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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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entgegen, und während er noch versuchte, den Leuten klarzumachen, dass Russland auf dem Weg zurück in den Totalitarismus war, dachte er schon darüber nach, wie er das Mädchen in den Stiefeln davon überzeugen konnte, nachher mit ihnen zum Essen zu gehen.
    Es stellte sich heraus, dass es gar nicht nötig war. Die Reihen der Gäste hatten sich schon gelichtet, als sie an der provisorischen Bar an ihn herantrat und ihm die Hand entgegenstreckte.
    » Holly Levette.«
    » Sam.« Ihre Hand war schlank, fast an jedem Finger trug sie Ringe. Sie war schätzungsweise achtundzwanzig und hatte große blaue Augen. » Sie sind der verspätete Gast.«
    Ihr Lächeln zeugte von ehrlicher Verlegenheit. Über dem rechten Wangenknochen hatte sie eine kleine Narbe, die ihm gefiel. » Sorry, die U-Bahn hatte Verspätung. Ich hoffe, ich habe nicht zu sehr gestört.«
    Sie bewegten sich fort von der Bar.
    » Aber woher.« Er überlegte, was sie wohl beruflich machte. Etwas Künstlerisches? Kreatives? » Sind wir uns schon mal begegnet?«
    » Nein, nein. Ich hab Ihren Artikel im Guardian gelesen und wusste, dass Sie heute Abend hier lesen. Ich habe etwas, das Sie vielleicht interessiert.«
    In der Abteilung für Reiseliteratur fanden sie ein stilles Eckchen. Aus den Augenwinkeln erkannte Gaddis, dass jemand versuchte, ihn auf sich aufmerksam zu machen.
    » Um was für ein Etwas handelt es sich?«
    » Also, meine Mutter ist kürzlich gestorben.«
    » Das tut mir leid.«
    Holly Levette machte keinen sonderlich trostbedürftigen Eindruck.
    » Sie hieß Katya Levette und hat bis zu ihrem Tod an einem Buch über die Geschichte des KGB gearbeitet. Ein Großteil der Dokumente stammt aus Quellen des russischen und britischen Geheimdienstes. Ich mag ihr Material nicht einfach wegwerfen. Vielleicht schauen Sie einfach mal, ob Sie etwas davon gebrauchen können.«
    Das konnte natürlich eine Falle sein. Eine bösartige Quelle im MI 6 oder dem russischen FSB missbraucht einen britischen Historiker zu Propagandazwecken. Wieso macht die Frau sich auf den weiten Weg zu diesem Buchladen? Wieso ruft sie ihn nicht einfach im UCL an oder schickt eine E-Mail an seine Website? Andererseits erschien eine Sexfalle ihm nicht sonderlich wahrscheinlich. Ein Spion, der einen Skandal braucht, auf Schlagzeilen aus ist, macht sich an einen Antony Beevor oder Sebag Montefiore heran, an einen Andrew oder West. Außerdem hätte Gaddis nach fünf Minuten sagen können, ob es sich um authentisches Material handelt. Er hatte sein halbes Leben in den Museen von London, Moskau und St. Petersburg verbracht. Historische Archive waren sein Zuhause.
    » Sicher, ich schau es mir gerne an. Es freut mich, dass Sie an mich gedacht haben. Wo sind die Dokumente?«
    » In meiner Wohnung in Chelsea.«
    Mit einem Schlag wechselte der Ton der Unterhaltung. Plötzlich schaute Holly Levette Dr. Sam Gaddis mit dem Blick der unternehmungslustigen Studentin an, die mit einem attraktiven Dozenten jenseits der Vierzig Unartiges im Schilde führt. Womöglich warteten in ihrer Wohnung in Chelsea noch ganz andere Dinge als staubfangende Aktenordner über den KGB .
    » In Ihrer Wohnung in Chelsea«, wiederholte Sam. Noch während er einen Schluck Wein trank, wehte ihr Parfüm ihm in die Nase. » Am besten ich notiere mir gleich mal Ihre Nummer.«
    Sie lächelte, hatte Spaß an dem Spiel gefunden und legte ein Versprechen in den Blick ihrer großen blauen Augen. Aus der Hüfttasche ihrer engen Bluejeans brachte Holly Levette ein Visitenkärtchen zum Vorschein und drückte es ihm in die Hand. » Rufen Sie mich an, sobald Sie Zeit haben«, schlug sie vor. » Dann besprechen wir, wann Sie bei mir vorbeikommen und die Sachen abholen, okay?«
    » Gute Idee.« Gaddis warf einen Blick auf die Karte. Es stand nichts darauf außer ihrem Namen und der Telefonnummer. » Ihre Mutter hat über die Geschichte des sowjetischen Geheimdienstes recherchiert, sagen Sie?«
    » Des KGB , ja.«
    Eine Pause. Ihm fielen so viele Fragen ein, dass er besser schwieg; sie wären nie fertig geworden, wenn er erst einmal angefangen hätte. Neben Gaddis war inzwischen ein Kollege vom UCL aufmarschiert und starrte Holly mit nicht zu übersehender Hingabe in den Ausschnitt. Gaddis machte sich nicht die Mühe, sie vorzustellen.
    » Ich muss los«, sagte sie, berührte kurz seinen Arm und trat einen Schritt zur Seite. » Ich freue mich sehr, Sie kennengelernt zu haben. Ihr Vortrag war fantastisch.«
    Er schüttelte ihr nochmals die
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