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Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Titel: Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)
Autoren: Ror Wolf
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Eidechsenähnlichkeit wuchs.

    Es geht mir jetzt, wie es mir oft gegangen ist, seit ich die Reiseandenken, die gewöhnlichsten Gegenstände der Natur, in meinem Zimmer aufschichte. Ich bedaure diese Gegenstände nicht, auch wenn sie ganz einsam und nutzlos herumliegen, ich will sie nicht wegwerfen; es müßte vielleicht geschehen, doch es geschieht nicht.
    Dann ging ich in die freundlich geöffneten Arme des Ministers hinein, der sie hinter mir schloß. Und während ich mich nun dem Schluß näherte, empfand ich, daß meinem trotz aller Leichtigkeit doch mehr ernst gemeinten Vortrag eine nicht ganz angemessene Lachlustigkeit folgte. Erst als Q plötzlich aufstand und mir die Mütze vom Kopf nahm, begriff ich, was der Anlaß zu dieser Heiterkeit gewesen war. Ich kannte ja diese Leute nicht, die sich in meinem Zimmer versammelt hatten, in weißen Kitteln, mit Stethoskopen, mit Sägen und Scheren, Zangen, Klemmen, Wundhaken und Skalpellen.
    Man hat mir, dachte ich, Gelegenheit gegeben, all diese großen Entdeckungen zu machen, von denen ich berichtet habe. Man hat aus unbegreiflichen Gründen alles getan, um meine Pläne zu fördern. Und doch würde es mich nicht wundern, wenn es unter den Herren der Alpinistischen Gesellschaft einige gäbe, mehr als einige, denen das nicht gefällt und die inzwischen versuchen, mich zu vergessen. Das würde mich aber nicht stören. Es muß ein sehr angenehmes Gefühl sein, langsam vergessen zu werden. Zuerst wird man den Kopf vergessen und am Ende die Füße, nicht sofort, nicht rasch, ganz langsam. Es muß hübsch sein, langsam vergessen zu werden. Der Kopf wird am Anfang der Woche vergessen, dann, am Ende der Woche, werden die Füße vergessen, dann wird der Name vergessen, die Anschrift, es wird nichts zurückbleiben vom Anfang, nicht einmal der Anfang eines Satzes und am wenigsten das Ende dieses Kapitels.

Ungefähr
zehn
Jahre
später



21



E ines Tages blieb ich stehen. Eines Tages beschloß ich, mich eine Weile nicht von der Stelle zu rühren. Ich kam nachts aus der Erde heraus und blieb auf dem nackten, oder vielmehr haarigen borstigen Boden stehen. Alles war zusammengetreten, zugedeckt, aufgerissen und man würde, wenn ich mich nicht zuweilen durch eine Bewegung bemerkbar gemacht hätte, kaum damit rechnen, daß ich noch lebe. Ich versuchte zu gehen und ging an den aneinandergefrorenen Körpern vorbei. Man versicherte mir, daß es ganz ungefährlich sei, zu gehen und schließlich hinaufzugehen, in ein ganz anderes Gelände.
    Ich erweiterte beim Hinaufsteigen meine Kenntnisse über die Würmer. Ich befühlte die feuchte Unterseite der Blätter unter den Steinen und ihre schlüpfrige Oberfläche. Eine salbenartige Feuchtigkeit, deren Bestimmung ich nicht kannte, quoll aus den Löchern, als ich das nördliche Ufer erreichte. Am nördlichen Ufer waren mehrere hundsgroße Löcher zu sehen. Ich durchkroch mulmige Ritzen, ich bestieg schwankende Baugerüste und Drahtgeflechte, ich durchschritt aufschwingende Türen, bis die Dunkelheit vollkommen hereinbrach. Am nächsten Morgen erkannte ich die ungeheure Ausdehnung der Welt. Ich sah eine weite Fläche, deren Ende ich nicht erkannte. Oder ich sah einen von Wäldern umgebenen Raum. Ich hatte lederne Handschuhe an und blieb eine Weile liegen.



Als ich am 14. Mai aus der Erde herauskam und über das breite Gelände hinwegsah, wußte ich nicht wo ich war. Die großen Schildkröten krochen knarrend vorüber, sie krochen auf ihren nächtlichen Wanderungen vom Rande des Meeres bis zu den Küstengebüschen und wieder hinein in den Wald und von da aus zurück ins Meer und immer so weiter.
    Ich ging durch das ganze Land, durch eine Gegend, die noch kein westlicher Fuß betreten hatte. Das Wetter fuhr wie eine Walze über mich hinweg. Später verschwand ich. Zu meinem Verschwinden ist nichts zu sagen; es paßte gut in den Ablauf dieses Berichts. Und noch später, an einer anderen Stelle, tauchte ich wieder auf, während ameisengroße Tiere über mich herfielen, aber ich habe jetzt keine Lust, von ameisengroßen Tieren zu reden, obwohl sie in Schwärmen über mich herfielen, ameisengroß, mit großer Gefräßigkeit. Ich sollte von einem klappernden Regen sprechen, einem Käferregen, die ganze Straße war jetzt mit Käfern bedeckt, mit Käfern, und später, als ich um eine Ecke ging, mit bräunlichen Heuschrecken, die noch nicht fliegen konnten, sondern nur wanderten, sie wanderten am Boden entlang, und ich ging über dieses Wandern hinweg,
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