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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg
Autoren: Oliver Buslau
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zur Frühschicht unterwegs waren. Niemand achtete auf uns.
    »Halten die drin eine Frau gefangen? Mit roten Haaren.«
    Satorius nickte.
    »Erzählen Sie mir alles, was Sie wissen! Kommen Sie mit.«
    Wir gingen zum Motorrad. Von hier aus konnte ich den Eingang des Grundstücks gut im Auge behalten. Ich war angespannt bis in die Haarspitzen. Wie sollte es nun weitergehen?
    Satorius zog einen länglichen Zigarillo aus der Tasche und zündete ihn an. Seine Hand zitterte.
    »Alles in Ordnung?« fragte ich.
    Satorius schüttelte den Kopf. »Nichts ist mehr in Ordnung. Gar nichts. Eine ganze Weile schon.«
    »Seit Regina tot ist?«
    Er nahm einen tiefen Zug und starrte vor sich hin. »Es hat keinen Zweck. Mir ist alles egal.«
    Ich sagte nichts, obwohl ich vor Ungeduld bald platzte. Es war besser, wenn er einfach redete.
    Er sah mich direkt an. »Sie haben nie für eine Musikzeitschrift geschrieben, oder? Ich habe mich nach unserem Gespräch in den Redaktionen erkundigt. Niemand kannte Ihren Namen. Und als Sie anfingen, Fragen über Reginas Tod zu stellen, hatte ich schon den Verdacht, daß Sie ein Schnüffler sind. Mir war nur nicht klar, welche Sorte. Von der Polizei sind Sie nicht, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin Privatermittler. Was ist mit dem Lehár-Walzer, was stimmt nicht damit?«
    »Mit dem stimmt alles.«
    In meinem Kopf wurden die Bilder von der gequälten Katze wieder lebendig, von Wolf, von den zerstörten Wohnungen, ich dachte an Jutta, die gerade in der Gewalt der Gangster war, und plötzlich konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich packte Satorius am Kragen. Er ließ es geschehen, als wäre er ein nasser Sack. Keine Gegenwehr.
    »Kommen Sie mir nicht so. Ich will alles wissen. Und wenn Jutta da drin was passiert, werden Sie bezahlen«, blaffte ich ihn an.
    Er grinste nur. »Habe ich schon. Habe ich schon. Lange. Und viel!« Er kicherte so ähnlich, wie Wolf gekichert hatte.
    »Sie haben Regina auf dem Gewissen, oder nicht?«
    Er zog wieder an seinem Zigarillo. »Irgendwie. Vielleicht. Obwohl ich das wirklich nicht wollte.«
    »Warum habe ich bei Wolf die Originalhandschrift des Walzers gefunden? Erzählen Sie, Mann!«
    »Ich weiß nicht, welche Rolle Sie in dieser Sache spielen, und Sie brauchen es mir auch gar nicht zu sagen. Aber Sie scheinen tatsächlich nicht sehr viel zu wissen.«
    »Dann klären Sie mich auf, verdammt noch mal.«
    »Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. Überhaupt nicht.«
    Er stockte und dachte eine Weile nach.
    »Ich habe diesen Walzer nicht entdeckt. Diese Ehre, wenn ich es mal so sagen darf, wurde Frank Wolf zuteil. Er fand das Manuskript eines Tages auf dem Vohwinkeler Flohmarkt.«
    »Und weiter?«
    »Er war ein junger Idealist. Er war einer meiner Studenten. Eines Tages kam er damit zu mir. Er wollte mit diesem Fund ganz groß in Wuppertal rauskommen.«
    »Warum hat er es dann nicht einfach getan? Das Stück herausgebracht und die Lorbeeren kassiert?«
    Satorius warf die Kippe weg. Er schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nun auch wieder nicht. Man braucht schon Verbindungen. Zu Verlagen. Zu Musikern. Konzertveranstaltern. Geldgebern. Wolf hatte solche Verbindungen nicht. Die einzige Verbindung, die er hatte, war ich. Und so kam er zu mir. Er bat mich um Hilfe.«
    »Und - haben Sie ihm geholfen?«
    Satorius grinste wieder. »Ich habe mir die Fotokopie des Stückes geschnappt und habe den Walzer selbst veröffentlicht. Wolf war damit ausgebootet. Es war nicht ganz korrekt. Aber das Leben ist nun mal hart. Auch für Wissenschaftler.«
    »Aber er hatte doch weiterhin das Originalmanuskript.«
    »Natürlich. Aber danach fragte niemand. Man begutachtete die Handschrift, die ich als Kopie besaß. Und die war echt. Als man nach dem Original fragte, behauptete ich einfach, es sei im Besitz eines Privatmannes, der anonym bleiben wollte. Das gibt es oft in solchen Fällen. Und dann machte ich eine ganz große Nummer daraus. Sicher gab es ein paar Neider, die genau nachfragten, aber so etwas interessiert die wirklich wichtigen Leute nicht.«
    Obwohl meine Gedanken kontinuierlich um Jutta kreisten, fragte ich weiter. Das Haus lag weiterhin still. »Hat sich Wolf nicht irgendwie gewehrt? Ich an seiner Stelle wäre sofort zu einem Anwalt marschiert.«
    Satorius wühlte in seinen Taschen. Ich zog meine Camels hervor und bot ihm eine an. Er griff zu.
    »Dazu war er zu weltfremd. Und zu verbohrt. Aber er hat mir trotzdem die Hölle heißgemacht.«
    »Wie?« Ich gab ihm
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