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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau
Autoren: Sara Paretsky
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nicht Warshki«, sagte ich. »Mein Nachbar hat mir schon gesagt, dass Sie von der Polizei sind, aber trotzdem hätte ich gern noch einen Dienstausweis gesehen. Dann können Sie mir erklären, warum Sie da sind.«
    Der Größere holte seine Dienstmarke aus der Tasche und hielt sie mir den Bruchteil einer Sekunde vor die Nase. Ich packte sein Handgelenk, damit ich mir den Ausweis genauer ansehen konnte. »Detective Palgrave. Und Ihr Kollege heißt wie? Detective Lemour. Danke. Sie können schon mal im Wohnzimmer Platz nehmen, während ich mich fertig anziehe.«
    »Äh, Ma'am«, sagte Palgrave. »Es macht uns nichts aus, wenn Sie keine Strümpfe anhaben. Wir wollen Ihnen ein paar Fragen über die Frau stellen, die Sie heute nacht gefunden haben.«
    Eine Tür am unteren Ende der Treppe fiel ins Schloss. Mitch und Peppy begannen, gefolgt von Mr. Contreras, nach oben zu rennen. Die Hunde drückten sich an den beiden Beamten vorbei und begrüßten mich mit Freudengeheul, als hätten sie mich zwölf Monate nicht mehr gesehen, nicht zwölf Stunden. Lemour holte mit dem Fuß nach Mitch aus, erwischte aber nur seinen Schwanz. Ich packte beide Hunde am Halsband, bevor Schlimmeres passierte.
    Als sie mich begrüßt hatten, wollten sie die Prozedur unbedingt mit Lemour wiederholen. Peggy ist sandfarben, ihr Sohn Mitch zur Hälfte schwarzer Labrador und riesig. Wie alle Golden Retriever sind die beiden unverbesserlich friedliebend, aber wenn sie einen hechelnd anspringen, können sie ziemlich wild aussehen. Jedenfalls würde unser Besucher nicht versuchen, sich an ihnen vorbei in die Wohnung zu drängen.
    Mr. Contreras hatte gerade noch gesehen, wie Lemour versuchte, Mitch einen Tritt zu versetzen, »Hören Sie zu, junger Mann, es ist mir egal, ob Sie Polizist sind oder Politesse, aber diese Hunde wohnen hier und Sie nicht. Sie haben kein Recht, nach ihnen zu treten. Ich könnte Sie dem Tierschutzverein melden. Glauben Sie, Ihre Mutter und Ihre Kinder würden in der Zeitung gern was über 'nen Polizisten lesen, der Hunde misshandelt?«
    Der Beamte war nicht der erste, der sich von Mr. Contreras aus der Fassung bringen ließ. »Wir wollen mit der Lady über einen Fall von Fahrerflucht reden, der sich heute nacht ereignet hat. Nehmen Sie ihre Hunde mit nach unten und lassen Sie uns in Ruhe.«
    »Zufällig, junger Mann, gehört der Golden Retriever der Lady. Wir kümmern uns gemeinsam um die beiden. Wenn sie sie also hier bei sich haben will, soll mir das recht sein. Und wenn Sie meinen, dass sie etwas mit der Fahrerflucht zu tun hat, dann haben Sie sich geschnitten. Ich kenn' sie jetzt seit zwölf Jahren, und die Frau würde genausowenig einen Menschen überfahren und einfach liegenlassen, wie sie 'ne Leiter nimmt und zum Mond hochklettert. Wenn da jemand versucht, Ihnen was anderes weiszumachen, hat er sich geirrt. Rufen Sie mal lieber im Revier an und lassen Sie sich die richtige Adresse und das richtige Autokennzeichen geben. Sie vergeuden hier nur Ihre eigene Zeit und die von uns allen... «
    »Äh, Sir.« Palgrave versuchte schon seit ein paar Minuten, Mr. Contreras' Redeschwall zu unterbrechen. »Wir beschuldigen sie überhaupt nicht, irgend jemanden überfahren zu haben. Wir wollen ihr nur ein paar Fragen über den Zwischenfall stellen.«
    »Und warum haben Sie das nicht gleich gesagt?« fragte Mr. Contreras in erregtem Tonfall. »Ihr Freund hier hat sich aufgeführt, als hätte sie den Papst überfahren und auf der Straße verbluten lassen.«
    »Wir müssen feststellen, ob diese Warshki-Frau die andere Frau angefahren hat oder nicht«, sagte Lemour.
    »Warshawski«, sagte ich. »Kommen Sie doch rein und setzen Sie sich. Ich bin gleich bei Ihnen.«
    Ich ging in die Küche, um den Herd abzustellen. Lemour, der offenbar Angst hatte, dass ich mich versteckte oder irgendwelche Beweisstücke verschwinden ließ, folgte mir.
    »Die Maschine macht zwei Tassen Kaffee«, sagte ich. »Wollen Sie eine?«
    »Nun hören Sie mal zu, Prinzessin, werden Sie ja nicht frech. Ich will jetzt ein paar Antworten von Ihnen hören.«
    Ich goss mir einen Kaffee ein und sah in den Kühlschrank. Die letzten paar Tage hatte ich wegen einer Zeugenaussage im Illinois House in Springfield verbracht. Das einzige, was im Kühlschrank auch nur annähernd nach etwas Essbarem aussah, war ein trockener Kanten Roggenbrot. Ich warf einen skeptischen Blick darauf, wahrend Lemour hinter mir vor Wut schäumte. Ohne ihm Beachtung zu schenken, ging ich mit meinem Kaffee
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