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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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Liebe. Sie werden das ausgesuchte Vergnügen haben, der großen Schlange geopfert zu werden!«, tönte er salbungsvoll und stützte sich auf seinen Stab, der ebenfalls von einem Widderkopf gekrönt war.
    »Nein!«, keuchte Lennard, und Leo legte ihm mahnend die Hand auf die Schulter.
    »Vorher ist er tot!«, flüsterte er.
    »Wo bleiben Fra Apis und Fra Sobek?«
    »Es war ein entsetzliches Gedränge. Vielleicht schaffen sie es nicht.«
    Doch in diesem Augenblick öffnete sich die andere Tür, und der Stierköpfige und der mit dem Krokodilskopf traten ein.
    »Seht, wen wir getroffen haben, Fra Chnum. Sie sagt, sie wird zu dieser außergewöhnlichen Feier für uns tanzen!«
    Crausen fuhr herum und sah die schwarz verhüllte Gestalt, die zwar die Kapuze zurückgeworfen hatte, aber sonst noch nichts von ihrer Gewandung zeigte. Ihr golden geschminktes Gesicht mit den
schwarz umrahmten Augen wirkte wie das einer königlichen Statue. Naheema verschmolz mit den Schatten und begann, leise die Trommel zu schlagen.
    »Es passt heute nicht recht!«, wehrte Crausen ab, aber seine Gefolgsleute starrten die schöne Ägypterin bereits wie gebannt an. Sie schritt zu dem Alter und ließ den Umhang von den Schultern gleiten. Ein Aufseufzen ging durch die Anwesenden, als sie die goldene, kaum verhüllte Gestalt sahen, die langsam mit schlangengleichen Bewegungen zu dem Trommelrhythmus zu tanzen begann.
    Leo wusste nur zu gut, welche Wirkung ihr Tanz haben konnte, aufreizend und beschwörend wirkte sie, und die Schlange um ihren Hals erhöhte den exotischen Reiz. Leonie saß etwas abseits, und tatsächlich würden die schwarz gekleideten Kinder kaum bemerkt werden, wenn sie sich tief am Boden hielten. Er wartete noch eine Weile, bis er sicher war, dass Camilla die Aufmerksamkeit völlig auf sich gezogen hatte. Dann flüsterte er: »Kriecht zu Leonie. Wie die Schlangen. Fesseln losschneiden. Dann versucht, sie hierher zu bringen.«
    Auf dem Bauch liegend rutschte Ursel über den Boden, Lennard folgte ihr auf dieselbe Weise. Sie wussten, dass Camilla sie gesehen hatte, denn die Trommel wurde jetzt lauter und ihre Bewegungen lockender, ekstatischer.
     
    Leonie hatten an kaum etwas anderes denken können als an ihre Dummheit. Selma, die dumme Gans, hatte sich vermutlich von Sonia benutzen lassen, um sie von Leo fortzulocken. Als die Decke über sie fiel, war die Angst gekommen, und sie hatte alle Mühe gehabt, nicht laut zu schreien. Es hätte in all dem Lärm um sie herum nichts genützt und wäre nur eine Kraftverschwendung gewesen. Sie bemühte sich stattdessen um klares Denken. Leo würde sie über kurz oder lang vermissen, er würde ahnen, was passiert war und ihr zu Hilfe kommen. Aber sie musste Zeit gewinnen. Doch das war schwierig, zwei starke Männer hatten sie überwältigt. Zwar hatte sie sich mit aller Gewalt gewehrt, getreten und gestrampelt, als sie sie aufhoben, und sie hatte versucht, sich zu entwinden, als sie ihr im Keller die Decke abnahmen. Sie hatte den widerlichen Nikodemus von der Lundt herzhaft gebissen, aber zu schnell hatten sie ihr den
Knebel umgelegt und Hände und Füße gefesselt. Jetzt blieb noch die Chance, Zeit zu gewinnen, wenn sie weiß Gott was mit ihr anstellen würden.
    Sie hatte sich zusammengerissen, während sie verkrümmt und mit schmerzenden Gelenken auf dem Boden des widerlichen Kellers gelegen hatte, den sie aus den Beschreibungen der Zwillinge recht gut kannte. Sie wusste genau, wo sie war, und sie wusste, wer sich unter den hässlichen Masken verbarg. Mühsam versuchte sie, das zu verdrängen, was diese Unmenschen vermutlich mit ihr vorhatten. Sie lenkte all ihre Gedanken hin zu Leo, während Crausen den Altar aufbaute, die goldene Schlange im Fackelschein zu schimmern begann und ein Maskierter nach dem anderen eintraf.
    Sie hielt sich ruhig, aber als sie Camilla in den Raum treten sah, wäre sie vor Erleichterung beinahe in Ohnmacht gefallen. Sie hatte die Schlange, die sie Renenutet, die Herrin des Schicksals nannten, um den Hals gelegt, also war sie im Haus gewesen. Leo war nahe. Und - Leo war in Gefahr. Denn ihn wollte Crausen, nicht sie.
    Nun tanzte die Almeh, und vermutlich sabberten die Männer unter ihren Masken vor Gier. Denn was Camilla ihnen zeigte, war kein kultivierter Tanz mehr, es war eine bodenlos unzüchtige und schamlose Darstellung erotischster Verheißungen.
    Trotzdem war auch Leonie fasziniert, und beinahe merkte sie nicht, wie die Fesseln von ihren Handgelenken fielen und
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