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Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Titel: Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)
Autoren: Ror Wolf
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Zuweilen höre ich auch ein Seufzen, ich höre ein flüssiges und ein schabendes Geräusch. Jemand schreit in der Ferne, aber es regnet so laut, daß man das Schreien nicht hört. Ich höre das Tappen von Füßen über mir, das Tappen von großen Pfoten, ich höre ein Kratzen und Scharren, ein nächtliches Schnaufen, und ich höre, während ich meine Hände tief in die Schlitze schiebe, ein ausgebreitetes Schnarchen, ich höre stöhnende Töne im Mond, düstere dumpfe Töne, schmerzhafte Töne, und ich höre Musik aus der Ferne, ich höre ein langsames Austropfen von etwas, und während ich sitze und sitze, höre ich auch die fetten nächtlichen Vögel knistern im Schlaf. Und während ich meine Hände tief in die Schlitze schiebe, höre ich ein Knirschen und Knarren, als würde ein riesiger Schuh hingebogen und hergebogen, oder als würde ein Schneeball rasch mit den Händen zerdrückt, ein Knirschen und Knarren, und beim plötzlichen Anhalten der Luft höre ich, während ich mich an die Polster presse, ein Geräusch wie das Reiben eines seidenen Taschentuchs auf der nackten Haut, während ich, während ich, und während ich meine Hände tief in die Schlitze schiebe, fallen Nüsse hart aus der Luft, zerbissene Nüsse, ich höre es knacken und knacken und höre ein Knurren, das aus der Wand kommt, ein Knurren, während ich immer noch auf diesem Sofa sitze und etwas wie Worte höre. Ich habe den Eindruck, als kämen die Worte aus einem Loch, das sich unter dem Sofa geöffnet hat, aus einem Loch unter dem Sofa, auf dem ich sitze und sitze und höre und höre, in dieser langen geräuschvollen Nacht. Ich höre plötzlich den fauchenden Wind, der zum Fenster hereinbläst, es ist eine leichte Bewegung zu spüren, eine leichte Bewegung, und irgendjemand sitzt plötzlich neben mir als ich erwache, frauenhaft keuchend, die Wäsche ist noch ganz warm, auch der Körper ist warm, der Körper, der Hals, die Beine sind warm, die Beine, die Schenkel, die Füße, ich sehe die Haare wehen, die weichen Haare, die Röcke wehen, die Vorhänge wehen, die Lampen schwanken, die Lampenschirme, in diesem Moment erhebe ich mich und beginne zu laufen.

    In diesem Moment erhob ich mich, ich stand auf und begann durch das Zimmer zu gehen. Ich kam in der Nacht, in diesem 28. Kapitel, an vielen Türen vorbei, hinter denen, immer wenn ich vorbeiging, flüsternde Stimmen zu hören waren. Ich stand eine Weile am Fenster und hörte das Rascheln im Laub, ich sah etwas plötzlich mit großer Geschwindigkeit unten davonrollen. Ich hörte auch das Geschrei dunkler Tiere, von denen man sagt, daß sie weinen. Ich glaube nicht, daß sie weinen, obwohl man behauptet, man höre sie weinen. Ich hörte ein starkes Grunzen und hörte Flüssigkeiten ganz langsam hinabfließen und spielende Grammophone, ich hörte ein äußerlich schnarrendes Knurren und Menschenschreie und schmelzende Töne in dieser Nacht, den schmelzenden Schnee zum Beispiel und die Musik aus dem gegenüberliegenden Hotel, die Musik und die Geräusche der Kellner und Gäste, ich hörte Musik und Geräusche und Schüsse, Begrüßungsschreie, und eine abschließende Rede. Diese Rede klang nun genau wie die Rede eines Redners, den man von weitem hört, ohne ihn zu verstehen. Ich hörte das Rasseln von Schmeißfliegen an den klebrigen Fenstern und ein langsames Austropfen von etwas, das Geräusch beim Zerfallen von alten Kartoffeln beim Kochen, das schnelle Töten von Tieren, das Bersten von Kältemaschinen, ein menschenähnliches lautes Lachen und wieder Klaviere, klirrend, teigweiche Stimmen und Wind. – Es entstand im 28. Kapitel eine gewisse Unruhe in der Nacht, etwas saß neben mir, frauenhaft keuchend, die Wäsche war noch ganz warm.
    Als ich erwachte, sah ich, mit wem ich auf diesem Sofa saß. Aber noch bevor ich wußte, wer das war, wer diese Frau, die neben mir saß, war, mit einem über die Hüften gerutschten Rock, war sie aufgestanden und im Badezimmer verschwunden, in dem es augenblicklich zu plätschern begann.
    Ich erinnerte mich an keine Geräusche, an nichts. Ich hatte geschlafen und als ich erwachte, wollte ich etwas sagen, ich hatte jetzt das Gefühl, etwas sagen zu müssen, aber ich sagt nichts, ich saß wortlos da, lautlos. Nach einem ganz unwesentlichen Geräusch, das ich nicht beschreiben, nicht einmal erwähnen werde, wurde es endlich still, und das war vermutlich das Ende des 28. Kapitels.

29



E inige Jahre später sah ich zum Fenster hinaus und bemerkte, daß ich
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