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Die Verlorenen

Die Verlorenen

Titel: Die Verlorenen
Autoren: Vampira VA
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Harmonie immer dann gestört wurde, wenn eine Blase sich mit feuchtem Blob! auflöste und Levar noch etwas anderes zu hören meinte.
    Dennoch kannte der Junge keine Angst. Ohne zu zögern oder gar innezuhalten lief er durch das Sumpfland, setzte seinen Fuß sicher auf jene schmalen Streifen aus halbwegs festem Erdreich, die wie natürliche Stege zwischen morastigen Löchern und Tümpeln verliefen. Ebensowenig wie er die Jahre zählen konnte, die seit jener Zeit vergangen waren, von der Zefrem erzählte, wußte Levar, wie oft er den Alten schon aufgesucht hatte. Oft genug in jedem Fall, um jeden Fußbreit Boden im weiten Umkreis von Kraemer zu kennen. Und oft genug auch, um sich gewiß zu sein, daß nichts von dem, was hier lauern mochte, ihm wirklich gefährlich werden konnte.
    Nicht mehr, seit er sich diesen »Dingen«, den Schatten mehr verbunden fühlte als der Welt, aus der er kam - aus der er hierher manches Mal beinahe flüchtete. Weil er sich hier mehr daheim fühlte als in dem schäbigen Häuschen, das er in Kraemer mit seinen Geschwistern teilte.
    Manchmal meinte Levar sogar, gerufen zu werden - von etwas oder jemandem. Es war ein Ruf, dem er sich weder widersetzen konnte noch mochte. Und wenn er es recht bedachte - war es weit mehr als nur ein Ruf .
    Ohne sein bewußtes Zutun, als folgten seine Bewegungen einer geheimnisvollen Programmierung, beschleunigte Levar seine Schritte, rannte dann fast und schaffte es mit einem scheinbar mühelosen Sprung über ein Sumpfloch hinwegzusetzen, das im silbrigen Gewirr des kniehoch bewachsenen Bodens wie ein lichtschluckender Schlund gähnte. Der Junge hatte den jenseitigen Rand noch nicht erreicht, als er das naßdumpfe Platzen einer weiteren Blase hörte -und das fast lautlose Hilfe!, das mit dem Gestank zu ihm herüberwehte .
    Als er sich umwandte, glaubte er gerade noch zu sehen, wie sich etwas rasch und mit feuchtem Schmatzen in die Finsternis des Loches zurückzog; etwas Totenbleiches, das vor Schwärze troff - und das sich eben noch, zur Klaue gekrümmt, nach ihm gestreckt hatte ...
    Levar schenkte der Erscheinung nicht mehr Aufmerksamkeit als einen schnellen Blick, und schon währenddessen lief er weiter, durchquerte ein in Silber und Schwärze erstarrtes Zypressenwäld-chen, dessen Geäst sich wie die Gliedmaßen monströser Spinnen nach dem Nachthimmel reckte.
    Jenseits des Waldes klaffte dann das dunkelste Loch in der Wirklichkeit.
    So sah es zumindest aus der Ferne aus.
    Auf einer Fläche, die aus dieser Entfernung gerade einmal von der Größe einer Streichholzschachtel war, ballte sich Finsternis in einem Maße, daß man glauben konnte, sie berühren zu können. Darüber sammelte sich das Mondlicht auf einer Schräge, flirrend und sich bewegend wie geschmolzenes Silber, das jeden Moment herabfließen mußte. Doch es floß nicht, und auch der Eindruck kompakter Schwärze verlor sich, je näher Levar der Hütte mit dem moos- und flechtenüberwachsenen Dach kam.
    Er erinnerte sich noch daran, wie er die Karte auf einer seiner kindlichen Expeditionen durch die Sümpfe rund um Kraemer entdeckt hatte. Mehr als ein Jahr lag diese »Entdeckung« nun schon zurück, doch ihr Anblick hatte für Levar in all der Zeit nichts von seiner Faszination verloren. Im Gegenteil; die fast magische Anziehungskraft hatte an Stärke gewonnen, nachdem der Junge erst einmal erfahren hatte, was die Schwärze dort drüben an Faszinierendem barg.
    Die abstrusesten und unheimlichsten Gedanken hatten ihn seinerzeit angesprungen, waren wilden Tieren gleich über sein Denken hergefallen, als er die Hütte vor mehr als Jahresfrist gefunden hatte. Seine Phantasie, angestachelt von der ohnehin schon gespenstischen Umgebung, hatte die grausigsten Gestalten geboren, die ein kleiner Junge nur zu ersinnen vermochte. Eine häßliche Hexe und ein riesenhafter Voodoo-Priester hatten noch zu den harmloseren möglichen Bewohnern gezählt, auf die Levar damals zu treffen befürchtet hatte.
    Die Wahrheit war anders gewesen - im Grunde nicht einmal weniger schrecklich, nur anders . ..
    Zunächst hatte er die Hütte für verlassen gehalten. Nicht einmal Levar, der Luxus allenfalls vom Hörensagen kannte, hatte sich vorstellen können, daß irgendein Mensch bereit sein konnte, in einer solchermaßen spartanischen Behausung zu leben. Dazu war der Gestank nach Fäulnis und allen möglichen anderen Dingen gekommen, so übel, daß jeder Atemzug Überwindung kostete.
    Seine nächste Entdeckung hatte Levar
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