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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg
Autoren: Oliver Buslau
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und die hier - alles rauf. Hab ich doch eben schon erklärt. Ist das denn so schwer? Nichts bleibt hier. Am Ende kommen auch die ganzen Dekorationen mit.«
    Wieder ging ein kleiner Trupp Kartonträger vorbei. »Halt, stop -oben bleiben«, rief er. »Die Treppe ist zu schmal. Laßt erst mal hier die Jungs rauf. Bleibt oben.«
    Jetzt schien die Luft rein zu sein. Neben der Stahltür war ein völlig leerer Kellerraum, nicht besonders groß. Das einzige, was auffiel, war ein kreisrundes Loch im Fußboden. Daneben lag der passende Deckel. Ich blickte hinein: ein tiefer Schacht wie ein Brunnen. Am Rand lehnte eine Leiter. Ohne zu überlegen, machte ich mich an den Abstieg. Ich mußte Jutta finden.
    Die Leiter führte in einen weiteren Vorraum, dann stand ich vor einer offenen Tür. Helles Licht drang heraus. Kein Kellerraum mehr, sondern ein voll eingerichtetes Zimmer. Es ähnelte einem Filmstudio. Auf der einen Seite heller Teppichboden und cremefarben gestrichene Wände. Ein großes Doppelbett und Biedermeier-Möbel: ein Sofa, ein paar Stühle, auf denen Kleidungsstücke hingen. Auf dem Ärmel einer schwarzen Jacke war ein Hakenkreuz auf genäht. Gleich daneben eine Art Sadomaso-Folterkammer mit blutroten Wänden. Ein Käfig, schwarzlederne Peitschen, Handschellen. Davor standen Lampen und eine Videokamera auf einem Stativ. Mir war klar, daß hier nicht gerade die Augsburger Puppenkiste gedreht wurde.
    Ich durchquerte den Käfig und gelangte in einen langen Gang. Links und rechts befanden sich Metallregale mit kleineren Kartons. Ich griff hinein und zog zwei buntbebilderte Videos heraus. Auf einer der Kassetten sah man eine helle Blondine in Nazi-Uniform, die gerade eine Asiatin auspeitschte. Auf einer anderen hatte sich die Blondine ihrer historischen Kleidung entledigt und befand sich mit ihrem männlichen Partner in der Missionarsstellung. Ganz normale Pornographie. Wenn der Mann nicht eine SS-Uniformjacke getragen hätte. Ich erkannte in den Kulissen das Studio wieder, durch das ich gekommen war.
    Offenbar kam der Packtrupp zurück. Mir blieb nichts weiter übrig, als in den dunklen Gang hineinzuflüchten. Im Dämmerlicht sah ich eine Treppe. Ich hastete die Stufen hinab und gelangte vor eine weitere graue Eisentür. Verschlossen. Es ging nicht weiter. Ich drehte mich um. In diesem Moment flammte im gesamten Treppenabgang elektrisches Licht auf. Vor mir stand Steinbach. Seine Augen waren nicht zu erkennen wegen der verspiegelten Gläser.
    »Sieh mal an. Wen haben wir denn da?«
    Steinbach mußte blitzschnell ausgeholt haben. Denn unmittelbar darauf verlor ich das Bewußtsein.

21. Kapitel
    Irgendwo wurde eine Straße aufgerissen. Man zwang mich, ohne Ohrenschützer neben dem Preßlufthammer zu stehen. Es war unerträglich. Ich versuchte wegzulaufen, aber es ging nicht. Man hielt mich von allen Seiten fest, und ich mußte dableiben. Aber der Lärm war nicht alles. Irgend etwas kratzte mich im Gesicht und stach mich in die Seite. Ich versuchte zu sehen, was das war. Wieder Fehlanzeige. Noch nicht einmal meine Arme konnte ich frei bewegen. Na gut, dachte ich, bleib einfach, wo du bist. Aber das ging auch nicht, denn der Mann am Preßlufthammer machte immer weiter und weiter. Es gab keine Sekunde Pause.
    Als ich die Augen aufschlug, sah ich zehn Zentimeter vor mir ein Stück Mauer. Der Putz war alt und brüchig. Es roch feucht. Ich fröstelte und begriff, daß ich auf dem Boden lag. Ein dunkler Teppich rieb an meiner Wange. Meine Hände waren mit Handschellen gefesselt. Was mich auf der rechten Seite stach, war ein spitzer Stein, der unter mir lag.
    Ich versuchte mit aller Gewalt, mich herumzudrehen. Aber bei dieser Kraftanstrengung begann der Preßlufthammer wieder. Ich biß die Zähne zusammen. Dreimal mußte ich innerlich Anlauf nehmen. Schließlich klappte es. Ich konnte nur durch ein Auge sehen; das andere war verklebt. Getrocknetes Blut, dachte ich.
    Der Raum war eigenartigerweise rund. Ein paar funzelige Glühlampen hingen nackt von der Decke.
    Ich hatte das Gefühl, meine Zunge sei aus Schmirgelpapier, so trocken war mein Mund. Zu gern hätte ich etwas getrunken. Langsam ließ ich die Zunge kreisen, doch alles war taub. Hoffentlich haben sie nicht auch noch ein paar Zähne erwischt, dachte ich bei meiner Angst vor dem Zahnarzt!
    Von irgendwoher klangen Schritte. Ich setzte mich auf und blickte in die Runde. Meine Hände konnte ich nicht mehr fühlen, doch das Gewummere im Kopf war etwas besser geworden. Ich
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