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SMS - Sarah mag Sam

Titel: SMS - Sarah mag Sam
Autoren: Lotte Kinskofer
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Keine Geheimnisse
in der Clique
    Niemand küsst so gut wie Enrico. Das habe ich jetzt schon tausendmal gehört. Seit Jenny mit ihren Eltern über Ostern in Italien war, erzählt sie es uns in jeder Pause. Jeder Schultag hat zwei Pausen, jede Woche fünf Schultage. Können sich alle selbst ausrechnen, wie oft ich das gehört habe.
    Nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien. Wir stehen in unserer Ecke: Jenny, Lili, Cibel und ich. Ich warte darauf, dass Jenny die Geschichte mit Enrico wieder erzählt. In dieser Pause haben wir sie noch nicht gehört.
    Manchmal finde ich die Geschichte ganz lustig. Aber nicht heute. Normalerweise ist nämlich noch Carla mit von der Partie, meine beste Freundin. Sie gehört auch zu unserer Clique. Aber Carla ist krank.
    »Sie hat eine Sommergrippe«, hat ihre Mutter gesagt, als ich gestern angerufen habe. »Sie kann jetzt leider nicht mit dir telefonieren, sie muss sich ausruhen.«
    Frau Ahrens ist die vorsichtigste Mutter überhaupt auf dieser Welt. Denn wieso kann Carla nicht telefonieren, nur weil sie ein bisschen hustet und schnieft? Also habe ich Carla auf ihrem Handy angerufen, denn um die beste Freundinzu sprechen, bin ich zu allem bereit. Aber auch da ging Frau Ahrens dran. Sie hatte Carla das Handy abgenommen. Irgendwie führt an dieser Supermama kein Weg vorbei.
    »Sarah, bist du das?«, hat sie sich gemeldet und ich habe einfach aufgelegt. Dazu muss man nichts mehr sagen.

    Wäre Carla jetzt hier mit uns auf dem Schulhof, dann könnten wir uns über Jenny und ihre Geschichte lustig machen. Wir würden gemeinsam die Augen verdrehen, wie wir es immer wieder tun. Gäbe es einen Synchron-Augenverdreh-Wettbewerb, wir würden ihn garantiert gewinnen. Nach dem Augenverdrehen würden wir Jenny gegenüber so tun, als ob wir doch aufmerksam zuhören, und mit
Echt?
,
Wirklich?
,
Ist ja super!
dafür sorgen, dass uns bei der hundertsten Wiederholung der Geschichte nicht so langweilig wird. Aber wie gesagt, Carla ist nicht da. Ich vermisse sie sehr. Denn ich vermute, dass Jennys Story nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.

    Ein kleiner Seufzer und ich weiß: Jetzt kommt sie. Denn so beginnt die Geschichte immer bei Jenny.
    »Mist, wir fliegen in den Ferien nach Portugal«, klagt sie.
    Ja, Mist, denke ich. Wie schlimm für sie, nach Portugal zu fliegen! Wo ich doch sechs Wochen hier bleiben muss, weil mein Vater gerade erst eine neue Stelle angetreten hat und deshalb keinen Urlaub bekommt.
    Niemand in der Clique sagt etwas zu Jennys Satz.
    Deshalb versucht sie’s noch mal: »Mist, wir fliegen nach Portugal.«
    »Ich find’s gaaaaaanz super«, schwärmt Lili. »Vor allem, weil ich mitdarf.« Dabei strahlt sie über ihr rundes Kleinmädchengesicht und bietet Jenny ihren Saft an.
    Aber Jenny runzelt die Stirn, weil sie offenbar ein ernstes Problem hat, und schüttelt den Kopf. »Ich wäre ja lieber wieder nach Italien.«
    Ich sage jetzt nichts. Ich beiße mir lieber die Zunge ab, als zu fragen:
Warum denn?
Ich weiß ja, was kommt. Und ich will es nicht noch mal hören.
    Leider denken nicht alle so. Lili spielt das Spiel mit, weil sie Jennys beste Freundin sein will. Deshalb macht sie immer, was Jenny verlangt.
    »Es ist wegen Enrico, nicht wahr?«
    Jenny nickt. »Vielleicht würde ich ihn wiedersehen. Hab ich euch erzählt, dass er wirklich fantastisch küsst?«
    Natürlich hat sie es uns erzählt. Nicht nur einmal. Ich werde heute Nachmittag nachrechnen, wie oft ich das seit Ostern schon gehört habe.
    »Hat er sich denn irgendwann einmal bei dir gemeldet?«, will Cibel wissen.
    Jenny schüttelt den Kopf. »Aber das wundert mich nicht. SMS von Italien nach hier sind waaaaaahnsinnig teuer.«
    Das ist nun die dümmste Ausrede, die ich je gehört habe. Ich könnte im Internet nachsehen, wie viel es wirklich kostet, aber eigentlich ist es mir egal. Es ist Jennys Geschichte, vielleicht sogar Jennys Lüge. Ich will ihr doch gar nicht beweisen, dass sie schummelt oder dass dieser Enrico nichts von ihr wissen will. Manchmal, wenn ich ganz alleine zu Hause auf meinem Bett liege und Musik höre oder in einerZeitschrift blättere, denke ich: Wenn das stimmt, was Jenny erzählt, dann bin ich wirklich ein bisschen neidisch. Ich wäre auch gerne in Italien gewesen und ich hätte auch gerne einen Enrico getroffen. Vermutlich wäre ich auch gerne von ihm geküsst worden. Aber nur, wenn ich in ihn verliebt gewesen wäre. Der erste Kuss soll ja doch was Besonderes sein. Nicht irgendwo und irgendwie
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