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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau
Autoren: Sara Paretsky
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Freund unter den Kollegen meines Vaters, stieg aus dem Wagen, sah mich ohne jedes Mitleid an und sagte: »Ich nehme dich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses fest.«
    Das Telefon riss mich aus meinem Alptraum. Ich streckte den Arm aus und murmelte »Ja?« in den Hörer.
    Es war mein Nachbar von unten. Seine Stimme klang besorgt. »Tut mir leid, Schätzchen, dass ich Sie aufwecke, aber hier unten sind ein paar Polizisten, die sagen, Sie waren heute nacht in einen Unfall mit Fahrerflucht verwickelt. Die haben wie verrückt bei Ihnen geklingelt, und die Hunde sind fast durchgedreht, da hab' ich mal nachgesehen. Natürlich ist Mitch gleich rausgestürzt, neugierig, wie er ist, und der eine von den Polizisten hat sofort angefangen von wegen, hier in der Stadt gibt's doch wohl 'ne Verordnung, dass man Hunde an die Leine nehmen muss, aber ich hab' ihm gesagt, na, soviel ich weiß, gilt das nicht für zu Hause, und wer sind Sie überhaupt, warum machen Sie hier so 'nen Krach, aber da hat er seine Dienstmarke rausgezogen... «
    »Hat er tatsächlich was von Fahrerflucht gesagt?« fragte ich und richtete mich verschlafen auf.
    »Er hat mir seine Dienstmarke unter die Nase gehalten und nach Ihnen gefragt, aber natürlich hat er Ihren Namen nicht richtig gesagt. Was ist denn passiert, Schätzchen? Sie haben doch nicht wirklich jemanden angefahren und dann liegenlassen, oder? Ich hab' Ihnen ja immer schon gesagt, Sie sollen mit der Karre nicht so schnell durch die Stadt flitzen, aber wenigstens stehen Sie zu Ihren Fehlern und würden nicht einfach jemanden im Graben liegenlassen. Das hab' ich dem einen von den zweien auch gesagt, aber der hat sich aufgeführt wie Dirty Harry. Hat wohl gedacht, ich hab' Angst vor ihm, dabei hab' ich früher Typen verprügelt, die waren doppelt so groß wie der... «
    »Wo sind sie jetzt?«
    Mr. Contreras ist durchaus in der Lage, sich ein oder zwei Tage lang aufzuregen, wenn er erst mal in Fahrt ist. Er ist in Rente, aber obwohl ich weiß, dass er früher mal bei Diamond Motors an der Drehbank gearbeitet hat, kann ich ihn mir eigentlich nur mit einem Hammer in der Hand vorstellen.
    »Die sind unten in der Eingangshalle. Ist wahrscheinlich besser, Sie stehen auf und reden mit denen, Schätzchen, auch wenn das ziemliche Pissnelken sind, entschuldigen Sie meine Ausdruckweise. Ganz anders wie der Lieutenant oder Conrad oder die anderen Polizisten, die Sie kennen.«
    Es war fast schon heroisch von ihm, Conrad Rawlings im selben Atemzug mit Lieutenant Mallory zu nennen, denn Mr. Contreras war alles andere als glücklich über meine Beziehung mit Conrad gewesen. Seine übliche Eifersucht auf die Männer, mit denen ich zusammen war, hatte sich durch Conrads Hautfarbe noch verstärkt. Mr. Contreras war ziemlich froh gewesen, als Conrad meinte, die Sache mit uns funktioniere einfach nicht - allerdings nur, bis er merkte, wie wichtig nur die Geschichte gewesen war. Ich hatte eine ganze Weile gebraucht, bis ich mich von der Trennung erholt hatte.
    Ich legte auf und tappte zum Bad. Früher, mit dreißig, hatte für gewöhnlich eine lange Dusche genügt, um mich nach einer kurzen Nacht wieder frisch zu machen, aber jetzt, mit über vierzig, brauchte ich einfach meinen Schlaf. Ich ließ mir kaltes Wasser auf den Kopf prasseln, bis ich anfing, mit den Zähnen zu klappern. Allmählich begann sich mein Kreislauf zu regen. Allerdings floss immer noch nicht genug Blut in meinen Kopf, als dass ich mich einem Gespräch mit der Polizei gewachsen gefühlt hätte.
    Während ich mich abtrocknete, hörte ich, dass sie an meiner Wohnungstür Sturm klingelten. Ich schaute durch den Spion. Es waren zwei Beamte, der eine klein und mit einem braunen Polyesteranzug, der schon ein paarmal zu oft durch den Trockner gejagt worden war, und ein großer mit einem Gesicht voller Aknenarben.
    Ich öffnete die Tür bei vorgelegter Kette und streckte nur die Nase hinaus, so dass sie nicht sahen, dass ich nackt war. »Ich mache Ihnen auf, sobald ich was anhabe.«
    Der Kleinere versuchte, die Tür aufzudrücken, aber ich machte sie zu, bevor er sich mit ganzer Kraft dagegenstemmen konnte, ging mit meiner Jeans in die Küche, um mich anzuziehen, und stellte den kleinen Espresso-Kocher auf die Herdplatte. Nachdem ich in meine Kleider geschlüpft war, ging ich wieder zur Tür.
    Der Kleinere bleckte die winzigen Zahne, die ein bisschen an einen Hecht erinnerten. »V. I. Warshki? Polizei. Wir hätten ein paar Fragen an Sie.«
    »Warshawski,
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