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Die Trantüten von Panem

Die Trantüten von Panem

Titel: Die Trantüten von Panem
Autoren: The Harvard Lampoon
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unbedingt erledigen müssen. Hast du aber nicht. Also, ein paarmal tief durchatmen und die Sache über die Bühne bringen. Sie werden dich lieben.«
    Kaum hat er den Mund aufgemacht, wird er von einer Welle aus Buhrufen willkommen geheißen. Doch laut eines Kapitalgesetzes darf er jetzt nicht mehr aufhören:
    »Krieg. Ein schrecklicher Krieg. Witwen, Waisen, ein iPod-loses Kind. Das war der Aufstand, der unser Land erschüttert hat. Haufenweise Distrikte rebellierten gegen das Land, das sie ausgebeutet, verdummt, und mit undurchschaubaren Handytarifen gequält hat. Bruder wandte sich gegen Bruder, Schwippschwager gegen Schwippschwager, bis nichts mehr übrig war. Und dann kam der Frieden wie der Dieb in der Nacht. Die Menschen erhoben sich aus der Asche, und eine neue Ära des Konsums war geboren. Aber die Freiheit, die kostenlose Über-Nacht-Lieferung und das vierzehntägige Rückgaberecht haben ihren Preis. Als die Verräter besiegt waren, schworen wir uns als Nation, einen solchen Verrat nie wieder hinzunehmen. Und so wurde als unausweichliche und absolut logische Konsequenz daraus verfügt, dass die Distrikte von Panem jedes Jahr einen jungen Mann und eine junge Frau als Tribut darbringen müssen, die in einem Wettstreit der Hinterlist, der Feigheit und der Heimtücke bis auf den Tod kämpfen. Nur einer von ihnen kann gewinnen. Nur einer kommt auf das Cover einer völlig überteuerten Frauenzeitschrift. Nur einer bekommt einen Exklusivvertrag mit einer Sackleinenfabrik. Nur einer kann Panems nächster Supertribut werden und, äh ….«
    Jetzt hat er wohl den Faden verloren. Ich habe ein klein wenig Mitleid mit Bürgermeister Liebestöter, bis ich mich an die Gefahr erinnere, in der ich selbst stecke. Für die meisten Einwohner von Distrikt 12 ist hiermit das Ende der Feierlichkeiten des Erntedankfests gekommen. Außer den wenigen Obdachlosen, die um den Marktplatz schleichen, ehe sie sich irgendwo hinsetzen, können jetzt alle nach Hause gehen.
    Ein paar Friedensengel eskortieren mich zum Ungerechtshof, wo man mich in einem luxuriös eingerichteten Zimmer alleine lässt, das mit einem glitzernden Kronleuchter, einem Bärenfell und einem Sofa ausgestattet ist. Ich habe noch nie zuvor ein Sofa gesehen. Zuerst zwänge ich mich darunter, doch das scheint irgendwie nicht ganz richtig zu sein. Also stelle ich mich dahinter. Schon besser. Aber damit habe ich wohl noch immer nicht ins Schwarze getroffen. Endlich löse ich das Rätsel, und als Efi kurz darauf eintritt, sitze ich auf einer der Armlehnen, als ob ich auf einem Pferd reiten würde. Als ich so vor und zurück schaukele – und dabei einen Beistelltisch umwerfe –, erklärt mir Efi, dass die nächste Stunde dazu gedacht sei, von Familie und Freunden Abschied zu nehmen, ehe wir in Richtung Kapital aufbrechen.
    Prin und Mutter sind sofort da. Mutter ist außer sich vor Freude. »Ich kann es kaum glauben! Hier also sagen die Tribute jedes Jahr ihr Lebewohl!« Sie hat eine Einwegkamera und macht begeistert ein Foto nach dem anderen. »Edelkitsch Totalapathie hat wahrscheinlich auf genau demselben Stuhl gesessen!«
    Prin zeigt weniger Enthusiasmus, sondern wirft immer wieder einen Blick auf die Uhr an der Wand. Ich kann mir vorstellen, wie schwierig das für sie ist. Ich werde ihr sehr fehlen.
    »Fass mich nicht an!«, kreischt sie, als ich versuche, sie zu umarmen. »Mom, Kantkiss grabscht ständig!« Prin ist so niedlich. Dabei weiß ich ganz genau, dass sie nur so zickig tut, um sich ihre Trauer nicht anmerken zu lassen.
    »Kantkiss«, fängt Mutter an. »Du musst mir eines versprechen.« Es ist ganz klar, was als Nächstes kommt. Ich soll versprechen, auf mich aufzupassen und am Leben zu bleiben – ganz gleich, wie schlimm oder abscheulich es in der Arena zugeht, egal wie hoffnungslos die Lage oder wie brutal das Spiel ist, ich muss unbedingt versuchen zu gewinnen. »Versprich mir, dir von Präsident Schneeflöckchen ein Autogramm geben zu lassen.«
    Ehe ich etwas erwidern kann, zerrt Prin ungeduldig am Rock meiner Mutter. »Können wir jetzt endlich gehen?«
    »Ach … Also gut«, seufzt Mutter und macht ein paar letzte Fotos. »Kantkiss«, sagt sie und linst durch den Sucher. »Geh aus dem Weg, sonst sieht man das Sofa gar nicht.« Nachdem sie das Foto geschossen hat, geht sie zur Tür. »Und das Autogramm nicht vergessen!«
    Als die Tür hinter den beiden ins Schloss fällt, frage ich mich, ob ich sie jemals wiedersehen werde. Doch da kommt schon mein
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