Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hotelbett

Das Hotelbett

Titel: Das Hotelbett
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Hotel Liebeslust
MONTAG
    » W ir müssen in vierzehn Tagen ein neues
Buchmanuskript haben«, stellte der Buchverleger fest.
    Der Schriftsteller Olle Baggenfeldt,
Pseudonym Wilkins Stake, saß an der anderen Seite des riesigen Schreibtisches.
Er war tief hineingesunken in den psychologisch richtigen Besuchersessel, so
daß er kaum zu sehen war. Bekümmerte Falten zeigten sich auf seiner Stirn.
    »Das ist schwer«, murmelte er. »Ich
habe keine Möglichkeit, ein Buch in vierzehn Tagen zu schreiben und während der
Zeit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Man bekommt ja kein Geld, während man
schreibt.«
    Der Verleger lächelte hintergründig,
und das rote Gesicht rötete sich noch mehr.
    »Wir im Verlag haben das hier so
vorbereitet: Morgen früh nehmen Sie den Zug um sechs Uhr nach... nach... ja,
wie, zum Teufel, heißt denn der Ort? Na, spielt keine Rolle, der Ort steht auf
der Fahrkarte, die Sie an der Kasse bekommen. Es gibt dort ein Hotel, dessen
Namen ich im Moment nicht weiß, und dort haben wir für Sie ein Zimmer für
vierzehn Tage gebucht. Nehmen Sie Ihre Schreibmaschine mit und schreiben Sie
dort in aller Ruhe. Essen und Getränke gibt es, aber merken Sie sich eins —
keinen Alkohol — das ist ein Nüchternheitshotel.«
    Olle Baggenfeldt zuckte die Achseln. Sein
Magengeschwür ließ keinen Alkohol zu. Der Doktor hatte gesagt, er möge
destilliertes Wasser trinken und das übrige der Fantasie überlassen.
    »Aber weshalb, in aller Welt, müssen
Sie das Skript so rasch haben?« fragte Olle bekümmert.
    Er war bekümmert, im höchsten Grade
bekümmert. In der letzten Zeit hatte sich die Inspiration bei ihm nicht so
reichlich eingestellt wie früher. Der große Verlag hatte ihn bereits als
Starverfasser vor allen andern in die Höhe lanciert, wenn es galt, im Unterleib
der Leute herumzugraben. Er hatte die Süßigkeit des Erfolges erlebt, und die
Schecks waren in gleichmäßigen Intervallen in seinen Briefkasten gefallen, da
seine Bücher in sehr zufriedenstellenden Auflagen erschienen.
    Aber plötzlich war die Ideendürre
gekommen. Er hatte seit einem halben Jahr keine Zeile geschrieben. Einige miese
Entwürfe lagen und vergilbten neben dem Ausziehbrett der alten Schreibmaschine.
    »Weshalb?« fragte der Verleger und
lächelte satanisch. »Deshalb!«
    Er winkte mit einem gedruckten Formular
vor Olle Baggenfeldts Nase. Der unglückselige Kontrakt! Der Kontrakt, in dem er
sich verpflichtete, innerhalb von fünf Jahren den Verlag mit einem Dutzend
Bücher zu versorgen. Elf Bücher hatte er geschrieben, und nun waren also nur
noch vierzehn Tage der Vertragsfrist übrig. Der Verlag konnte auf seinem Recht
bestehen.
    »Jaha«, sagte Olle, denn das war
eigentlich alles, was er sagen konnte.
    »Noch eine Sache«, setzte der Verleger
fort. »Alle Ausgaben, die wir für die Hotelmiete und das Essen haben, werden
natürlich von Ihrem Honorar abgezogen!«
    »Jaha«, jammerte Olle.
    Er wollte am liebsten weg von all dem. Fast fünf Jahre Geschmiere
über Sex hatten ihn geistig impotent gemacht. Er blickte um sich. An den Wänden
des steril architektonischen Raumes gab es Gemälde und Bilder. Es waren Bilder
von Weißen, die mit Weißen vögelten, von Schwarzen, die das gleiche mit
Schwarzen taten und von Schwarzen, die mit Weißen und vice
versa vögelten. Ein ganz moderner Künstler hatte die Bilder gemacht, und
Olle dachte, daß er bereits von früher wußte, wie Kopfschmerzen waren, und nun
wußte er auch, wie sie aussehen.
    Die Audienz war beendet. Im äußeren
Raum klapperten die Schreibmaschinen, und eilige Angestellte liefen mit
aufreizenden Fotografien in den Händen hin und her. An der Kasse saß eine
junge, hübsche und füllige Dame. Sie reichte ihm ein braunes Kuvert und
schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
    »Netter Käfer«, dachte Olle, denn er
wußte, daß er nun alle aufmunternden Lächeln benötigte, die er bekommen konnte.
    Was er am meisten benötigte, war
eigentlich ein Ghostwriter, einer, der für ihn schrieb.
    In der U-Bahn auf dem Heimweg öffnete
er das Kuvert. Es enthielt ein Zugbillett in eine Stadt im Norden und eine
quittierte Buchung für Vollpension dort im Hotel Sonnenheim. Außerdem fand er
in dem Kuvert dreihundert Kronen und ein neues Farbband für seine
Schreibmaschine.
    Olle lachte auf. Der Verleger war
offenbar nicht ganz so humorlos, wie er geglaubt hatte. Er dachte an die Zeit,
während er für den Verlag gearbeitet hatte. In diesen fast fünf Jahren hatte er
den Verleger nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher