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Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)

Titel: Die Vorzüge der Dunkelheit: Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. (German Edition)
Autoren: Ror Wolf
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lebt er in Bamberg, wo es ihm gut geht.
    Es ist jetzt, im 22. Kapitel, ein Wimmeln zu hören, es ist ein riesiger Grind zu sehen, der über die Erde wächst, ein unübersehbarer fressender Grind. Es sind auch Vögel zu sehen, ihr Flug ist ein fortwährendes Schlagen auf die kochende Luft, ein Vorwärtsstoßen des ganzen Leibes. Es sind wolkenartige Fleischfliegenschwärme zu sehen, die den Saft aus den Blättern saugen, und ich sehe zusammengebundene Fische und Fischhaut getrocknet und aufgespannt in den Fenstern, ich sehe eiskalte Leiber ohne Stimmen und Beine, und ich sehe verhängte hinkende Pferde, die sich vorüberschleppen, und etwa einhunderttausend Frösche, die durch die Stadt hüpfen, die aus den Kanalisationen heraushüpfen und in der Hitze vertrocknen, die aus den Kellerfenstern heraushüpfen, aus den Abflüssen heraushüpfen und aus den Bedürfnisanstalten, und ich sehe andere Tiere, Tiere mit langen glänzenden Haaren, die zur Anfertigung von Mützen und Pinseln geeignet sind, und ich sehe einen sehr großen sehr harten Mund.

    Das ist aber erst der Anfang. Bis zum beginnenden oder bis zum vollkommenen Ende wird eine Weile vergehen, sagte ich damals. In diesem Moment wehte vom Schlachthof die Stimme eines mir unbekannten Mannes herüber. Ich stand am Fenster. Alles war stumm und kalt, aber die Temperatur stieg. Sie stieg derart rasch, daß es nun warm war, derart warm, daß man über die Wärme zu sprechen begann. Und in diesem Moment wehte die Stimme eines Mannes vom Schlachthof herüber. Gegen Abend kam ein Spaziergänger vorbei. Er habe Pilze gefunden, rief er, die größer seien als Wassermelonen, überall, größer als Wassermelonen. Dann kamen viele Personen, sie schlichen vorbei und stiegen hinab in die Keller, an den vermauerten Fenstern vorbei und immer weiter hinab. Das war noch nicht alles. Gelegentlich war ein Pfeifen zu hören, ein Pfeifen, und dann war ein Tropfen zu hören, es tropfte hart von den Zimmerdecken herab auf die Treppen, die in den Keller führten, man hörte ein Pfeifen und später ein Tropfen.



23



E twas knistert im Zimmer, etwas wächst aus den Wänden heraus, von der Decke herab, durch den Boden herauf, unter dem Teppich hervor, aus den Schränken, den Sesseln, den Lampen, knarrend und knackend und kratzend, etwas kriecht raschelnd aus den Gardinen, keuchend und fauchend aus den Regalen, knirschend heraus aus den Truhen, den Büchsen und Kannen, den Töpfen und Kübeln, den Bettdecken, Kopfkissen und den Gummimatratzen, den Dampfheizungen und den Lautsprecherboxen, röchelnd und rauschend, klopfend und zischend, heraus aus den Ofenklappen keimbleich und wurmlang, lautlos gefräßig langsam und immer rascher wachsend und tastend und sich verlängernd und sich umschlingend, sich windend, aus den Aborten heraus, aus der Tiefe der Toilettenschüsseln, aus den Abflüssen wachsend mit einem wie mir scheint ganz leisen Wimmern oder es ist ein Singen, ein nächtliches Fauchen, oder eher ein Zischen, ein menschenverschlingendes Zischen, vielleicht auch ein Pfeifen, ein Pfeifen und Spritzen, ein Spritzen von Flüssigkeiten, die an den Wänden herabrinnen, ein Wachsen von wurmlangen bleichen saugenden Keimen, die alles umwickeln, die Schränke, die Sessel, die Tische, die Stühle, die Kaffeekannen, die Brotbüchsen, die Kochtöpfe, die Mülleimer und die Papierkörbe.
    Ungefähr eine Woche später verließ ich das Zimmer. Ich öffnete die Kellerklappe und stieg hinab in die schwarzen schwach beleuchteten Kellerräume, ich stieg diese klebrigen Treppen hinab und kam in den langen Gang, der Boden war ganz bedeckt mit ausgesogenen Knochen, mit rostigen Dosen und Plastikgefäßen, mit Scherben, Flaschenverschlüssen und Autoreifen, mit blutigem Fleisch, mit zerschlitzten Sitzen, mit Kaffeesatz und geronnener Milch. Die Personen saßen an langen Tischen, sie tranken und sangen, oder sie waren ganz stumm, ganz bewegungslos. Ich will nichts von den Bemerkungen erzählen, die eine Frau machte, als ich an ihr vorbeikam, ich kann ihre Worte hier nicht wiederholen, aber ich hätte in diesem Moment gern ihre Bekanntschaft gemacht. Ich sah bleiche Pflanzen in den Ritzen und viele feine Falten und Zotten, die dieser Wand ein samtartiges Aussehen verliehen, ich sah ringsum sich öffnende Drüsenschläuche, Fasern, Verästelungen und Blasen, die plötzlich aufplatzten und eine ätzende Flüssigkeit verspritzten, ich sah einen mundhöhlenartigen Raum, ich sah schlammige Ausscheidungen in die
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