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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit
Autoren: Terry Pratchett
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diese verstummten. Drumknott schloss die Augen. Sacharissa blickte starr geradeaus. Die Zwerge standen wie Statuen.
    Schließlich beendete Lord Vetinari die Stille.
    »Die Times ? Damit meinst du dich selbst und die junge Frau hier?«, fragte er und wölbte die Brauen. »Oh, ich verstehe. Es ist wie mit der Öffentlichkeit. Nun, wenn ich der Times irgendwie helfen kann…«
    »Wir lassen uns auch nicht bestechen«, sagte William. Er wusste, dass er damit zwischen zugespitzten Pfählen ritt, aber er wollte sich auf keinen Fall von oben herab behandeln lassen.
    »Bestechen?«, wiederholte Vetinari. »Nachdem ich gesehen habe, wozu du ohne Entgelt fähig bist, vermeide ich es lieber, dir auch nur einen Cent in die Hand zu drücken, lieber Herr de Worde. Nein, ich biete dir nur Dankbarkeit an, die allerdings für ihre Kurzlebigkeit bekannt ist. Ah, da fällt mir ein. Am kommenden Samstag gebe ich ein kleines Essen. Einige Gildenoberhäupter und Botschafter werden zugegen sein… Eine recht langweilige Angelegenheit, aber vielleicht möchtest du daran teilnehmen, und natürlich auch die so kühne junge Dame… Ich bitte um Verzeihung: Ich meine die Times .«
    »Ich glaube nicht, dass wir…«, begann William und unterbrach sich, weil ihn ein Schuh am Schienbein traf.
»Die Times wäre entzückt«, sagte Sacharissa.
    »Ausgezeichnet. In dem Fall…«
»Wenn ich dich um einen Gefallen bitten dürfte…«, warf William ein. Vetinari lächelte. »Natürlich. Wenn ich der Times irgendwie hel…« »Wirst du am Sonntag der Trauung von Paul Königs Tochter beiwohnen?«
    William ließ sich seine Genugtuung nicht anmerken: Diesmal blieb Vetinaris Miene leer, weil er sie mit nichts füllen konnte. Drumknott beugte sich zu ihm vor und flüsterte.
    »Ah«, entgegnete der Patrizier. »Paul König. Ah, ja. Ein gutes Beispiel für den Unternehmungsgeist, der unsere Stadt zu dem gemacht hat, was sie heute ist. Habe ich das nicht immer gesagt, Drumknott?« »Ja, Herr.«
»Ich werde natürlich anwesend sein. Vermutlich kommen auch viele
    andere Würdenträger?«
Die Frage hing zart in der Luft.
»So viele wie möglich«, sagte William.
»Prächtige Kutschen, Diademe, elegante Kleider?«, fragte Lord Vetinari und betrachtete dabei den Knauf seines Gehstocks.
    »Jede Menge.«
    »Ja, ich bin sicher, dass es nicht daran mangeln wird«, sagte Lord Vetinari, und William wusste: Paul König würde seine Tochter an mehr feinen Leuten vorbeiführen, als er zählen konnte. Und mit Zahlen kannte er sich aus, obwohl es in seiner Welt für Buchstaben kaum Platz gab. Frau König standen glückliche hysterische Anfälle bevor, allein aus passivem Snobismus.
    »Als Gegenleistung möchte ich dich bitten, Kommandeur Mumm nicht zu verärgern«, sagte der Patrizier. »Beziehungsweise nicht mehr als unbedingt erforderlich.«
    »Ich bin sicher, wir können an einem Strang ziehen.«
    Lord Vetinari hob erneut die Brauen. »Oh, ich hoffe nicht, nein, wirklich nicht. An einem Strang ziehen – das ist das Ziel von Despotie und Tyrannei. Freie Menschen ziehen in unterschiedliche Richtungen.« Er lächelte. »Nur so lässt sich Fortschritt erzielen. Und man muss natürlich mit der Zeit gehen. Um nicht zu sagen: mit der Times. Ich wünsche euch einen guten Tag.«
    Der Patrizier nickte den Anwesenden zu und verließ das Gebäude. »Warum seid ihr alle noch hier?«, fragte William, als der Bann schließlich brach.
    »Äh… wir wissen nicht, was wir tun sollen«, erwiderte Frau Tilly hoffnungslos.
    »Geht und sucht nach Dingen, von denen die Leute in der Zeitung lesen möchten«, sagte Sacharissa.
    »Und Dinge, die sie nicht in der Zeitung sehen wollen«, fügte William hinzu.
    »Und interessante Dinge«, sagte Sacharissa.
    »Wie zum Beispiel der Hunderegen von vor zwei Monaten?«, fragte Herr O’Keks.
    »Vor zwei Monaten hat es keine Hunde geregnet!«, entgegnete William scharf.
»Aber…«
    »Ein Hündchen ist kein Regen. Es fiel aus einem Fenster. Wir sind nicht an Niederschlägen aus Tieren, spontanem Feuer oder Entführungen interessiert, bei denen silberne Scheiben eine maßgebliche Rolle spielen…«
    »Es sei denn natürlich, so was passiert tatsächlich«, bemerkte Sacharissa.
    »Ja, natürlich, das ist klar «, sagte William. »Aber solange es nicht wirklich geschieht, haben wir kein Interesse daran. Verstanden? Nachrichten bestehen aus ungewöhnlichen Dingen, die geschehen…«
    »Und aus gewöhnlichen Dingen, die geschehen«, meinte Sacharissa und
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