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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac
Autoren: Alexander Borell
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einer Stunde, schätzte ich, war sie erschossen worden.
    Der Streifenwagen hielt mit kreischenden Reifen, und die Polizisten stiegen aus. Ich trat neben meinen Wagen. Der Streifenführer, ein rundlicher, gemütlich aussehender Leutnant, kam auf mich zu.
    »He!« rief er. »Was soll denn dieser Unsinn?«
    »Das möchte ich auch wissen«, sagte ich. »Sofern man einen hundsgemeinen Mord mit Unsinn bezeichnen kann.«
    »Was?« rief er. »Dann ist das also wahr? Haben Sie wirklich ein Mädchen umgebracht?«
    »Ich nicht«, sagte ich. »Ich habe sie nur gefunden. Bitte — überzeugen Sie sich selbst.«
    Er trat an Olivias Wagen, schaute hinein, ging auf die andere Seite und schaute wieder hinein.
    »Verdammt«, sagte er, nahm seine Mütze ab und wischte sich mit einem weiß-blau gesprenkelten Taschentuch den fetten Nacken, »das sieht ja wirklich böse aus. Der Kerl, der da zu uns kam, schien ein wenig konfus zu sein. Haben Sie hier irgendwas angefaßt?«
    Ich schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein. Schlimm genug, daß ich es entdeckt habe.«
    Er musterte mich, und seine kleinen Augen sahen auf einmal gar nicht mehr gemütlich aus.
    »Wieso haben Sie das denn entdeckt? Stand der Wagen so da, wie er jetzt dasteht?«
    »Ja, genauso.«
    Sein Gesicht bekam einen lauernden Ausdruck.
    »Und Sie halten jedesmal, wenn Sie nachts auf einer Straße einen Wagen stehen sehen, und schauen nach, was drin los ist?«
    »Nein, das tue ich nicht jedesmal. Ich tue das nur, wenn ich hier an dieser Stelle mit einem Mädchen verabredet bin, das einen roten Cadillac fährt.«
    Er zog seine buschigen Brauen hoch.
    »Dann kennen Sie also dieses Mädchen?«
    »Ich kenne die meisten Leute, mit denen ich mich verabrede.«
    »Wetten, daß Sie bald keine so freche Lippe mehr riskieren?«
    »Gut«, sagte ich. »Um wieviel?«
    Er grinste breit.
    »Zehn Dollar von mir gegen einen von Ihnen?«
    Ich streckte ihm die Hand hin.
    »Abgemacht, Leutnant. Übrigens, hier sind meine Papiere.«
    Ich zog meine Brieftasche, gab ihm meinen Ausweis und meine Lizenz.
    Er stieß einen Zischlaut aus und sagte:
    »Da haben wir ja schon die Sauerei! Wo Kerle von Ihrem Kaliber die Pfoten drinhaben, ist immer was oberfaul. Haben Sie eine Waffe bei sich?«
    »Nicht mehr«, sagte ich grinsend. »Denn die, mit der ich das Mädchen erschossen habe, liegt da hinten im Wald.«
    Er zischte wieder und wurde, soweit ich das in der Dunkelheit beurteilen konnte, um einige Nuancen dunkler im Gesicht.
    »Das Mädchen da«, fuhr ich fort, »ist Olivia Anderson. Ich war zu einer Party bei den Andersons eingeladen, und sie wollte mir den Weg von hier zeigen. Wir waren hier verabredet. Zu derlei Veranstaltungen pflege ich ohne Waffen zu erscheinen.«
    Ein baumlanger Sergeant war zu uns getreten und stand abwartend hinter mir. Er spielte lässig mit seinem Gummiknüppel und kaute. Wahrscheinlich auf Anderson-Gummi.
    »Soll ich?« fragte er nur.
    Der Leutnant nickte. Ich spürte zwei Hände an mir herumtasten, dann drehte er sich wortlos um und suchte in meinem Wagen weiter. Ich dankte dem Himmel, daß ich wirklich keine Pistole dabei hatte.
    »Nichts!« rief er nach einiger Zeit.
    »Wie lange«, fragte ich den Leutnant, »muß ich frech sein, bis ich die zehn Dollar gewonnen habe?«
    Er gab mir meinen Ausweis und die Lizenz mit spitzen Fingern zurück.
    »Da, stecken Sie Ihre Fetzen wieder ein. Sollten Sie beruflich zu den Andersons kommen?«
    Ich wiegte den Kopf.
    »Nicht direkt. Aber Miss Anderson ist eine Klientin von mir.«
    »Aha«, machte er. »Und was wollte sie von Ihnen?«
    »Nichts, was mit diesem Mord zusammenhängt. Aber, Leutnant, würden Sie es nicht für richtig halten, allmählich die Mordkommission zu verständigen?«
    »Hat Grant längst getan.« Er deutete mit dem breiten Kinn auf den langen Sergeanten.
    »Und würde es Ihnen sehr viel ausmachen, mir zu sagen, mit wem ich das Vergnügen habe?«
    Er lachte schallend auf.
    »Vergnügen ist gut!« wieherte er. »Ich heiße Samuel Delano McGorvyn. Wenn Sie länger in Ihrer Branche arbeiten, könnten Sie schon mal was von mir gehört haben.«
    »O ja«, sagte ich. »Der bekannte >Sammy M. G.< ist mir natürlich ein Begriff. Sammy M. G. ist doch der Mann, der im vorigen Jahr Ned Robeson zur Strecke brachte, nicht wahr? Aber ich hatte keine Ahnung, daß Sie das sind.«
    Er nickte beifällig.
    »Ja«, sagte er. »Ned Robeson war eine verdammt harte Nuß. Und das da« — er deutete mit dem Daumen über die Schulter zu dem roten
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