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Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt
Autoren: Linda Budinger
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    Freitag, 4. Juli, Astoria Park, New York
    Am dunklen Himmel von New York erblühten Blumen aus Silbersternen. Vom East River wehten Schwaden von Pulverdampf in den Astoria Park, der sich auf einer Strecke von beinahe tausend Yards am Ostufer der Meerenge entlangzog.
    Feiersüchtige New Yorker säumten das Ufer, sammelten sich an der Hell Gate  und der Robert F. Kennedy Bridge. Sie reckten die Köpfe, um ja keinen Moment des Feuerwerks zum Unabhängigkeitstag zu verpassen. Familien bejubelten die Feuergarben und Bombetten genauso lauthals wie ihren Nationalfeiertag.
    Doch nicht alle drängten aus den überhitzten Wohnungen, um zu feiern.
    Jeremiah Cotton betrachtete das Foto auf dem Display seines Handys und dann den Mann, der vielleicht zehn Yards entfernt unter einer Laterne entlanglief.
    Kein Zweifel, das war Miller, der Gesuchte.
    Cotton sah sich nach Detective Joe Brandenburg um und machte ihn auf den Mann aufmerksam. Brandenburg nickte und klemmte sich hinter den Verdächtigen, während Cotton an das Hauptquartier des G-Teams durchgab, dass er Miller gefunden habe.
    Ungefähr zehn Minuten vergingen. Cotton und sein ehemaliger Kollege vom New York Police Department wechselten sich alle paar Minuten mit der Observation ab, damit Miller keinen Verdacht schöpfte.
    Miller war erst vor wenigen Stunden ins Visier des FBI gerückt und wirkte ahnungslos. Er schob sich mit gesenktem Kopf an den Sportanlagen des Parks vorbei und durch die aufgeregte Menge, als gäbe es für ihn kein Morgen.
    Cottons Handy vibrierte, gerade als er Brandenburg ablösen wollte. Er aktivierte die Freisprechanlage und schnauzte: »Was?«
    »Hier High. Was macht der Verdächtige?«
    Beim Klang der kühlen Stimme seines Vorgesetzten ging Cotton automatisch aufrechter. »Wir sind an ihm dran, Sir«, sagte er leise. Gekonnt schlängelte er sich an einem küssenden Liebespaar vorbei.
    »Wir haben unter Millers Adresse ein Labor voller toter Affen gefunden«, sagte John D. High. »Und zwei sterbende Mitarbeiter, die uns das geplante Attentat bestätigt haben. Einer davon war unser Tippgeber. Außerdem haben wir das Virus untersuchen lassen. Hunter hält es für hoch ansteckend. Es wird über die Luft übertragen. Und noch was, Cotton …«
    »Ja, Sir?«
    »Vermutlich hat der Typ eine Bombe bei sich.«
    »Möglich, Sir, ja. Er hat eine Kühltasche dabei«, bestätigte Cotton. Keine Sekunde ließ er den Flüchtigen aus den Augen. »Und unter dem Mantel kann er Gott weiß was verbergen.«
    Nichts wies darauf hin, dass Miller irgendetwas anderes als Grillfleisch oder Getränke in der Kühltasche transportierte. Doch Cottons siebter Sinn schlug Alarm. Ungeduldig lauschte er den Anweisungen seines Chefs und antwortete: »Okay, ich sag’s ihm«, bevor er das Gespräch beendete.
    Joe Brandenburg schaute sich kurz nach seiner Ablösung um. Bei der Gelegenheit nahm er eine Zeitung von der nächsten Parkbank, um sich dahinter zu verstecken, und blieb etwa fünfzehn Yards hinter der Zielperson.
    Cotton suchte Blickkontakt zu ihm und tippte sich ans Ohr, zum Zeichen, dass er neue Anweisungen hatte. Im Gehen zog er unauffällig die Dienstwaffe und schloss zu Brandenburg auf.
    In den Parks und Vorgärten grillten die Leute. Besucher des traditionellen Konzerts zum 4. Juli drängten heimwärts und pfiffen patriotische Melodien. Kinder zündeten Feuerwerkskörper und bewarfen sich kreischend mit Knallfröschen. Es war ein fröhliches Chaos, gut für eine Observation, aber die Hölle für eine Verfolgungsjagd.
    An einen Anschlag mochte Cotton nicht einmal denken. Die Luft war schwer von Schwarzpulverdämpfen und dem Geruch brutzelnden Fleisches. Einen Moment lang fühlte Cotton sich an den schrecklichsten Tag seines Lebens zurückversetzt, den 11. September 2001, doch er schüttelte die Erinnerung ab wie ein Hund Wasser aus seinem Fell.
    »Einladung zum Barbecue, Rookie? «, fragte Brandenburg, als Cotton neben ihm ging. Der stämmige Detective des NYPD trug einen Empfänger unter seiner Yankees-Baseballmütze und stand mit den anderen Polizeikräften in Verbindung.
    Cotton schüttelte den Kopf. »Das war Mr High. Es wird ernst. Miller ist Virologe. Vor allem aber ist er ein Durchgeknallter mit radikalem Weltbild. Zwei Leute hat er schon umgebracht. Wenn nötig, sollen wir ihn ausknipsen, ehe er das Virus über die halbe Stadt verteilt. Außerdem könnte er eine Bombe bei sich haben.«
    »Halleluja!« Brandenburg verdrehte die Augen. »Immer passiert so was,
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