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Die Trantüten von Panem

Die Trantüten von Panem

Titel: Die Trantüten von Panem
Autoren: The Harvard Lampoon
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ganz anders als die Stylisten im Fernsehen.«
    »Stylist? Nein, ich bin der Hausmeister«, erwidert der Mann. »Ich wollte mir aber die Kreatur anschauen, die so viel Haare und Fell gelassen hat, dass ich damit den Ofen für Monate einheizen kann. Eigentlich habe ich einen Wolf oder einen Elch erwartet.« Ich halte mir die Hände vor die Brüste, denn das Ganze ist mir dann doch ein bisschen unangenehm. »Auf jeden Fall nett, dich kennenzulernen, Kleine.« Er mustert mich noch einmal von oben bis unten, dann verschwindet er wieder.
    Dann verliere ich jegliches Zeitgefühl. Zu Hause in Distrikt 12 gibt es nur wenige Menschen, die sich eine Uhr leisten können. Wenn wir wirklich wissen müssen, wie spät es ist, gehen wir zum Marktplatz und fragen den Zählenden Richard. Der verbringt tagein, tagaus damit, die Sekunden, Minuten und Stunden zu zählen.
    Kurz bevor ich einschlafe, betritt ein extrem elegant gekleideter Herr den Raum. Seine Haare sind besonders schick – vorne geschäftlich, hinten Party. Er trägt ein schief geknöpftes Hawaii-Hemd, das aus kurzen Cargoshorts heraushängt. Seine Füße stecken in limonengrünen Crocs. Sein Outfit raubt mir glatt den Atem.
    »Hi, ich heiße Penna und bin dein Stylist für die Hungerspiele. Und du bist …« Er kramt ein Stück Papier aus seiner Hüfttasche und faltet es auseinander. »Du bist Terry.«
    »Ich heiße Kantkiss«, berichtige ich ihn.
    »Sehr schön!«, ruft er. »Terry war sooo letztes Jahr – Schneeflöckchen hab ihn selig.«
    Ich senke respektvoll den Kopf.
    Penna bricht nach einer Sekunde das Schweigen. »Du hast sicher Hunger.« Er drückt mit dem Finger auf einen ›Schickes-Lunch‹-Knopf auf dem Stuhl, auf dem er Platz genommen hat. Auf der Stelle schwebt ein Gericht von der Decke herab. Mir fällt auf, dass Penna gar nicht mit dem typischen Kapital-Dialekt spricht, was mich überrascht. Gierig beäuge ich das Essen. »Warte!«, sagt Penna, ehe ich mich darauf stürzen kann. »Um Schneeflöckchens willen, zieh dir was an, bevor du mit dem Schlemmen beginnst. Ich weiß ja nicht, ob dieses FKK -Ding bei euch so üblich ist, aber du musst sofort diese schwarzen Stoppeln bedecken, wenn ich mein Essen bei mir behalten soll.«
    Nachdem ich mir einen Bademantel übergezogen habe, fangen wir zu essen an. Es schmeckt umwerfend. Pennas Mittagessen wird auf feinstem Porzellan serviert. Er isst ein mit Rosmarin bestäubtes Steak auf einem Bett aus wildem Reis, und als Nachspeise gibt es Pudding. Für mich wurde extra gekocht. Auf dem Teppichboden vor mir steht ein Tablett mit gedünstetem Kohl, einer Auswahl verschiedener Wurzeln und ein Maiskolben, garniert mit einem ganzen Hühnerhals. So was Gutes gibt es bei uns zu Hause nicht, und obwohl mein Herz voller Hass auf das Kapital ist, stopfe ich mir doch den Magen mit den Leckereien voll.
    Penna legt das Besteck beiseite. »Du musst uns alle für Monster halten«, meint er. Er starrt mich an, und ich merke, wie ich nervös werde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas antworten, nicken oder den Mund halten soll. Vielleicht sollte ich ja ein Rad schlagen. Aus Verlegenheit rülpse ich.
    Penna nickt verständnisvoll und fährt fort: »Es muss fürchterlich sein: dicke, reiche Kapitalisten, die sich unterernährte Kinder aus den Distrikten schnappen, damit sie sich gegenseitig abschlachten.« Seine kalte Beurteilung der Situation überrascht mich. Außerdem finde ich es seltsam, dass er seine Mahlzeit mit dem Pudding beginnt. »Aber egal, reden wir über dein Kostüm.«
    Mein Kostüm . Beim Gedanken daran schlottern mir die Knie. Davor habe ich noch mehr Angst als vor meinem höchstwahrscheinlichen Tod in einsamer Wildnis. Zur Eröffnungszeremonie wird jeder Tribut in ein Outfit gesteckt, das seinen Distrikt widerspiegelt. Und da wir der Telemarketing-Distrikt sind, sehen unsere Tribute für gewöhnlich wie Telefonbücher aus.
    »Also, ich hätte schwören können, dass die Hungerspiele erst nächste Woche beginnen«, fährt Penna fort und greift nach einem kleinen Koffer, der neben seinem Stuhl steht. »Aber ich habe mich wohl vertan. Glaub mir, ich habe mein Bestes gegeben, um in Windeseile etwas für dich zusammenzuschustern. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Niemand wird merken, dass ich mir dein Kostüm in kürzester Zeit aus dem Ärmel geschüttelt habe.«
    Penna öffnet den Koffer und holt ein großes weißes Bettlaken hervor. Er hält es hoch, damit ich es bewundern kann. Es ist ein normales Laken mit
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