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Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Titel: Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)
Autoren: Ror Wolf
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wie im Traum Entwürfe hergestellt. So stammt auch der ursprüngliche Entwurf des neuen Postamts in Olm von mir. Ich vertrieb mir auch manchmal die Zeit mit botanischen und zoologischen Betrachtungen. Gelegentlich stellte ich etwas fest. Ich hörte dabei das Zerknacken harter Früchte und das spechtartige Aushöhlen von Bäumen, das Zerfleischen von Rücken, von Rinderrücken, mit enormen Schnäbeln. Ich lebte auch vom Erfinden immer neuer Schwierigkeiten. Freilich waren diese Schwierigkeiten geringer, als die Schwierigkeiten, die ich mir beim Erfinden dieser Schwierigkeiten zufügte.
    Meine Notizen füllten inzwischen mehrere Bände; ich hatte alles sorgfältig eingetragen, was von der Landschaft zu sehen war, um ein getreues Bild ihres allgemeinen Charakters geben zu können. Das Resultat dieser Reise ist umfangreicher und bedeutungsvoller, als die Aufzeichnungen meiner früheren Reisen, es ist reicher, als die Aufzeichnungen sämtlicher Reisen, die vorher unternommen worden sind. Das sagt die Presse, die mich mit großem Beifall empfing, als ich nach Olm zurückkehrte. Man überreichte mir eine schriftliche Nachricht vom Präsidenten der Akademie, einen Glückwunsch. Der Präsident der Akademie beglückwünschte mich, während ich mich über den Abendfrieden hinwegschwang, über den allgemeinen Beifall hinweg. Man trank auf mein Wohl. Überall hatte ich Hände zu schütteln, auch das Wetter begann sich zu ändern, der Wind fing an, sich zu drehen. Ich sollte doch lieber schweigen. Ich sollte darüber kein Wort verlieren. Ich zog meine Handschuhe an und fort, aus, weg. Auf Wiedersehen heute Abend in der Hygiene-Ausstellung.

    In Olm widmete ich mich der Aufklärung allgemeiner Naturrätsel, die besonders in dieser Gegend eine erhebliche Rolle spielten. Das Aufsehen, das ich mit meinen Äußerungen erregte, war groß. Danach widmete ich mich der Erforschung des Lebenswandels in Olm. Aber trotz des großen allgemeinen Wohlwollens, das mir entgegengebracht wurde, fanden meine Äußerungen über den Lebenswandel in Olm keine Anerkennung.
    Ich ruhte mich aus, ich legte mich auf das Bett und ruhte mich aus. Ich ging hin und wieder spazieren, besonders in das Lokal Gabel. Ich ging zu dieser Zeit mühelos zu Fuß und wunderte mich längst nicht mehr, wenn ich mich dabei im Spiegel sah, es machte mir gar nichts aus; wenn ich auch zugeben muß, daß ich bemerkte, wie schwer mir plötzlich das Gehen fiel, auch das Reden und Sprechen, aber da ich ohnehin nichts zu sagen hatte, fiel diese Sache nicht weiter auf.
    Zuweilen traf ich die Unbekannte im Café. Sie sah rasch zur Seite. Vielleicht erwartet sie eine kleine Berührung, dachte ich, wenigstens ein ganz kurzes Hinüberbeugen über den Tisch. – Eines Abends saß sie auf einer Bank, um, ihrer geselligen Natur entsprechend, ein wenig Umschau zu halten und eine Verabredung für den kommenden Samstag zu treffen, als ein gutgekleideter Herr vorüberging. Er setzte sich zu ihr, sie unterhielten sich eine Weile. Der Herr trug einen tadellos gebügelten Sommeranzug. Daß in der hinteren Hosentasche eine Schere steckte, ahnte sie nicht. Das Kleid blähte sich auf. Etwas erschien unter dem Kleid, doch ich konnte es nicht erkennen. Dann bückte sich dieser Mann, aber ich konnte nicht erkennen, was er tat, er hatte etwas in die Luft geworfen, es war herabgefallen und ich hatte es nicht erkannt.
    Gelegentlich versuchte man, einige Aufschlüsse über den Zweck meiner Reise zu erhalten. Ich gab aber nur ausweichende Antworten. Ich sei einfach etwas in die Ferne hineingefahren, ohne Bedeutung, ohne Absicht, ohne Begleitung, ohne Grund.
    Und die Entwicklung der letzten Zeit, fragte Q, diese ganze verwickelte Weltentwicklung, die Entwicklung der Berge und Flüsse, der Tiere und Menschen, der Städte, der Luft undsoweiter, und die Entwicklung des ganzen Landes, was sagen Sie dazu? Wenn man am Fenster steht, kann man es gut erkennen, sagte ich und wendete mich einer Dame zu, die gerade das Zimmer betrat. Sie bewegte sich durchaus menschlich, nicht eidechsenhaft. Ich entdeckte keinerlei Neigung zum Aufspringen, zum Schwingen, Klettern oder Davonschlüpfen, sie schien keine Lust zu haben, in Mauerlöchern zu verschwinden oder unter feuchten schattigen Steinen. Ich zweifelte also nicht daran, daß es sich um eine Dame handelte. Nur im Moment des Zungenerscheinens war ich mir nicht mehr so sicher. Und je genauer ich sie betrachtete, umso mehr verschwand das Damenhafte und ihre
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