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Die Verlorenen

Die Verlorenen

Titel: Die Verlorenen
Autoren: Vampira VA
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hineingeschnitten zeichneten sich die Linien auf der wächsernen Haut ab, die im Widerschein des Fackellichtes rötlich glühte. Jacques La Fore, der Herr von Resolute, beobachtete das grausige Schauspiel schweigend, und gerade deswegen wirkte er auf die heimlichen Beobachter um ein Vielfaches gefährlicher, bedrohlicher als seine Söhne.
    Die drei Burschen hörten nicht auf, den fünften Weißen, der zu den Akteuren zählte, anzufeuern. Rudge Vandermeere war weniger nobel gekleidet als die La Fores, hatte die Ärmel seines Leinenhemdes hochgekrempelt. Seine Hände steckten in gepolsterten Reithandschuhen - zum Schutz vor den scharfen Krallen des fast schon monströs großen schwarzen Katers, den Vandermeere an den Hinterläufen hielt. Das Tier zappelte im Griff des Sklavenaufsehers von Resolute, und es begann zu kreischen und zu fauchen, als Vander-meere damit ausholte.
    Winzigen Rasiermessern gleich schnitten die Krallen in Cuffeys schwarze Haut und rissen das Fleisch darunter auf. Das Geschrei des Tieres ging vollends unter in Cuffeys Brüllen.
    Vandermeere holte von neuem aus .
    »Genug.«
    Jacques La Fore sprach fast leise, sein Gesicht regte sich kaum dabei, nicht einmal seine Lippen schienen sich sichtlich zu bewegen. Ebenso knapp fiel seine Handbewegung aus, mit der er auf zwei bereitstehende Holzeimer wies.
    Agamemnon schloß die Augen. Er konnte nicht sehen, was die Eimer enthielten, aber er wußte es. Cuffey hatte noch nicht ausgelitten. Noch lange nicht .
    »Jetzt schon?« fragte Vandermeere, und die Enttäuschung in sei-ner Stimme klang nicht aufgesetzt, was den Kerl noch widerlicher machte.
    La Fore nickte kurz.
    Vandermeere schleuderte den Kater fort, dann ging er zu den Eimern und rührte mit der Kelle darin herum.
    »Was ...?« flüsterte Semiramis heiser. Doch die Kraft, mit der sie ihre Finger in Agamemnons Arm grub, bewies ihm, daß sie sehr wohl wußte, was jetzt kam.
    »Sie bringen Cuffey um«, sagte sie entsetzt.
    Mem konnte nicht einmal nicken. Das Grauen lähmte ihn im wahrsten Sinne. Semiramis hatte recht: Vandermeere war dabei, Cuffey zu töten. Wahrscheinlich würde der Sklave allein schon an den Verletzungen zugrunde gehen, die ihm der Aufseher mit Peitsche und Katze zugefügt hatte. Das Salzwasser, das er seinem Opfer gleich noch in die knochentiefen Wunden kippen wollte, würde Cuffeys Tod nur noch schmerzhafter machen .
    »Los, mach schon, Vandermeere!« Der Älteste der La Fore-Brüder trieb den Aufseher an. Pierre war sein Name, wie Agamemnon wußte. Die La Fores pflegten die französischen Wurzeln ihrer Familie.
    »Gib dem Nigger, was er braucht!« fiel Louis, der jüngste Sproß von Jacques La Fore, ein.
    »Ja, er muß doch durstig sein«, rief Gerald und lachte, wohl weil er seinen Spruch für den originellsten hielt.
    Vandermeere, ein grobschlächtiger, fettleibiger Zwei-Meter-Kerl, nahm die Schöpfkelle aus dem Eimer und trat an Cuffey heran. Seine rechten Stiefel setzte er hart auf den blutglänzenden Rücken des Liegenden, dem die neuerliche Mißhandlung nur noch ein kaum hörbares Stöhnen entriß. Seine Widerstandskräfte mußten restlos aufgebraucht sein; nicht einmal für einen Schrei konnte er noch genug Kraft sammeln.
    Das änderte sich allerdings, als Vandermeere die Kelle über ihn hielt und die ersten Tropfen der salzigen Lauge sich in das rohe Fleisch seiner Wunden fraßen.
    Cuffey brüllte. Lauter noch als zuvor.
    Und als Vandermeere Hand und Kelle vollends drehte, schrie der Sklave in einer Art, wie Agamemnon es noch nie zuvor gehört hatte, weder bei einem Menschen noch bei einem Tier.
    Cuffeys Körper wollte sich in Agonie winden und krümmen, doch die Fesseln an Händen und Füßen ließen ihm nicht mehr als ein paar Zentimeter Spielraum.
    Der Aufseher füllte die Kelle ein weiteres Mal.
    »Nein.«
    Semiramis Flüstern erreichte Mem erst, als sie schon ansetzte, das Wort zu wiederholen, laut diesmal: »Nein!«
    Noch immer starr wegen des grausigen Dramas, dessen Zeuge sie waren, reagierte Agamemnon zu spät. Viel zu spät.
    Seine Hände griffen ins Leere, als er Semiramis zurückhalten wollte. Er öffnete die Lippen zu einem Ruf, doch er verschluckte ihn. Die junge Sklavin hatte den Sichtschutz der Büsche längst verlassen und rannte hinaus auf den Hof vor dem Herrenhaus.
    »Hört auf, ich flehe euch an!«
    Auf der imaginären Linie zwischen zwei der Fackeln fiel das Mädchen auf die Knie. Staub wölkte auf, im Feuerschein wie Glutfunken glimmend.
    Sekundenlang
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