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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Autoren: S Townsend
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hinweggefegt wie ein Virushurrikan und hat uns traumatisiert und geschwächt zurückgelassen. Im Badezimmerschränkchen war nicht annähernd genug Platz für die ganzen Medikamente, weshalb ein eigentlich für Badeöle vorgesehenes Kiefernregalbrett freigeräumt und zweckentfremdet wurde. Bei jedem von uns Moles traten Komplikationen auf. Angesichts Dr. Ngs ständiger Hausbesuche überrascht es mich, dass er nicht Zahnbürste und Pantoffeln bei uns deponiert hat. Eines Tages, als er dringend an mein Krankenlager gerufen wurde, rief er von seinem Handy aus bei der medizinischen Fachzeitschrift Lancet an und fragte, ob man dort an einem zehnseitigen Artikel über »ärztliche Wutanfälle« interessiert sei.

Samstag, 29. Januar
    Heute Morgen erhielt ich folgenden Brief:
    Lieber Adrian,
    weißt du noch, wer ich bin? Ich bin deine Mutter, Pauline Mole. Derzeit wohnhaft in Bett 5, Station 20, Glengorse District Hospital. Ich erhole mich von einer Lungenentzündung und einer Rippenfellentzündung und bin seit drei langen Wochen hier (auf Sauerstoff). Es kränkt mich sehr, dass du mich weder besucht noch mir Blumen oder eine Karte geschickt hast. Derart von dir vernachlässigt zu werden, verzögert meine Genesung. Ich kann nicht schlafen, weil ich dauernd darüber nachgrübeln muss, was ich falsch gemacht habe.
    Alles Liebe von deiner Mutter.
     
     
    PS: Ich habe aufgehört zu rauchen. Es ist einfach zu umständlich mit der Sauerstoffmaske.
     
     
    Liebe Mum,
    sind es wirklich schon drei Wochen? Die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Freut mich zu hören, dass du das Rauchen aufgegeben hast. Ich habe die Aschenbecher (alle 31) im Haus zusammengesucht und in den Müll geworfen, damit die Versuchung bei deiner Rückkehr nicht so groß ist. Der Grund, warum ich dich nicht besucht habe, ist, dass ich immer noch von der Sydney-Grippe geschwächt bin. Dr. Ng wurde viermal an mein Bett gerufen, zweimal mitten in der Nacht.

    Du solltest dich glücklich schätzen, ein Krankenhausbett ergattert zu haben, wenn auch knapp hundert Kilometer von zu Hause entfernt. Ich hatte vor, dir einen Blumenstrauß zu schicken, aber offen gestanden war ich entsetzt über die Preise, die heutzutage verlangt werden. Der billigste Strauß kostet 15 £! Dazu kommen noch 2,50 £ Zustellungskosten. Die reinste Ausbeutung. Ich gebe zu, dass ich dir eine Genesungskarte hätte schicken können, aber der Besuch eines Geschäfts kommt erst wieder in Betracht, wenn ich die Kraft in meinen Beinen zurückerlangt habe. Dein Gatte Iwan hat mich über deine Fortschritte auf dem Laufenden gehalten. Ich habe durchaus an dich gedacht und bin gekränkt und verärgert über den Vorwurf, dich vernachlässigt zu haben.
     
    Dein Sohn, Adrian
    Diese Nachricht gab ich Iwan für meine Mutter mit. Er ist völlig willenlos vor Liebe und fährt tatsächlich täglich einhundert Kilometer hin und wieder zurück, nur um sie zu besuchen. Um zehn Uhr abends kam er aus dem Krankenhaus zurück, völlig verzückt. »Heute Morgen ist deine Mutter aufgewacht und hat sich ihr Schminktäschchen erbeten«, berichtete er. Dann erzählte er mir im Vertrauen, dass er ganz zu Anfang nach ihrer Einweisung in die Klinik zweimal an ihrem Bett vorbeigelaufen war, ohne sie zu erkennen. Er hatte sie noch nie ohne Lippenstift oder Wimperntusche gesehen. Meine Mutter hatte ihm ihre Antwort auf meinen Brief mitgegeben.

    Lieber Adrian,
    dann bin ich dir also keine 17,50 £ wert? Wenn ich mir überlege, mit wie viel Geld und Aufmerksamkeit ich dich in den vergangenen 32 Jahren überschüttet habe, wird mir ganz übel. Wahrscheinlich werde ich in einigen Tagen entlassen. Bis dahin möchte ich, dass du den Wisteria Walk verlassen hast. Du musst mit deinen Jungs zu deinem Vater und Tania ziehen. Sie haben noch vier freie Zimmer im Haus.
     
    Deine ehemalige Mutter

Sonntag, 30. Januar
    Komme gerade aus The Lawns zurück, wo ich meinem Vater und seiner Frau Tania mein Wohnungsdilemma erklärt habe. Sie waren nicht gerade begeistert davon, meine Jungs und mich aufzunehmen. »Wir brauchen diese Zimmer«, sagte mein Vater. »In einem davon bewahre ich meine Golfschläger auf, und in dem anderen überwintert Tania die Geranien.«
    »Dann wären immer noch zwei frei«, gab ich zu bedenken.
    »Leider nicht«, sagte Tania. »Eines möchte ich zu einem Meditationsraum umgestalten.«
    »Und das letzte Zimmer?«, fragte ich mit zynischem Hohnlächeln. Mein Vater wandte sich ab, aber Tania hielt meinem Blick
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