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Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schädelring: Thriller (German Edition)
Autoren: Scott Nicholson
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    DER SCHÄDELRING
     
     
    1
     
    Ich habe die Tür abgeschlossen.
    Oder etwa nicht?
    Julia umklammerte den Türgriff mit schwitzender Hand. Das Klicken des Schlosses widerhallte in ihrem Schädel. Ob er wohl drinnen wartete, mit hasserfülltem Atem? Die Jahre fielen weg und für einen Augenblick war Julia wieder ein Kind. Ein angsterfülltes, kleines, hilfloses –
    Nein.
    Das war Memphis; dies ist Elkwood. Sie war die neue und gesündere Julia Stone, die Frau auf dem Weg zur Heilung. Eingebildete Unholde schlichen ihr nicht länger in den Gassen ihrer Fantasie nach. Dank Frau Dr. Foster.
    Sie warf einen Blick auf den Wald, dessen Bäume sich seit gestern scheinbar näher an das Haus herangeschlichen hatten. Die Schatten der Appalachen erstreckten sich wie Finger in das Land. Sie durchsuchte die Gegend nach etwas, das sich bewegte, nach einem Zeichen, dass Menschen sie beobachteten – dass er sie beobachtete.
    Julia stieß die Tür auf und spähte mit zugekniffenen Augen in die dunkle Kehle des Hauses. Niemand zu Hause, kein Grund zur Furcht. Es begrüßte sie lediglich das langweilige Muster ihrer Möbel. Nur ein ganz gewöhnlicher Tag in ihrem neuen normalen Leben.
    Ihre Hand griff jedoch automatisch in die Tasche und berührte die kühle Pfefferspraydose. Sie trat ins Haus und zwang sich, nicht zurückzuschauen. Wenn man geheilt war, kümmerte man sich nicht darum, was hinter einem lag. Nur Vorwärtsschreiten war wichtig. Garderobe, Polsterstuhl, Sofa, Fernseher. Noch einen Schritt vorwärts; etwas stimmte jedoch nicht mit dem Kaffeetisch.
    Zuerst glaubte sie, es seien kleine Schachteln mit Delikatessen schön der Reihe nach angeordnet – vielleicht Schokolade oder Kaviar. Ein kleines Geschenk von Mitchell, mit dem er sich für eine Kränkung entschuldigte. Aber wie kamen die Schachteln ins Haus?
    Sie näherte sich auf schwachen Beinen und umklammerte mit der Faust den Pfefferspray. Die Quadrate waren keine Schachteln. Sie berührte sie im Dämmerlicht, ließ die Finger über die erhöhten Oberflächen gleiten. Holzklötze aus einem Kinderbaukasten.
    Julia hob den nächstliegenden Bauklotz auf und ihr Atem stockte. Im schwachen Schein des Fensters erblickte sie den grausamen Haken, den scharfen Zahn.
    J.
    Sie legte den Klotz auf den Tisch zurück und warf einen Blick in den Hausflur. Nichts. Nur Schatten und Dunkelheit.
    Mit zitternden Händen hob sie den nächsten Klotz langsam auf und ließ ihn wieder fallen. Das Holz schlug klappernd auf der Tischoberfläche auf, überschlug sich und fiel unter das Sofa.  
    Sie brauchte den Buchstaben gar nicht erst zu lesen. Sie kannte ihn, und auf dem nächsten Block war derselbe drauf, auch auf dem übernächsten.
    U.
    Sie wischte die Blöcke vom Tisch und kniete nieder. Ihr Herz schlug gegen die Rippen, hart und in einem spastischen Rhythmus. Sie hörte ein Geräusch hinter sich, das ihren Herzschlag übertönte.
    Sie wusste, dass nichts da war. Sie wollte stark sein, denn dies war Elkwood, North Carolina, wohin ihr das Böse nicht folgen konnte. Sie würde nicht hinschauen, denn geheilte Menschen erschrecken nicht bei jedem scheinbaren Geräusch.
    Körr-tschack-tschak.
    Nichts. Nur Äste, die der Wind gegen die Hauswand schlug.
    Tschak.
    Nur Einbildung. Doch sie konnte es nicht lassen. Sie musste sich umdrehen.
    Der Unhold stand auf der Veranda, ein Meter neunzig groß.
    Ein Stück Metall glänzte in seiner Hand.
    In ihrer Panik verzerrte und vergrößerte sich das Bild. Julia versuchte zu schreien, doch die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie erhob sich und suchte verzweifelt nach ihrem Pfefferspray, den sie fallen gelassen hatte. Sie wusste jedoch, dass es zu spät war. Es war immer zu spät gewesen. Sie war ihnen ausgeliefert, schon seit sie vier Jahre alt war.
    Der Riese versperrte den Eingang. Er trug einen Gürtel mit Waffen um die Taille geschlungen. Seine Augen waren heiß und stahlhart und sein halb geöffneter Mund zeigte rasende Wut.
    Er hatte lange, sehr lange Finger. Die Klinge glänzte und zitterte.
    Ein glühender Schmerz durchdrang ihr Herz. Die Vergangenheit hatte sie eingeholt, trotz all ihrer Versuche zu fliehen, sich zu verbergen und trotz aller Vortäuschungen. Die Vergangenheit war dabei, sie zu überwältigen, wie eine sich rapide ausbreitende Feuersbrunst. Sie würde nie rechtzeitig das Schlafzimmer erreichen.  Wenn sie zu fliehen versuchte, würde dies seinen Genuss nur noch erhöhen. Ihre Beine fühlten sich hölzern und wie
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