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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg
Autoren: Oliver Buslau
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das Geld aufgetrieben hatten. Wo sollte die Übergabe stattfinden? Auf dem Dachboden der Stadthalle?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Auf einer der Treppen, die vom unteren Foyer nach oben führen. Es sollte so wirken, als sei er ein normaler Konzertbesucher. Ich wäre dann dazugekommen und hätte ihm den Umschlag zugesteckt.«
    »Ihm war aber doch klar, daß Sie das Geld unter diesen Umständen nicht persönlich bringen würden?«
    »Er wußte, daß ich notfalls auch Regina schicken würde.«
    »Sicher«, überlegte ich laut. »Die beiden kannten sich ja. Und Sie hatten Regina in die Sache eingeweiht.«
    »Sie stand zu mir. In jeder Situation. Und glauben Sie mir: Wäre es nicht so gekommen, ich hätte sie geheiratet und aus ihrem bigotten Elternhaus herausgeholt.«
    »Aber warum ist sie zu Tode gekommen?«
    »Vielleicht hat Wolf sie körperlich bedroht. Regina mag geflüchtet sein. Sie hat vielleicht eine offene Tür gefunden, ist auf den Dachboden geraten, Wolf hinterher. Und dann ist es eben so gekommen, wie wir es alle erlebt haben. Eine Vermutung lediglich. Sicher ist nur, daß Wolf unbemerkt mit dem Geld entkommen konnte.«
    Satorius wirkte erschöpft.
    »Sie sollten zur Polizei gehen«, sagte ich »Noch ist es nicht zu spät. Wolf ist tot. Er kann Sie nicht mehr erpressen.«
    »Wolf mag tot sein. Aber denken Sie an die Schande. Wenn das alles rauskommt, ich könnte es nicht ertragen. Und außerdem: Mittlerweile haben längst andere seine Stelle eingenommen.«
    »Wer?« fragte ich.
    »Na, die da drüben.«
    In diesem Moment wurde gegenüber ein Motor gestartet. Mist. Ich hatte nicht aufgepaßt. Während ich das Motorrad ankickte, redete Satorius einfach weiter. »Vorhin haben Sie mir noch mal fünfzigtausend abgenommen. Ich bin ruiniert.«
    »Und warum haben die Wolfs Wohnung umgekrempelt, nachdem sie ihn Ihnen vom Hals geschafft haben?«
    »Na, das ist doch klar. Sie haben kapiert, daß sie ebenfalls die Lehár-Partitur brauchen, um mich erpressen zu können.«
    »Und die haben sie gesucht. Aber nicht gefunden.«
    Er nickte.
    Ich sagte nichts mehr. Aus der Einfahrt kam der silberne Mercedes. Ich konnte nicht sehen, wer am Steuer saß. Juttas leuchtendroter Schopf blitzte von hinten hervor.
    Ich kümmerte mich nicht weiter um Satorius. Der Wagen fuhr in Richtung Wupper. Ich folgte und sah den Professor im Rückspiegel. In seinem hellen Mantel wirkte er wie ein Gespenst.
    *
    Auf der Friedrich-Engels-Allee ging es wieder in Richtung Elberfeld. Als wir die Stadthalle passierten, ahnte ich, wohin die Fahrt ging. Ich stellte das Motorrad ein paar Straßen von der Chlodwigstraße entfernt ab.
    Vor dem Haus, in dem Steinbach bei meiner ersten Verfolgung verschwunden war, stand ein riesiger Lkw. Er parkte auf dem Gehweg. Der Laderaum stand offen und gewährte einen Blick auf Stapel von Umzugskartons. Nichts Besonderes für einen zufälligen Passanten. Doch kein Mensch weit und breit.
    Die Haustür war nur angelehnt. Ich schlich in den Flur und nahm Stimmen wahr. Weit weg, offenbar aus dem Keller.
    Ich ging vorsichtig den Geräuschen nach. Eine spärlich beleuchtete Treppe führte hinab. Sie war sehr lang. Vorsichtig stieg ich in die Tiefe. Die Kellerabteilungen der Mieter: Holzverschläge, ordentlich mit Vorhängeschlössern gesichert.
    Die Stimmen waren verstummt. Es war still. Zu still.
    Ich hatte keine andere Wahl, ich mußte jetzt handeln, obwohl es wahnsinnig war ohne jede Unterstützung. Ich hastete weiter und gelangte an eine grau gestrichene Stahltür. Sie war verschlossen. Daneben dunkle Gänge. Plötzlich hörte ich ein schleifendes Geräusch. Es war nicht auszumachen, wo es herkam. Hektisch sah ich mich um, konnte jedoch nichts Besonderes entdecken. Dann ein anderes Geräusch, ganz nah. Ich drehte mich um. Die Stahltür ging auf. Ich konnte mich gerade noch in einem Seitengang verbergen.
    »Das muß alles hier raus«, sagte eine Männerstimme. »Beeilt euch ein bißchen.« Es war Steinbach, der da sprach. Er stand jetzt vor der offenen Stahltür und sprach in den Raum hinein, der dahinter lag. »Na kommt schon. Alles rauf in den Lkw. Los.«
    Er ging wieder hinein. Dann sah ich ein paar der Jungs mit den Bomberjacken. Drei von ihnen marschierten an mir vorbei, ohne mich zu sehen. Jeder trug einen großen Karton in der Hand. »Na also, geht doch«, sagte Steinbach und ging wieder in den Raum hinein. Offenbar waren da noch mehr von den Kerlen beschäftigt, denn ich hörte seine Befehle. »Die hier, die hier
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