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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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Onkel Sven, Tante Leonie ist fort!«
    »Was, Junge? Oh, sie wird von den Herren verdeckt sein.«
    »Nein, ich hab’s auch gesehen, sie ist von der Tribüne runtergegangen!«

    Ursel war so aufgeregt, dass sie die Dame neben sich am Ärmel zupfte.
    »Frau Jacobs, Tante Leonie ist da runtergegangen, ich sehe sie nicht mehr!«
    Camilla hob ihr Opernglas und suchte das Gewimmel ab.
    »Verdammt!«, murmelte sie und dreht sich zu Edith um. »Fräulein Becker, eine resolute Dame hat es möglicherweise leichter, durch die Menschen zu kommen. Holen Sie Leo, er soll so schnell es geht zu mir nach Hause kommen. Und halten Sie, wenn möglich, den Professor Giesen auf. Das ist der fette, grauhaarige Mann mit dem Orden.«
    Edith setzte bereits ihre Ellenbogen ein.
    »Sven, da vorne steht der Apotheker Gerlach. Stellen Sie ihm ein Bein oder brechen Sie ihm einen Arm, aber halten Sie ihn fest. Wenn das nicht geht, folgen Sie ihm. Er wird in die Budengasse wollen.«
    »Schon dabei!«
    »Ursel, Lennard, bleibt dicht bei mir. Jacobs, meine Freundin hat einen Unfall gehabt. Ich muss ihr helfen. Fragen Sie bitte nicht weiter, vertrauen Sie mir. Und wenn möglich, halten Sie diesen feisten Pfarrer Wiegand dort drüben auf. Wenn das nicht geht, folgen Sie ihm und drehen Sie ihm dann kurzerhand das Genick um.«
    »Liebste Camilla, zu Diensten. Dem Wiegand hätte ich schon lange gerne den Stiernacken gebrochen, auf Ihren Wunsch wird es mir ein besonderes Vergnügen sein.«
    Lennard und Ursel klammerten sich aneinander, während Camilla sie aus dem Gedränge schob. Erleichtert atmeten sie auf, als sie vor dem Bahnhof standen. Hier war es auch noch voll, aber man konnte mit raschen Schritten vorankommen. Ihr Kutscher wartete etwas seitab in einer Nebenstraße, und mit einem herrischen Wink gab sie ihm zu verstehen, er möchte sich in Bewegung setzen.
    »Lennard, Ursel, hat Leonie die Schlange fertig gemacht?«
    »Ja, Frau Jacobs.«
    »Wir fahren in der Hohen Straße vorbei. Wie schnell kannst du dir Lennards Hosen anziehen, Ursel?«
    »So schnell wie nötig. Ich habe selber Reithosen.«
    »Noch besser. Schwarze Jacken, wenn ihr habt.«
    »Ja, Frau Jacobs. Was tun sie mit Tante Leonie?«

    »Ich fürchte, sie bringen sie in diesen Keller in der Budengasse.«
    »Ja, bestimmt. Oh Gott!«
    Lennard zitterte so sehr, dass ihm die Zähne aufeinanderschlugen.
    »Mut, Zwillinge. Wir sind ihnen voraus - sie ahnen nicht, dass wir wissen, wo sie sind. Und sie werden ihr nichts tun, denke ich, solange sie nicht alle zusammen sind.«
    Zum Glück war wenig Betrieb auf den Straßen, ganz Köln feierte die neue Eisenbahn. Die Kinder stürmten ins Haus, Ursel riss sich schon während des Laufens das Kleid von den Schultern und ließ es auf der Treppe liegen, Lennard raste ins Mansardenzimmer, um die Schlange zu holen. In Windeseile hatten sie sich umgezogen und liefen mit fliegenden Jacken zurück zur Kutsche, wobei Ursel der aufgebrachten Jette sogar noch den Ellenbogen in den Magen rammen musste, damit sie sie durchließ.
    »Ihr seid wunderbar. Und nun los. Komm Ursel, ich helfe dir, die Jacke zuzuknöpfen. Lennard, wie funktioniert die Schlange?«
    »Man zieht sie mit dem Schlüssel hier hinter dem Kopf auf, dann fängt sie an, sich zu winden und hebt zum Schluss den Kopf ein Stück. Mehr haben wir nicht hinbekommen.«
    »Das reicht völlig. Sie sieht sehr lebensecht aus.«
    »Was machen wir damit?«
    Ursel und Lennard sahen sie mit großen, angstvollen Augen an. Aber ihre resolute Art, Maßnahmen zu ergreifen, machte ihnen ein wenig Hoffnung.
    »Ich werde mich umziehen und sie mir um den Hals legen, dann fahren wir zur Budengasse. Ich gehe oben rein, sie kennen mich. Ihr schleicht euch durch den Keller und beobachtet. Ich lenke sie ab - der Rittmeister hat eine panische Angst vor Schlangen! Ihr versucht, Leonie zu befreien, wenn das Durcheinander groß genug ist. Nichts anderes!«
    »Was ist, wenn …«
    »Darauf können wir jetzt keinen Gedanken verschwenden. Oh, gut, euer Onkel ist schon eingetroffen!«
    Leo wartete an der Tür und half Camilla aus dem Wagen. Die Kinder sprangen hinterher.
    »Was hast du vor?«

    »Einen kleinen, spektakulären Auftritt. Folgt mir, rasch!«
    In dem Boudoir bat sie Ursel um Hilfe beim Ablegen ihres Kleides, bat Naheema, ihr goldenes Gewand und ihre Trommel zu holen, während sie zuhörte, was Leo zu sagen hatte.
    »Es muss geplant gewesen sein, ich sah in der Menge Sonia und Lundt verschwinden. Der Professor scheint
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