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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Autoren: S Townsend
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stand.
    »Im vierten Zimmer bewahre ich meine Sammlung von Millenium-Dome-Andenken auf«, erklärte sie. Als ich taumelnd das Haus verließ, wischte ich mir Tränen aus den
Augenwinkeln. Alle Hoffnung ist dahin. Der soziale Wohnungsbau winkt.

Montag, 31. Januar
    The Lawns, Ashby-de-la-Zouch, Leicestershire
     
    Nach einem dramatischen Anruf meines Vaters am späten Abend wurde mir und meiner Familie vorübergehend (nur für eine Woche) Asyl unter oben genannter Adresse gewährt. Meine Söhne und ich teilen uns ein Zimmer mit 16 überwinternden Geranien. Ich selbst schlafe auf einer Luftmatratze – extra bestellt aus dem Innovations -Katalog -, die Jungen auf einem Doppelfuton. Ich habe mich schon immer gefragt, wer eigentlich Futons kauft, jetzt weiß ich es: Es ist Tania Braithwaite, meine neue Stiefmutter, die alles liebt, was aus Japan kommt. Erst kürzlich hat sie Henry, ihren Labrador, umbenannt. Er soll ab jetzt Yoko gerufen werden. Kein Wunder, dass das arme Geschöpf einen verwirrten Eindruck macht.
    Es wird nicht lange dauern, bis auch das Haus umgetauft werden muss. Die bisher namengebenden Rasenflächen von The Lawns sind praktisch alle verschwunden und wurden durch Kiesflächen, bedeutungsvolle Steine und Teiche voller Koikarpfen ersetzt. »Brauchen die Karpfen denn dann auch ein japanisches Spezial-Schuppenshampoo, Dad?«, fragte Glenn mich heute Morgen, als wir auf dem Weg zum Auto an einem Teich vorbeikamen.
    Wir waren schon beinahe an seiner Schule, als mir auffiel, dass Glenn einen Scherz gemacht hatte. Sein hintergründiger Witz muss doch wohl ein Zeichen für die Intelligenz meines älteren Sohns sein, oder? Seine Lehrer
täuschen sich ganz eindeutig in ihrer Einschätzung seiner Fähigkeiten. Er könnte die Kathy Lette des neuen Jahrtausends werden.
    Wie üblich parkte ich auf den Zickzacklinien vor dem Eingang der Grundschule und wurde zu meinem Erstaunen von der Schulleiterin Mrs Parvez heftig zurechtgewiesen. »Mr Mole«, sagte sie, »ich habe sowohl mündlich als auch schriftlich die Eltern wiederholt gebeten, nicht auf den Zickzacklinien zu parken. Warum können Sie William nicht zu Fuß zur Schule bringen?« Ich küsste William und schubste ihn auf den Spielplatz, bevor ich mich mit Mrs Parvez’ Beschwerde befasste.

Mittwoch, 2. Februar
    Bin ich der Einzige, der bemerkt hat, dass heute der 2. 2. 2000 ist? Niemand sonst hat ein Wort darüber verloren. Ich rief beim Wohnungsamt an und wurde, nachdem ich mein Dilemma geschildert hatte, in die Abteilung für Obdachlose durchgestellt. Alles, was sich Abteilung nennt, macht mich misstrauisch; es hat einen Beigeschmack von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit und von Abweichung von der Normalität. Ich vereinbarte einen Termin mit meiner zuständigen Sachbearbeiterin Ms Pigg. Warum, o warum nur machen Leute mit grotesken Namen keinen Gebrauch von unseren bürgerfreundlichen Gesetzen zur Namensänderung?

Donnerstag, 3. Februar
    Ms Pigg ist eine ansprechende junge Frau (Brüste wie große Bramley-Kochäpfel, Beine unter langem schwarzem Rock versteckt, Vorname Pamela). Sie las gerade mein Antragsformular, als ich ihr Büro betrat. »Also gut«, sagte sie nach einem kurzen, aber langweiligen Gespräch über das Wetter, »Sie sind ein schwuler, alleinerziehender Vater von zwei Jungen.« Ich bückte mich und zog meine Socken hoch. Ich brauchte Bedenkzeit. Sollte ich mich zu meiner Heterosexualität bekennen oder mein Täuschungsmanöver durchziehen – um dadurch mehr Wohnungspunkte zu sammeln? Ms Pigg sah mich verständnisvoll an. Ich strich mir über den Schnurrbart. Dann sagte Ms Pigg: »Ganz offensichtlich sind Sie mit Ihrer Sexualität nicht im Reinen, Mr Mole.«
    Ich überlegte, welche Strafe wohl auf die Angabe falscher Informationen in einem städtischen Formular steht. »Nein«, murmelte ich. »Niemand darf das je erfahren.« Ms Pigg berührte meine Hand. »Vertrauen Sie mir«, sagte sie. Der Moment, in dem ich die Wahrheit hätte gestehen können, verstrich. »Ich hätte da ein Vier-Zimmer-Häuschen mit Garten in der Gaitskell-Siedlung …«
    »Nein«, fiel ich ihr ins Wort, »nicht nach Gaitskell – da wohnen lauter Homophobe. Gibt es denn keine schwulenfreundliche Enklave, wo die Leute ihre Häuser und Gärten anständig pflegen und wohlerzogene Haustiere halten?«
    Ms Pigg runzelte die Stirn. »Sie haben offenbar sehr stereotype Ansichten über homosexuelle Menschen«, stellte sie fest. »Ich musste gerade erst zwei schwule Männer
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