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Unter den Straßen Berlins

Unter den Straßen Berlins

Titel: Unter den Straßen Berlins
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Copyright: © Isabell Schmitt-Egner 2012
     
    Vervielfältigung und Übersetzung des Textes sind untersagt.
     
    Grafiken und Titelbild: Isabell Schmitt-Egner
     
    Impressum Isabell Schmitt-Egner
     
    Ähnlichkeiten von Romanfiguren mit real existierenden Personen
    sind rein zufällig.
     
     
     
     
     
    Isabell Schmitt-Egner
    Unter den Straßen
    Berlins
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Unter dem zerknüllten Papier blitzte etwas auf und Siggi griff tief in den Mülleimer. Bingo. Er zog die Bierflasche heraus und steckte sie in eine seiner Plastiktüten.
    Einundzwanzig.
    Er ging den Kiesweg entlang bis zur nächsten Parkbank. Zuerst suchte er den Boden rund um die Bank ab, dann durchwühlte er den Mülleimer, der daneben stand. Er fand zwei kleine Colaflaschen aus Glas.
    Dreiundzwanzig.
    Siggi schlenderte weiter. Die Plastiktüten mit den Pfandflaschen klirrten leise bei jedem seiner Schritte. Bald lag die Radwegtour hinter ihm und er konnte sich den Liegeplätzen am See widmen. Der Tag war ungewöhnlich warm gewesen für diese Jahreszeit und versprach eine gute Flaschenbeute. Eilig hatte er es nicht. Die Reviere waren klar abgesteckt. Er und Helmut teilten sich den Weißen See und den Parkstreifen drum herum. Siggis Sammelgebiet reichte noch bis zum Freibad, dann würde er umdrehen. Es war Ehrensache, dem anderen nichts wegzuschnappen.
    Siggi blieb stehen und bückte sich. Er klaubte eine weggeworfene Zigarette zwischen den Steinen hervor und hielt sie hoch. Fünf bis sechs Züge gab die noch her. Er klemmte sie sich  zwischen die Lippen und strich dreimal mit dem Daumen über sein Feuerzeug – er brauchte dringend ein neues – bis endlich eine kleine Flamme im Dunkeln aufleuchtete.
    Siggi sog den Qualm in seinen Mund und schloss kurz die Augen. Gut erhaltene Restkippen waren immer ein Fest. Am See würde er noch mehr davon finden.
    Rauchend ging Siggi den leicht abschüssigen Weg zum Freibad hinunter. Eine Mülltonne gehörte noch ihm, die nächste stand in Helmuts Revier und er ließ die Finger davon.
    Siggi wandte sich nach links und begann mit seiner Runde um die Liegewiesen. Das Strandbad öffnete erst in einem Monat, wenn das Wasser Badetemperatur erreichte, aber auch dann zahlte nicht jeder den Eintritt für die künstliche Sandaufschüttung am Rande des Sees. Die Liegewiesen waren gratis und gerade Studenten lümmelten hier tagsüber auf Picknickdecken, tranken Bier, rauchten und griffen ihrer sonnenbräunenden Freundin an den Hintern. Siggi kam auch tagsüber hierher und ging die Wiesen ab. Manche überließen ihm ihre Pfandflaschen und er bedankte sich stets unterwürfig und wünschte diesen verwöhnten Wohlstandskindern einen schönen Tag. Die Restkippen rührte er nicht an, wenn andere ihn beobachteten. Es ekelte sie, dass er Dinge in den Mund nahm, die auf dem Boden lagen und – fast noch schlimmer – die bereits den Mund eines anderen Menschen berührt hatten. Und wenn sie ihn widerlich fanden, bedeutete das weniger Flaschen.
    Jetzt in der Nacht brauchte er keine Rücksicht auf so was zu nehmen und konnte verwerten, was immer er fand. Und die Liegewiesen gaben mehr her als nur ein paar Kippen und Bierflaschen. Halbgegessene Brote in Papiertüten, Dönerreste oder Pommes vom Imbiss an der Straße blieben fast jeden Tag auf der Wiese zurück und Siggi verschmähte nichts davon.
    Er durchsuchte einen Mülleimer neben dem Weg, den letzten vor der großen Liegewiese. Er steckte die Bierflasche, die er fand, in eine Tüte
    vierundzwanzig
    und betrat dann die Grasfläche. Im Dunkeln konnte er einige helle Flecken auf dem Rasen ausmachen. Mit etwas Glück handelte es sich dabei nicht nur um Papiertaschentücher.
    Siggi ging langsam, den Blick nach unten gerichtet, über das Gras. Kaugummipapier und Einmalservietten, eine leere Schachtel Marlboro (Siggi schaute zur Sicherheit hinein, ob sie wirklich leer war), zwei Bierflaschen.
    Sechsundzwanzig.
    Nicht schlecht. Eine bräunliche Tüte erregte seine Aufmerksamkeit. Er konnte den McDonald’s-Schriftzug erahnen. Als er näher kam, bestätigte sich seine Vermutung. Er nahm die Tüte und öffnete sie. Er fand das übliche Ensemble darin vor. Eine Pommespackung, eine Kiste Chicken-Nuggets, die leere Verpackung eines Burgers. Siggi schaute in den Burgerkarton hinein. Nichts. Nicht der kleinste Krümel. Merkwürdig. Er öffnete die Chicken-Nuggets. Das Innere sah aus wie unbenutzt. Als hätte jemand mit dem
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