei Sommern bei Dominick & Dominick, und ich wusste sofort, dass ich, nach dem Aufenthalt in Oxford, Rechtswissenschaften studieren würde. Ich würde keine Wirtschaftsschule besuchen. Und so schnell wie möglich würde ich wieder an der Wall Street arbeiten.

2. Ein Argloser im Ausland
    Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften (PPE) als akademischer Grad wurde in den 1920er-Jahren in Oxford konzipiert, insbesondere am Balliol College. Gedacht war diese Kombination als Alternative zu den klassischen Fächern und zur Vorbereitung derjenigen, die als britische Beamte das Empire verwalten sollten. Natürlich war den Briten damals nicht klar, dass das Empire schon in den letzten Zügen lag. Heute weiß ich genug über universitäre Ausbildung, um mich zu fragen, ob die Aussendung vieler wichtigtuerischer PPE-Absolventen den Niedergang des Empires vielleicht sogar beschleunigt hat.
    Das Vereinigte Königreich war 1918 das reichste und mächtigste Land der Welt. Wenn man die Weltkarte betrachtete, sah man ausschließlich rot. Das Empire war überall. Im 19. Jahrhundert blühte der globale Handel; es kam zur Integration der weltweiten Volkswirtschaften, die sich überall öffneten – hauptsächlich zum Vorteil der Seemacht Großbritannien. In wirtschaftlicher, sozialer und künstlerischer Hinsicht war das eine spannende Zeit.
    Aber alle Imperien übernehmen sich am Ende und geben zu viel Geld aus. 1918 korrodierte das britische Weltreich bereits von innen her. Das Blut und das Geld, das der Burenkrieg gekostet hatte, führten zu den gleichen internationalen Turbulenzen, wie sie ein Jahrhundert später von den unfähigen Politikern eines nachfolgenden Imperiums ausgelöst wurden – den USA. Die Amerikaner verschwendeten willkürlich Menschenleben und Ressourcen mit sinnlosen Unternehmungen in Vietnam und im Irak; sie überstrapazierten die Nation in jeglicher Hinsicht: militärisch, geopolitisch und wirtschaftlich – vom moralischen Aspekt ganz zu schweigen.
    Der Erste Weltkrieg, eine politische Reaktion auf einen schrecklichen terroristischen Akt, führte dazu, dass sich die Briten finanziell noch stärker übernahmen. Noch 1910 hatten Mitglieder der britischen und der deutschen Herrscherhäuser gemeinsame Urlaube verbracht, waren eng miteinander befreundet (und verwandt). 1914 schlachteten sich ihre Untertanen in den Schützengräben Frankreichs gegenseitig ab. Großbritannien hatte sich schon vor dem Krieg finanziell übernommen, nach dem Krieg war es noch schlimmer; das Land hatte riesige internationale Schulden. 1939 blockierte Großbritannien das mächtige Pfund Sterling – was es sehr schwierig machte, die Währung außer Landes zu bringen – und führte Wechselkurskontrollen ein, die dann 40 Jahre Bestand haben sollten. Das Land war nicht mehr wettbewerbsfähig. Auf den Zweiten Weltkrieg folgte ein allmählicher Rückgang der britischen Militärpräsenz außerhalb Europas. In den 1960er-Jahren konnte das Land seine Herrschaftsinteressen »jenseits von Suez« nicht mehr verteidigen und erst recht kein Empire aufrechterhalten.
    Zu diesen Herrschaftsinteressen zählte auch Singapur. Singapurs Name »Löwenstadt« ist eine direkte Übersetzung aus dem Sanskrit, Singh (Löwe) und Pura (Stadt). Er leitet sich her aus der Legende
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