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Die Trantüten von Panem

Die Trantüten von Panem

Titel: Die Trantüten von Panem
Autoren: The Harvard Lampoon
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nächster Besuch. Als ich aufblicke, entdecke ich zu meiner Überraschung Pitas Vater, Pumpernickel Mehlsack. Ich kenne ihn vom Schwarzmarkt und aus der Bäckerei, aber ich kann mir nicht vorstellen, was er von mir will. Sollte er nicht bei seinem Sohn sein?
    »Hi, Kantkiss. Ich wollte dir alles Gute und viel Glück wünschen«, begrüßt er mich, zieht ein sorgfältig eingewickeltes Päckchen aus seinem Mantel und hält es mir entgegen. »Außerdem möchte ich dir diese Kekse geben.« Er reicht mir das Paket. Was für eine fürchterlich nette Geste , denke ich. Obwohl ich seinen Sohn in wenigen Tagen wahrscheinlich im Fernsehen ermorden werde, ist er ausgesprochen freundlich. »Eines möchte ich dir noch verraten«, fügt er hinzu. »Pita ist ein sehr langsamer Läufer, und seine Schwachpunkte sind sein Bauch und seine Weichteile.« Ich muss sagen, Mr. Mehlsack ist wirklich ein sehr netter Mann!
    Pumpernickel macht sich wieder auf den Weg, und gerade, als ich mich erneut auf das Sofa setzen will, um weiterzureiten, stürmt Mrs. Mehlsack ins Zimmer. »Her damit!«, faucht sie mich an, reißt mir die Kekse aus der Hand und verschwindet wieder.
    Mein nächster Besuch ist weniger überraschend. Carola schwebt einem Engel gleich in mein Zimmer. Er geht so zielsicher wie ein Profi auf das Sofa zu und setzt sich auf ein Kissen. »Oh«, sage ich und nehme neben ihm Platz. Dann hält Carola eine Rede. Er spricht von Ausdauer, Beharrlichkeit, doch sein wunderschöner Mund und die perfekt geschwungene Nase lenken mich derart ab, dass ich ihm nicht richtig zuhöre. Seine tiefschwarzen Augen blicken mich so besorgt an. Wenn ich mich erst einmal in ihnen verloren habe, kann er sagen, was er will – ich verstehe gar nichts mehr.
    Nach wenigen Minuten steht Carola auf und will gehen. Mit einem Schlag befinde ich mich wieder in der Gegenwart. »Du musst dich nur an das halten, was ich dir gesagt habe, und du wirst überleben«, schließt er. Ich nicke. Gerade, als ich mir schwere Vorwürfe machen will, weil ich ihm nicht zugehört habe, verliere ich mich erneut im Anblick seines unglaublichen Hinterns. Dann verlässt er den Raum so geschmeidig, wie er ihn betreten hat.
    Kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, öffnet sie sich auch schon wieder, und Badge Liebestöter tritt ein, die Tochter des Bürgermeisters. »Kantkiss, du sollst wissen, dass du meine beste Freundin bist und ich dich anfeuern werde«, verkündet sie. Das wirft mich beinahe um, weil ich überhaupt keine Freunde habe. Und Badge kann ich erst recht nicht ausstehen. Aber ehe ich ihr das verraten kann, sticht mir die goldene Brosche an ihrem Kleid ins Auge.
    »Badge? Jetzt, da du meine beste Freundin bist und so, willst du mir doch bestimmt die Brosche da schenken, oder?« Ich klimpere etwas mit den Lidern, um so süß wie möglich auszusehen.
    »Meine Brosche? Oh, selbstverständlich, Kantkiss! Es wäre mir eine Ehre, wenn du sie trägst.« Sie nimmt das Schmuckstück ab und reicht es mir.
    »Natürlich werde ich sie tragen«, sage ich. Gleichzeitig denke ich: Bei der ersten Chance, die sich mir bietet, werde ich das hässliche Ding verscherbeln.
    Badge geht schnell wieder. Zu meiner Überraschung kommt noch jemand, um sich von mir zu verabschieden. Es ist Mrs. Davis, meine Lehrerin. Sie wirft einen Stapel Papier auf meinen Schoß. »Hier, die Hausaufgaben, die du während der Hungerspiele versäumst.« Und schon verschwindet sie wieder durch die Tür. Jetzt wirft Efi einen Blick in mein Zimmer.
    »Hammers? Dann schau ma, dass ma weidakimma«, ruft sie entzückt.
    »Will sich sonst niemand mehr von mir verabschieden?«, will ich wissen.
    »Ach woher. Glückwunsch außerdem. So wenig Bsucher hat no nemert ghabt. No koana.«, lobt Efi.
    Zu Fuß gehen wir zum Bahnhof, um den Schnellzug zum Kapital zu nehmen. Auf dem Bahnsteig sehe ich Pita. Seine Augen glänzen tränenfeucht. Er trocknet sich das Gesicht mit einem Baguette ab, ehe man uns in ein prunkvoll ausgestattetes Zugabteil führt und die Lok zu tuckern beginnt.
    In der Schule hat man uns erzählt, dass das Kapital in einer Gegend liegt, die früher einmal »Kalifornien« hieß. Distrikt 12 hingegen war früher einmal »das Cleveland«. Außerdem wird uns eingetrichtert, wie die Kapitalisten zu ihrem komischen Dialekt kamen. Aber ich schaffe es ja immer wieder, mich geistig völlig aus dem Unterricht auszuklinken, habe also nicht die geringste Ahnung. Tja, falls ihr mehr darüber wissen wolltet – tut mir
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