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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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lassen, ein bißchen wegen des erwähnten Abenteuers, aber hauptsächlich deshalb, weil ich gerade etwas hinter mir hatte, etwas – na ja, also das, was man eine Enttäuschung nennt. Aus diesem Grunde war ich auch gar nicht sehr erfreut, als man mir meine Mannschaft vorstellte und sich darunter eine Frau befand. Ihr habt sie ja schon gesehen, es war Inge, damals noch Studentin im letzten Studienjahr. Sie studierte – ich will euch das Fremdwort ersparen, es ist mindestens drei Meter lang und bedeutet die Urbarmachung großer Landstriche, eine Wissenschaft, die damals gerade aufkam, als selbständiges Fach, meine ich, weil die Erdbevölkerung immer noch schneller wuchs, als man angenommen hatte.
    Kurz und gut, sie sollte bei mir ihr letztes Praktikum machen, und das gefiel mir nicht, denn wenn man gerade so etwas hinter sich hat wie ich, dann ist man mißtrauisch gegen alle Frauen, besonders, wenn sie schön sind. Aber dann sagte ich mir auch wieder: Sei nicht ungerecht – immer freundlich und drei Meter vom Leibe, das ist das beste Rezept!
    Der Rest der Mannschaft bestand aus den Zwillingen als Bohrspezialisten und mir als Sprengingenieur. Die Zwillinge waren ebenso unzertrennlich wie ähnlich, aber wenn man eine Weile mit ihnen gearbeitet hatte, konnte man sie schon ganz gut auseinanderhalten. Sie waren die reinsten Weltreisenden; wenn sie sich unterhielten, konnte das kein Mensch verstehen, weil sie sich einen Jargon zurechtgemixt hatten, zu dem mindestens zwölf Sprachen Wörter, Wendungen, grammatische Regeln und vor allem wohl auch Kraftausdrücke beigesteuert hatten. Waren sie irgendwo mit einer Arbeit fertig, nahmen sie am entgegengesetzten Ende der Welt eine neue auf. Sie hätten früher mal studieren wollen, erzählten sie mir bei Gelegenheit, aber daraus sei nichts geworden, weil jeder sich für ein anderes Fach interessiert habe; und da sie sich nicht trennen wollten, hätten sie es lieber sein lassen. Allerdings hatte ich nie den Eindruck, daß sie über dieses Mißlingen sonderlich betrübt gewesen wären.
    Unsere Aufgabe war denkbar einfach und doch großartig. Während an der Mittelmeerküste schon die Wellenkraftwerke, die Pumpstationen und die Entsalzungsanlagen gebaut wurden, während gleichzeitig abschnittsweise der Bau der Kanäle begann, sollten wir in der libyschen Wüste am Fuß einer Felsengruppe das Bassin für einen der im Durchschnitt 20 Quadratkilometer großen Seen aufsprengen.
    Unsere Ausrüstung war in zwei 10-t-Katamarangleitern untergebracht, das sind diese Doppelrumpfwagen mit Wellpropeller, die in 5 bis 10 m Höhe fliegen, ein ideales Transportmittel für Wüsten und Steppen. Wenn alles ausgepackt und aufgebaut war, stellte der erste unser Hotel »Intertourist« und der zweite unser Baukombinat dar.
    Die Fahrt zu unserem Bestimmungsort wurde die unangenehmste meines Lebens – nicht die langweiligste, das würde nicht stimmen, aber die unangenehmste. Wir hatten von der Küste aus etwa 700 km südwärts zu fahren und wollten das in einer Nacht schaffen. Die Zwillinge blieben natürlich zusammen, und so hatte ich die blonde Schönheit als Beifahrer. Das verdarb mir schon von Anfang an die Stimmung, denn es ist doch so, fährst du mit einem Fachmann, dann habt ihr die ganze Nacht etwas zu erzählen: damals am Sambesi…, der Amu-Darja, der hatte es in sich…, dann kommst du auf gemeinsame Bekannte und auf die Arbeit zu sprechen, und du lernst was, und der andere lernt auch was, und schon ist es Morgen, und du bist am Ziel. Aber worüber sollte ich mich mit diesem Kücken unterhalten? Das wäre doch verdammt einseitig geworden, und zu guter Letzt hätte sie noch gedacht, ich wollte vor ihr protzen.
    Das kam also nicht in Frage. Süßholz zu raspeln lag mir gar nicht, aber andererseits – stumm wie ein Klotz dasitzen wollte ich auch nicht. Wer macht schon gern einen ungehobelten Eindruck!
    Und obwohl ich genau wußte, was passieren würde, wenn ich nicht die Unterhaltung eröffnen würde, fiel mir nichts Vernünftiges ein. So kam es denn, wie ich befürchtet hatte: Sie machte Ansätze, mich zu bemuttern, fragte, ob ich Kaffee wolle, ob ich Hunger habe und so weiter. Frauen, wenn sie nicht fachsimpeln können und Schönheit nicht haben oder nicht einsetzen wollen oder damit nicht landen, fangen immer an, einen zu bemuttern – das muß so eine Art ererbter Instinkt sein; ich muß sagen, ich hätte gar nicht mal etwas dagegen gehabt, wenn nicht meine jüngst Verflossene mich mit
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