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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße
Autoren: Jim Rogers
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verschwinden – so wie es in Zeiten politischer und ökonomischer Umwälzungen schon immer der Fall war.
    Die Investmentbank Bear Stearns hatte zum Beispiel schon jahrzehntelang existiert, als sie 2008 unterging. Die Finanzdienstleistungsfirma Lehman Brothers, die im selben Jahr kollabierte, hatte ihre Geschäfte schon seit mehr als 150 Jahren betrieben. Der Zusammenbruch dieser seit Langem etablierten, global tätigen Unternehmen ist ein Beispiel für die veränderten Bedingungen, mit denen sich viele amerikanische Institutionen konfrontiert sehen. Harvard, Princeton und Stanford wissen es vielleicht noch nicht, aber sie könnten auf dem Weg zum Bankrott sein. Museen, Kliniken und andere Institutionen, die wir kennen und lieben, stehen vor Problemen, und wir werden sehen, dass viele von ihnen während der bevorstehenden finanziellen oder ökonomischen Umwälzungen verschwinden werden.
    Manche haben mich einen Panikmacher genannt, eine Art moderne Kassandra. Aber nichts von dem, was ich für die Zukunft prognostiziere, muss ein Grund zur Panik sein oder auch nur überraschend kommen. Der Wind der Veränderung weht, er weht aus China und tut dies auf vorhersagbare Art und Weise. Wir erleben nichts Ungewöhnliches; die Geschichte schlägt nur eine bekannte Seite auf. Und in der gesamten Menschheitsgeschichte haben solche Situationen des Übergangs für aufmerksame Menschen Chancen geschaffen. Daher bin ich extrem optimistisch, was viele zukünftige Entwicklungen betrifft.
    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gingen kluge Leute nach London. Hundert Jahre später zogen die klugen Leute nach New York. Und wenn Sie am Beginn des 21. Jahrhunderts klug sind, machen Sie sich auf den Weg nach Asien. In weiteren hundert Jahren kann der Zyklus der Veränderung die Menschen an irgendeinen anderen Ort locken. Am Ende des ersten Jahrtausends gingen alle klugen Laute nach Córdoba, der Blüte des islamischen Spaniens, damals das intellektuelle Zentrum und die bevölkerungsreichste Stadt der Welt.
    Ich zog 2007 nach Asien, und was noch wichtiger ist: Ich zog mit meinen Kindern dorthin. In ihrem Leben wird Wissen über Asien unentbehrlich sein für den Erfolg. Und Mandarin zu sprechen wird sich weltweit als ebenso wichtig erweisen, wie es heute die Fähigkeit ist, fließend Englisch zu sprechen. In den 1920er- und 1930er-Jahren verschoben sich Macht und Einfluss in der Welt von Großbritannien zu den USA. Der Verlust der britischen Führungsrolle wurde durch eine Finanzkrise und politisches Missmanagement noch verschärft – was viele Leute erst 20 oder 30 Jahre später erkannten. Jetzt bewegen sich Macht und Einfluss von den USA nach Asien, der Verlust der amerikanischen Führungsrolle wird durch die gleichen Kräfte beschleunigt, und auch diese Veränderungen werden von den meisten Leuten nicht bemerkt.
    Der Übergang in Richtung Asien fällt mit einer zweiten historischen Verschiebung zusammen. Angesichts eines finanziellen Absturzes steht die Welt am Rand eines Übergangs, weg vom Finanzwesen, einer zyklischen Verschiebung weg von Finanzunternehmen als Quelle des Wohlstands. In der gesamten Menschheitsgeschichte gab es Phasen, in denen die Finanziers am längeren Hebel saßen, und andere, in denen diese Rolle den Erzeugern realer Güter zukam: Bauern, Bergarbeitern, Energieversorgern oder Holzfällern. In den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren, vor der großen Hausse, war an der Wall Street und in der Londoner City wenig los. Das wird wieder passieren. Die Geldscheffler erleben einen Niedergang, und die »Holzhauer und Wasserträger« werden nun die Erde erben, wie es schon im Buch Josua geschrieben steht.
    Ich habe die historischen Kräfte untersucht, die für die beschriebenen Veränderungen verantwortlich sind. Und weil ich der einfachen Hypothese zuneige, dass nichts ewig währt, stimme ich der Bemerkung eines anderen großen Denkers zu, Albert Einstein, der erklärte: »Nur zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit. Und was das Universum betrifft, bin mir nicht so sicher.«
    Eines dürfen wir nicht vergessen: Kassandra, die trojanische Prinzessin, die allen auf die Nerven ging, weil sie davor warnte, das hölzerne Pferd der Griechen in die Stadt zu holen, hat sich zumindest durch eines ins Gedächtnis der Menschen eingeprägt: Sie hatte recht.
    Eines der Ziele dieses Buchs ist die Untersuchung, wie wir dorthin gekommen sind, wo wir jetzt sind, und wie wir uns auf die Zukunft vorbereiten können. Ich
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