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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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Stockente flog vom Kanal auf, flinke Flügel versprühten Tropfen, als sie sich der Sonne entgegenschwang. » Er wurde auf einer Bahre hereingebracht, nicht bei Bewusstsein, um kurz nach zehn am Abend des dritten Februar. Ich hab ihn gleich übernommen. Ich bin immer gleich zur Stelle. Sie rollten ihn an der Notaufnahme vorbei in eines der Privatzimmer außerhalb der Station. Auf dem Blatt stand, dass er keine Angehörigen hätte und im Fall eines Herzstillstands nicht reanimiert werden sollte. Nichts Ungewöhnliches bei einem alten Mann mit Pankreaskarzinom im Endstadium. Lebenserwartung wenige Stunden, Leberinsuffizienz, Toxikose. Das war jedenfalls die Geschichte, für deren Verbreitung wir das Geld vom MI 6 bekommen haben.«
    Somers zielte mit dem halbgegessenen Apfel auf eine im Kanal treibende Plastikflasche und verfehlte sie um einen knappen Meter.
    » Sobald ich Crane oben im Zimmer hatte, hab ich ihn an den Tropf gehängt. Isotonische Kochsalzlösung, Amikacin, ein Beutel Flüssigkeit, alles reine Zeitverschwendung. Ich hab ihm sogar einen Katheter gelegt. Damit alles schön koscher aussah, falls jemand vom Personal seinen neugierigen Kopf zur Tür hereinsteckte.«
    » Und? Hat irgendjemand Crane gesehen?«
    Somers kratzte sich am Hals. » Nee. Gegen zwei Uhr nachts hat Meisner den Pfarrer gerufen. Das war Teil des Plans. Pater Brook. Er war vollkommen arglos, ist zu ihm rein, hat ihm die letzte Ölung verabreicht und ist wieder gegangen. Kurz darauf kam Henderson und hat seine kleine Rede gehalten.«
    » Was für ’ne Rede?«
    Somers legte eine Pause ein. Er suchte selten Blickkontakt, aber jetzt tat er es, und er schlug einen schneidenden Ton an, der offenbar Hendersons patriarchalische Art zu reden imitieren sollte.
    » ›Von nun an ist Edward Crane faktisch tot. Ich danke Ihnen allen für das bisher Geleistete, auch wenn der Großteil der Arbeit noch vor uns liegt. ‹ «
    Ein Mann kam ihnen auf dem Treidelpfad entgegen, ein rostiges Fahrrad vor sich herschiebend. Er tappte an ihnen vorbei in die Dämmerung.
    » Wir waren alle da«, erzählte Somers. » Waldemar, Meisner, Forman. Meisner sah aus, als müsste er kotzen, so nervös war er. Waldemars Englisch war nicht besonders, er schien noch gar nicht kapiert zu haben, auf was er sich eingelassen hatte. Ich glaube, der hatte nur das Geld im Kopf. Und mir ging es ähnlich. Zwanzig Riesen waren 1992 ein Haufen Asche für einen achtundzwanzigjährigen Krankenpfleger. Was glauben Sie, was wir unter den Tories verdient haben?«
    Gaddis ging nicht darauf ein. An einer Diskussion über unterbezahlte Krankenpfleger hatte er kein Interesse. Er wollte das Ende der Geschichte hören.
    » Also, Henderson zog schließlich eine Checkliste aus der Tasche und ging die Punkte ab. Zuerst fragte er Meisner, ob er den Totenschein unterschrieben habe. Meisner nickte und tippte an den Stift hinter seinem Ohr, als wäre das der Beweis. Ich bekam den Auftrag, zurück zu Crane ins Zimmer zu gehen und ihn zu verpacken. › Waschen ist nicht nötig‹, sagte Henderson. Waldemar – den wir Wally nannten – fand das aus irgendeinem Grund komisch, und wir durften ihm beim Lachen zusehen, bis Henderson ihn anfuhr, dass er sich gefälligst zusammennehmen und eine Bahre organisieren sollte, damit man den alten Mann runter zum Krankenwagen bringen konnte. Ich kann mich nicht erinnern, dass Henderson etwas zu der Forman gesagt hat, solange wir dabei waren. Also fragen Sie mich nicht, was er mit ihr vereinbart hat. Wahrscheinlich hat er sie gebeten, irgendeine andere Leiche aus der Pathologie herzunehmen, vielleicht einen Penner aus der Praed Street ohne Ausweis, ohne Vergangenheit. Anders ging es ja nicht. Sie brauchten einen richtigen Toten.«
    » Das ist interessant«, antwortete Gaddis, nur um etwas zu sagen. » Sehr interessant.«
    » Ja, bei mir kriegen Sie was für Ihr Geld, oder, Professor?« Somers setzte ein blasiertes Lächeln auf. » Das Problem war, dass wir uns auch um die anderen Patienten kümmern mussten. Es war ein normaler Montagabend. Da konnte nicht einfach alles zum Stillstand kommen, nur weil der MI 6 im Haus war. Meisner war Oberarzt dort, er wurde ständig irgendwo gebraucht. Einmal hab ich ihn anderthalb Stunden am Stück nicht zu sehen bekommen. Auch Wally hatte überall im Haus zu tun, genau wie ich. Und ganz nebenbei musste ich die anderen Pfleger von Cranes Zimmer fernhalten. Sonst hätten die womöglich noch Lunte gerochen.« Auf Höhe eines Schleppkahns
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