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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte
Autoren: Doris Rawolle
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»Großartig …! Einfach wunderbar!« Sie hakte sich bei ihm unter. »Komm, diese Neuigkeit müssen wir sogleich Ernst erzählen. Er wird inzwischen an der Anlegestelle angekommen sein.«
    Einträchtig Arm in Arm, wie noch nie vorher in ihrem Leben, liefen sie zum Strand hinab. Doch so sehr sie auch Ausschau hielten, von Ernst war weit und breit nichts zu sehen.
    »Wahrscheinlich ist er erst noch wo anders hingegangen. Na ja, dann eben nicht«, lachte sie und drückte sich vergnügt an ihn. »Was ist nun, wie geht es Franziska und Arne? Die beiden haben ja auch nie Zeit.«
    Er zuckte schwach die Schultern. »Gut, denke ich. Und natürlich soll ich herzliche Grüße von ihnen ausrichten. Aber du weißt ja, Arne ist so gut wie nie zu Hause.«
    Ruckartig blieb Dagmar vor ihm stehen und sah ihn mit ihren ausdrucksvollen, gelbbraunen Augen zweifelnd an. »Und das findet ihr schön?! Ehrlich gesagt, für mich wäre das nichts. Wie Franziska das über die vielen Jahre hin ausgehalten hat – ich begreife das nicht!«
    »Gott, sie wird sich halt daran gewöhnt haben. Außerdem hat sie die Kinder, die sie auch jetzt noch häufig besuchen kommen. Und dann ihr reges gesellschaftliches Leben, das garantiert keine Langeweile aufkommen ließ.«
    »Hm, na schön«, murmelte sie nicht sonderlich überzeugt.
    Und Knut spürte sehr wohl ihren Widerstand, ihre inneren Zweifel. Aber um sich nicht noch tiefer in diese Problematik hineinziehen zu lassen, wechselte er das Thema und fragte: »Hast du vielleicht eine Ahnung was mit Max los ist? Er war neulich am Telefon so merkwürdig kurz angebunden, als wenn er auf irgendetwas sauer wäre.«
    Sie lachte. »Nun ja, höchstwahrscheinlich auf seinem Jüngsten. Der soll ihm angeblich viel Kummer bereiten, was ich aber auch nur von Mutter weiß. Genaueres konnte sie mir darüber auch nicht sagen, da man ihr die wahren Gründe wohlweislich verheimlicht.«
    »O je, da ist es wohl auch nicht ratsam sie zu besuchen?«
    »Wolltest du denn?«, tat sie verwundert.
    »Ja, schon. Ich hatte einige Tage dafür eingeplant, da ich noch zwei Wochen Urlaub zur Verfügung habe.«
    Sie überlegte einen Augenblick, dann sagte sie gelassen: »Warum eigentlich nicht, Mutter wird sich bestimmt furchtbar freuen.«
    »Und ihr, noch immer das verwunschene Paar?«
    »Sicherlich, getreulich nach dem Motto; je älter, je toller«, gab sie vergnügt zurück.
    Doch ihm war nicht entgangen, dass sie ihm zum zweiten Mal ihres kurzen Wiedersehens, verdutzt von der Seite her ansah. Nun stupste sie ihn neckend am Arm an. »Solche Fragen hast du doch noch nie gestellt? Im Gegenteil, bei dir hatte man immer das Gefühl, dass es auf der Welt nur dich und deine Interessen gibt.«
    Sichtlich erschrocken über diese Offenheit senkte er den Blick. So deutlich hatte ihm das noch niemand gesagt. Einen Augenblick lang verdüsterte sich sogar sein Gesicht. Doch dann hob er lächelnd den Kopf und sagte fast demütig: »Das scheint das Alter zu sein.«
    Sie lachte schallend auf. »O ja, Knut, genau das wird es sein!«
    »Ich sehe schon, du nimmst mich, genau wie früher schon, einfach nicht ernst, dabei ist …« Er winkte verächtlich mit der Hand ab. »Ach ich weiß auch nicht …« Und nach kurzer Pause: »Aber meinst du nicht auch, dass das Alter mitunter ganz andere Prioritäten setzt? Das sich fest umrissene Konturen plötzlich verschieben, ja sich teilweise ganz aufheben?«
    »Hör auf, hör auf!«, rief sie mit entsetzt erhobenen Armen. »Allmählich wirst du mir immer unheimlicher!« Sie blieb vor ihm stehen und betrachtete ihn ausgiebig von oben bis unten. »Außer dass du schlanker geworden bist – nun gut, auch die Haare etwas schütterer geworden sind, scheint sonst noch alles in Ordnung zu sein. – Aber Spaß beiseite, so gefällst du mir entschieden besser. Nicht mehr dieser abgehobene, stets über den Dingen schwebende, unverletzbare Mensch.«
    Doch da sie inzwischen am Haus angekommen waren, wo Ernst sie bereits an der offenen Tür erwartete, blieb ihm eine weitere Antwort erspart.
    Die allgemeine Begrüßung verlief in gewohnt heiterer Herzlichkeit, so als seien sie von jeher die innigsten Freunde gewesen. Im Grunde war ja auch nichts Nachteiliges zwischen ihnen vorgefallen – höchstens, dass der allgemeinen Fremdheit. Denn ebenso gut hätten sie sich heute zum ersten Mal begegnen können und alles wäre genauso gewesen.
    »Ich schätze, du wirst erst einmal dein Zimmer in Augenschein nehmen wollen?«, fragte ihn
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