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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias
Autoren: Gerd Brantenberg
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hochfliegender Träume von dem, was ich werden wollte. Seemannsromantik. Daran leidest du. Du solltest aufhören, all die abenteuerlichen Erzählungen über die Taten von Männern zu lesen, und dich lieber in Jungmädchenromane vertiefen. Dabei bekommst du viel realistischere Vorstellungen. Außerdem ist das keine richtige Frau, die zur See fahren will.“
    „Aber die meisten Seemänner, die ich kenne, haben doch auch Kinder!“
    „Das ist doch etwas ganz anderes! Ein Vater, Petra, kann doch nie Mutterstelle bei einem Kind vertreten.“
    Ihr Bruder lachte gemein. Er war anderthalb Jahre jünger als sie und ärgerte sie immer. „Haha! Eine Frau soll Seemann werden? Denkste!“ Neunmalklug fügte er noch hinzu, daß der Widersinn schon in den Wörtern liege. „Ein weiblicher Seemann! Der blödeste Ausdruck seit Menschengedenken. Ho, ho. Vielleicht solltest du Schiffsmädchen werden? Oder Zimmerfrau? Oder Steuerfrau?! Ich lach’ mich tot. Alle Frauen, die zur See gehen, sind entweder Huren oder lesbisch.“
    „Lesbisch?“
    „Lesbisch, ja! Sicher! Und in jedem Hafen stehen die Huren in Reih und Glied, um die Seemänner zu empfangen!“ Er zog sie an den Haaren. „Mama! Bernt ziept mich!“
    „Herrgott noch mal! Gibt es denn nie Frieden hier?“ Frau Direktor Berg kam aus dem Badezimmer gestürzt, den Kopf voller Lockenwickler. „Beherrscht euch endlich, Kinder! Bernt, merk dir, Petra ist haarempfindlich!“
    „Empfindlich an den Haaren und schwach überall. ,Merk dir, Petra ist haarempfindlich! Merk dir, Petra gehört dem schwachen Geschlecht an!“‘ Das klang wie ein Refrain. Kess fuhr Bernt fort: „Mama, muß Petra nicht bald einen BH tragen?“ Petra wurde puterrot.
    „Ruhe! Ich lese!“ brummte der Direktor.
    „Noch etwas Kaffee, Rolf?“ fragte die Direktorsgattin ablenkend und freundlich.
    „Hmmmmm“, kam es geistesabwesend. „Der war übrigens viel zu stark
    Petronius blätterte die ersten Seiten seines Manuskripts durch: Donna Göttin! Das wird ja ein ganz wahnsinniges Buch!

Der endgültige Abschied des Lesers von allen, die dabei waren, und besonders von Direktorin Bram und ihrem Sohn Petronius

    Vor allem waren es Frauen, die Petronius Brams Buch „Die Söhne der Demokratie“ besprachen. Größtenteils benutzten sie die Gelegenheit, um zu sagen, was sie von der Männerbewegung hielten. Die liberalen Blätter waren verhältnismäßig freundlich und machten nur kleinere Vorbehalte geltend: „Abschließend kann festgestellt werden, daß die Frauen in dem Roman des Direktorinnensohnes im großen und ganzen zufrieden sind. Auch wenn es sich bei den Hauptpersonen zweifellos um atypische aufrührerische Frauen handelt, so ist die fiktive Romangesellschaft doch eine Gesellschaft, die in Eintracht und Harmonie lebt, selbst wenn das nicht der Meinung des Autors entspricht.“ Die Liberalen setzten sich voll für die Gleichstellung der Geschlechter ein, stimmten auch mit einer gewissen Kritik an den bestehenden Verhältnissen überein, doch meinten sie, das Buch gehe zu weit. Eine andere Zeitung schrieb kurz und bündig: „Das ist ja alles ganz schön und gut, und es ist auch spannend, etwas über dieses Phantasiepatriarchat zu lesen (ist es eine Utopie des Autors?), aber kann Petronius Bram sich eine Gesellschaft vorstellen, in der nicht Männer die Kinder bekommen?“
    Der matraxistische Pang veröffentlichte eine zwei Seiten lange, ausführliche Kritik, in der das Buch als privatistische Maskulinistenpropaganda abgestempelt wurde. Der Roman sei ein eklatantes, jawohl, eklatantes Beispiel dafür, daß den Mitgliedern der ML jegliche Fähigkeit fehle, mit Frauen zusammenzuarbeiten. Ihnen fehle überhaupt jegliche Fähigkeit und Bereitschaft zu fruchtbarer Analyse. Wenn die Hauptperson im Buch schließlich behaupte oder denke, die Unterdrückung der Frauen in diesem Utopia (?) habe ökonomische Gründe, so sei und bleibe dies ein aufgesetztes Postulat, das im Buch an keiner Stelle untermauert werde. Die Kritikerin des Pang meinte ferner, es sei natürlich, daß die ökonomische Analyse fehle, wo doch die Maskulinisten aus ihrem bürgerlichen Sumpf nicht herausfänden. Dieser Zustand — und mit ihm die entsprechende Analyse — , fuhr die matraxistische Kritikerin fort, werde sich erst in dem Augenblick ändern, wenn die Mitglieder der Männerliga sich dazu aufraffen könnten, mit Frauen zusammenzuarbeiten. Mit „Frauen“ meinte der Pang selbstverständlich matraxistische Frauen („...die den
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