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Die Trantüten von Panem

Die Trantüten von Panem

Titel: Die Trantüten von Panem
Autoren: The Harvard Lampoon
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Diesen Namen habe ich doch schon mal gehört. Genau – vorhin, als sie vor etwa einer halben Stunde die Anwesenheitsliste für das Erntedankfest durchgingen. Aber auch schon vorher. Pita ist so alt wie ich. Wir gehen zusammen zur Schule. Seine Eltern sind Bäcker. Bedeutsamer ist allerdings, dass mich Pita in einem Augenblick kennenlernte, als ich am verletzlichsten war.
    Das ist mittlerweile drei Jahre her. Mein Vater war gerade bei der Callcenter-Explosion ums Leben gekommen. Mutter, Prin und ich standen kurz vor dem Hungertod. Einmal schlug ich vor, dass wir Butterkugel essen sollten, aber Prin gefiel das ganz und gar nicht. »Nur den Schwanz, um zu wissen, wie er schmeckt«, meinte ich nach einer Weile. Doch meine Schwester war von meiner Idee überhaupt nicht angetan. Also musste ich in Vaters Fußstapfen treten und mich beim Callcenter bewerben.
    Kaum hatte ich dort angefangen, war klar, dass ich wohl die schlechteste Telefonverkäuferin im gesamten Distrikt 12 sein würde. Ich stank grauenvoll, verkaufte nie irgendetwas und verbrachte die meiste Zeit damit, Bürokram zu stehlen, um ihn auf dem Nepp wieder loszuschlagen. Nach zwei Wochen rief mich eines Nachmittags mein Vorgesetzter zu sich und erklärte mir, dass er mich feuern würde, wenn ich mich nicht zusammenreiße. Natürlich versprach ich ihm, mich zu bessern.
    Ich setzte mich an meinen Schreibtisch – oder zumindest an den Platz, an dem er einmal gestanden hatte, ehe ich ihn geklaut habe – und ging meine Kundenliste durch. Der Nächste, den ich anrufen musste, war ein gewisser Mr. Pumpernickel Mehlsack. Der Bäcker. Ich wählte also seine Nummer.
    »Hallo?«, meldete sich eine barsch klingende Stimme. Das war Pumpernickels Ehefrau, Canapé Mehlsack.
    »Guten Tag, gnädige Frau. Ich heiße Kantkiss und nehme gerne Ihre Bestellungen aus dem Telekatalog von Distrikt 12 entgegen. Hätten Sie vielleicht Interesse an einigen von unseren Produkten wie zum Beispiel …«
    Sie unterbrach mich jäh. »Wollen Sie jetzt eine Torte bestellen oder nicht?« Mrs. Mehlsack galt allgemein als nicht sonderlich freundlich.
    Ehe sie auflegte, meldete sich jedoch eine andere Stimme.
    »Mom, lass mich das machen. Wir müssen ein paar Dinge für die Bäckerei bestellen.« Diese Stimme klang anders als die von Mrs. Mehlsack. Sie war warm und weich, fast wie die eines Brotlaibs. »Hi, ich bin Pita Mehlsack. Mr. Mehlsacks Sohn.«
    Ich hatte ihn in der Schule schon mal gesehen. Er war recht pummelig und blass, bewegte sich langsam und atmete schwer. Außerdem hatte er einen viel zu großen Kopf. Aber außer diesen Vorzügen wusste ich so gut wie nichts über ihn.
    »Wir bräuchten ein paar Backbleche.«
    Und so – einfach so – kam ich zu meinem ersten Verkauf. Okay, ich gebe zu, dass wir keine Backbleche in unserem Sortiment hatten, aber mein Vorgesetzter brauchte eine ganze Woche, ehe er dahinterkam. Und seitdem habe ich noch weitere Sachen verkauft. Pita hatte mir in diesem kurzen Augenblick genügend Selbstvertrauen gegeben, um eine einigermaßen erfolgreiche Telefonverkäuferin zu werden. Irgendwann verdiente ich genug, um Mutter und Prin durchzufüttern und nebenbei noch auf die Jagd zu gehen. Wir waren wieder auf dem richtigen Weg. Alles dank des Jungen mit dem großen Kopf.
    Jetzt, da ich auf der Bühne auf dem Marktplatz stehe, kommt Pita mit gesenktem Riesenschädel langsam auf uns zu. Es fällt ihm schwer, die Stufen zu erklimmen, und er muss bei jeder Anstrengung nach Luft schnappen. Er scheint nicht richtig in Form zu sein – er setzt sich sogar auf die kleine Treppe, während ihm der Schweiß von der Stirn tropft. Nach etwa dreißig Sekunden rafft er sich wieder auf und meistert die vierte Stufe, ehe er es mit einer letzten Kraftanstrengung auf die Bühne schafft.
    »Dischdrikt Zwöfe«, ruft Efi. »Des sand engerne Tribute!«
    Außer den Spielern, die beinahe außer sich sind, hält sich die Begeisterung der Menge eher in Grenzen. Bürgermeister Liebestöter kommt zu uns aufs Podium und bedankt sich bei Efi. Jetzt wird er gleich den Hochverratsvertrag vortragen. Der Bürgermeister jedes Distrikts muss ihn an jedem Erntedankfest laut vorlesen. Es ist reine kapitalistische Propaganda, und die Leute hassen es. Weil ich nicht weit von ihm entfernt bin, höre ich zufällig, wie er murmelt: »Okay, Liebestöter. Du kannst es. Hast ja schließlich die ganze Woche geübt, nicht mehr gearbeitet, nur geübt. Aber die Arbeit war wirklich wichtig, die hättest du
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