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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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hatte mich mit der primitiven Rechnung zufriedengegeben, welche Strecke das Flugzeug nach unserer Warnung noch hatte zurücklegen können, und hatte als abzusuchendes Gebiet den Kreis mit dieser Strecke als Radius in die Karte eingezeichnet.
    »Hast du die Wetteraufzeichnungen von heute mittag da?« fragte ich. Inge reichte sie mir wortlos. Ich trug Windrichtung und -geschwindigkeit in die Karte ein. Wenn das Flugzeug – wie wir jetzt wußten – direkt von Kairo kam und zu uns wollte, mußte es sich der Felsengruppe von der Seite genähert haben, die unserem Lager direkt entgegengesetzt lag. »Sag mal«, fragte ich Inge, »ist das möglich, daß die Felswand unseren Sender abgeschirmt hat, so daß der Pilot den Warnspruch erst empfangen konnte, als er aus einem gewissen toten Winkel heraus war?«
    »Möglich ist viel«, antwortete sie, »sicher ist das möglich. Warum?«
    »Ich weiß noch nicht, warte mal – toter Winkel…« Mir war ein Gedanke gekommen. Wir hatten während der Explosion mit unserem Wagen hinter einer Ecke der Felswand gestanden. Es hätte dann also so sein müssen, daß der Pilot zu diesem Zeitpunkt aus dem toten Winkel des Senders herauskam und in den toten Winkel der Detonationswelle hineinflog. Wenn der aber genügend schmal ist, treten darin manchmal örtlich begrenzte Wirbel auf, die viel höhere Druck- und Sogkräfte entwickeln, als in der unmittelbaren Umgebung herrschen. Das wäre auch eine Erklärung für den Unfall. Aber dann…
    Ich zeichnete in die Karte den Kurs ein, den das Flugzeug unter diesen Voraussetzungen ungefähr gehabt haben mußte. Das Suchgebiet engte sich dadurch um neun Zehntel ein. Die vermutliche Landungsstelle lag dem Streifen, den wir bisher abgesucht hatten, genau gegenüber.
    Ich ließ den Motor an und rief die Zwillinge im anderen Wagen. Mit ein paar hastigen Sätzen erklärte ich ihnen die Sachlage. Dieses kleine Gebiet konnten wir im Laufe der Nacht absuchen.
    Gegen drei Uhr fanden wir das Flugzeug. Es lag auf dem Rücken. Den Piloten sahen wir nicht sofort. Er hatte sich etwa zehn Meter abseits niedergelegt, den Kopf unter der Jacke verborgen, die über ein paar Trümmerstücke als notdürftiger Sonnenschutz gespannt war. In Reichweite neben ihm lagen Signalraketen. Er lebte, war aber bewußtlos.

Die Terrasse
    Wir hatten unseren Lagerplatz schon wieder erreicht und das Wohnzelt aufgebaut, als Achmed zu sich kam. Selbstverständlich hatten wir ihn an Ort und Stelle untersucht, hatten aber bis auf eine Beule am Kopf und einige kleinere Prellungen und Abschürfungen keine Verletzungen feststellen können. Wahrscheinlich war er mit einer leichten Gehirnerschütterung davongekommen. Die Hubschrauber, die wir gegen Morgen erwarteten, würden ja einen Arzt mitbringen, und der würde dann das Weitere veranlassen.
    Nun, da der Verunglückte geborgen war und feststand, daß uns keine Schuld an diesem Unfall traf, schlug meine Stimmung um, und ich muß gestehen, daß ich fast ein wenig ärgerlich war über den Mann, der uns diese Aufregungen beschert hatte. Aber das war wie weggewischt, als Achmed die Augen aufschlug.
    Ich hatte es bis dahin immer für poetische Umschreibung gehalten, wenn ich irgendwo von sprechenden, zwingenden, unergründlichen oder sonst etwas ausdrückenden Augen las. Augen sind Augen – auf das Gesicht kommt es an. Aber hier erlebte ich, daß ich unrecht gehabt hatte, so zu denken.
    Achmed hatte, so wie er dalag, ein Dutzendgesicht. Aber als er die Augen aufschlug, belebte sich dieses Gesicht, strahlte plötzlich Energie, Feuer, Klugheit aus, ohne daß sich auch nur ein Zug darin veränderte.
    Dann aber lächelte er. »Hab’ ich euch Ärger gemacht?« fragte er zu unserer Überraschung in fließendem Deutsch.
    »Nicht der Rede wert!« sagte Inge beruhigend. »Gegen Morgen kommt der Arzt. Haben Sie große Schmerzen?«
    Er schüttelte den Kopf, verzog aber dann das Gesicht.
    »Nein? Das ist gut!« sagte Inge, als ob sie es nicht gesehen hätte. »Ich werde Ihnen eine Beruhigungstablette geben, das kann nie schaden, und Sie werden jetzt auch nicht mehr sprechen, sondern schlafen!«
    »Sie haben gesprengt?« fragte Achmed langsam. Offensichtlich strengte ihn das Sprechen doch an.
    »Ja«, sagte Inge, »Ihr Funkspruch kam zu spät. Aber das werden Sie alles noch erfahren. Jetzt…«
    »Ich werde Ihre Anweisung mit Vergnügen befolgen, wenn Sie mir versprechen, am Ort der Sprengung nichts zu verändern, bis ich…« Er war verstummt.
    Inge sah mich
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