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Die Toten befehlen

Titel: Die Toten befehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Dich unser Freund Toni Clapès, der Dir verschiedentlich schrieb, schon in Kenntnis gesetzt haben. Seine Geschäfte gehen übrigens gut. In der letzten Zeit hatte er allerdings einige Unannehmlichkeiten. Von den Zollkuttern wurden zwei seiner Barken, mit Tabak beladen, aufgebracht.
    Doch ich will nicht abschweifen. Zur Sache! Du weißt, ich bin ein praktischer Mensch wie die Engländer und liebe es nicht, meine Zeit zu vergeuden.«
    Aber dieser praktische Engländer füllte weitere zwei Seiten mit seinen Ausfällen gegen alles, was ihn umgab. Er wetterte gegen seine demütigen Stammesbrüder, die die Hand des Feindes küßten; gegen den düsteren Pater Garau, von dem nur noch Staub übrig war; gegen die ganze Insel, die er verächtlich »Chorhemd« titulierte.
    »Aber ich will nicht abschweifen. In einem Briefe muß Ordnung, Methode und Klarheit herrschen. Vor allem muß man die praktische Seite erfassen, denn der Mangel an praktischem Charakter ist es, der uns so teuer zu stehen kommt.
    Von Seiten der Päpstin Juana, dieser Verkörperung aller reaktionären Ruchlosigkeiten und aller Sünden ihrer Rasse, hast Du nichts zu erwarten. Deine Tanteerinnert sich Deiner nur, um Dein schlechtes Ende zu bejammern und die Gerechtigkeit Gottes zu loben, der diejenigen züchtigt, die auf schlechten Wegen wandeln und mit den geheiligten Familientraditionen brechen. Man tuschelt in der Stadt, daß die heilige Dame sich mit der Absicht trägt, endgültig auf das weltliche Leben, ja sogar auf die langersehnte ›goldene Rose‹ des Papstes zu verzichten, und ihr ganzes Vermögen den Geistlichen ihres Hofstaates übergeben will, um sich in ein Kloster zurückzuziehen, wo sie alle Privilegien einer Dame ihres hohen Ranges genießen kann. Statt ihrer trete ich jetzt für Dich ein und wünsche, von Dir so verehrt zu werden, als wäre ich Deine Vorsehung.«
    Jetzt wurde der Stil wirklich streng sachlich wie in einem Geschäftsbriefe. Zuerst kam eine lange Aufstellung aller Vermögenswerte, die Jaime zur Zeit seiner Abreise von Mallorca noch besessen hatte, mit genauer Angabe der auf jedem Objekt ruhenden Schuldenlast. Dann folgte eine endlose Liste seiner Gläubiger. Bei jedem hatte Pablo die gezahlten und die rückständigen Zinsen, wie auch die gegenseitigen Verpflichtungen vermerkt. Aber das Ganze war derartig verwickelt, daß Jaime hilflos auf die Ziffern starrte, während Don Pablo, munter wie ein Fisch, in diesem Zahlenmeer plätscherte und alles mit sicherer Hand entwirrte.
    Tag für Tag mußte sich der Kapitän mit den schlimmsten Wucherern von Mallorca herumschlagen. Die einen überhäufte er mit Beleidigungen; anderen war er durch seine listige Schlauheit überlegen. Manchmal gelang es ihm auch, durch gütliche Überredung oder Einschüchterung zum Ziel zu kommen.Die Gläubiger, die am meisten drängten und mit Pfändung oder Verkauf drohten, hatte er aus eigener Tasche befriedigt.
    »Endresultat: es bleibt Dir ein kleines, aber vollkommen unbelastetes Vermögen, etwa fünfzehntausend Duros. Das ist verflucht wenig, doch auf jeden Fall besser, als wie früher scheinbar das Leben eines großen Herrn zu führen, aber auf Schritt und Tritt von den Gläubigern verfolgt zu werden. Jetzt ist es Zeit, daß Du zurückkommst. Was treibst Du eigentlich dort? Willst Du Dein ganzes Leben wie ein Robinson in diesem Piratenturm zubringen? Also sofort zurück! Mit bescheidenen Ansprüchen kommst Du hier ganz gut aus, denn das Leben auf Mallorca ist billig. Außerdem wird es Dir mit Deinem Namen und Deinen Verbindungen nicht schwer fallen, eine staatliche Stellung zu erhalten. Du kannst Dich auch geschäftlich betätigen, aber nur unter meiner Leitung. Wenn Du aber vorziehst, Mallorca zu verlassen, so bin ich gern bereit, Dich in Algier, England oder Amerika, wo ich überall alte Freunde habe, gut unterzubringen. Komme also sofort zurück, kleiner Pater Garau! Mehr sage ich nicht, Du sympathischer Inquisitor!«
    Den Rest des Tages ging Febrer in der Umgebung des Turmes spazieren. Durch die unerwarteten, guten Nachrichten war er etwas erschüttert. Von seinem einsamen Leben gepeinigt, richtete er seine Gedanken sehnsüchtig nach Palma. Wie schön wäre es, wenn ei jetzt mit einem Sprung hinüberkönnte! ... Sein Entschluß stand fest. Mit dem Postdampfer, der die frohe Botschaft gebracht hatte, würde er morgen zurückkehren.
    Plötzlich stieg das Bild Margalidas vor seiner Seele auf, wie um ihn auf der Insel zurückzuhalten. War es ihm

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