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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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verengte sich der Weg, und die beiden Männer mussten hintereinandergehen. » Am Ende lief alles wie geschmiert. Meisner hatte den Totenschein ausgefüllt, Crane war fest eingewickelt, mit einem Loch im Stoff, damit er Luft bekam, Wally brachte ihn nach unten in den Krankenwagen, und um sechs Uhr früh war der alte Mann aus dem Haus, unterwegs in sein neues Leben.«
    » Sein neues Leben«, murmelte Gaddis. Er schaute hinauf in den sich verdunkelnden Himmel und fragte sich, nicht zum ersten Mal, ob er Edward Anthony Crane je zu Gesicht bekommen würde. » Und das war’s?«
    » So gut wie.« Somers wischte sich im schwindenden Licht die Nase. » Acht Tage später blätterte ich in der Times und entdeckte einen Nachruf auf einen gewissen › Edward Crane‹. Er war nicht lang. An den rechten Rand einer Seite gequetscht, gleich neben einem französischen Politiker, der während der Suezkrise irgendwelche Scheiße gebaut hatte. Crane wurde als » begnadeter Karrierediplomat« beschrieben. 1916 geboren, Marlborough College, danach Cambridge, Trinity College. Versetzungen nach Moskau, Buenos Aires, Berlin. Nie verheiratet, kinderlos. Im St. Mary’s Hospital in Paddington › nach langem Kampf gegen den Krebs‹ verstorben.«
    Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt. Sie kamen an einer Schleusenanlage vorbei, und Gaddis steuerte auf ein Pub zu. Somers strich sich mit der Hand durchs Haar.
    » Also, Professor, so ist das gewesen«, sagte er. » Edward Crane war ein toter Mann, und er war kein toter Mann. Edward Crane war am Leben und lebte auch wieder nicht. So ist das gewesen.«
    Das Pub war brechend voll.
    Gaddis ging an die Bar, um zwei Pint Stella Artois, ein Päckchen Erdnüsse und einen doppelten Famous Grouse zu bestellen. Somers hatte ihm nur die paar Münzen in der Hosentasche gelassen, deshalb musste er beim Barkeeper mit der EC -Karte bezahlen. In der Jackentasche fand er den Zettel, auf dem Passwörter und PIN -Nummern notiert waren, und der Barkeeper pfiff durch die Zähne, als Gaddis die Zahlen eintippte. Somers war noch auf der Toilette, Gaddis kippte den Whisky in einem Schluck hinunter und suchte ihnen einen Tisch im hinteren Teil des Lokals, wo er die schlotternden Raucher, die sich draußen zusammendrängten, beobachten und sich einreden konnte, dass es richtig gewesen war, damit aufzuhören.
    » Hab Ihnen ein Stella mitgebracht«, sagte er, als Somers an den Tisch trat. Einen Moment sah es aus, als wollte er sich nicht setzen, aber Gaddis schob ihm das Glas hin und sagte: » Erdnüsse.«
    Es war kurz nach sechs. An einem Dienstagabend in West Hyde. Angestellte, Sekretärinnen, Vorstadtbewohner. Aus der Jukebox schmachtete Andy Williams. Neben einem Dartboard in der gegenüberliegenden Ecke des Raums verkündete ein orangerotes, an die Wand getackertes Plakat: MITTWOCH CURRY NIGHT . Gaddis zog die Cordjacke aus und hängte sie über die Armlehne des Nachbarstuhls.
    » Und was ist danach passiert?«
    Er wusste, dass es Somers gefiel, im Mittelpunkt zu stehen, der Mann mit den brisanten Neuigkeiten zu sein. Der Krankenpfleger – Oberkrankenpfleger, darauf legte er sicher Wert – setzte wieder das süffisante Lächeln auf und nahm einen tiefen Zug aus seinem Bierglas. Die Wärme des Pubs schien seine Selbstgefälligkeit zurückgebracht zu haben; als bereute er seine Offenheit am Kanal. Immerhin verfügte er über Informationen, die Gaddis benötigte. Sie waren bares Geld wert.
    » Was danach passiert ist?«
    » Ja, Calvin. Danach.«
    Somers lehnte sich in seinen Stuhl zurück. » Nicht viel.« Er schien die Antwort zu bedauern und drückte sich anders aus, effektvoller. » Ich hab den Krankenwagen hinterm Postamt um die Ecke biegen sehen, noch schnell eine geraucht, dann bin ich wieder reingegangen, mit dem Aufzug zu Cranes Zimmer hochgefahren, hab aufgeräumt, den Beutel und den Katheter weggeworfen und den Arztbericht in die Registratur runtergeschickt. Vermutlich können Sie ihn dort heute noch einsehen. Soweit es das Krankenhaus betrifft, war ein sechsundsiebzigjähriger Krebspatient mit Leberversagen eingeliefert worden und in der Nacht gestorben. Nichts Außergewöhnliches. Es war ein neuer Tag, eine andere Schicht. Das Leben ging weiter.«
    » Und Crane?«
    » Was ist mit ihm?«
    » Sie haben nie wieder von ihm gehört?«
    Somers schaute, als sei ihm eine idiotische Frage gestellt worden. Genau das war das Kreuz mit diesen Verstandesmenschen. Sie hatten keinen.
    » Warum hätte ich von ihm hören
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