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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias
Autoren: Gerd Brantenberg
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begreifen konnte, wie sie überhaupt in die abgebildeten Häuser hineinpaßten.
    Auf einem Bild waren ein Riese von Mann und eine kleine spindeldürre Frau zu sehen, die auf einer einsamen Insel mit nur einer Palme darauf gestrandet waren. Am Horizont versank gerade der Bug des Schiffes. Wütend brüllte der Riesenmann seine kleine, mickrige Frau an: „Aber wir baden sonst nie mitten in der Woche, Fronie!“
    „Ha, ha!“ sagte Petronius laut zu sich selber. Die Frau mit der Mundharmonika hörte zu spielen auf. Sie grinste ihn mit zahnlosem Mund und verdrehten Augen an.
    Ein kleiner Junge kam zu ihm heran und machte einen artigen Knicks vor ihm.
    „Kaufen Sie mir eine Männerblume ab?“ fragte er.
    „Wofür ist denn das?“ fragte Petronius zurück.
    „Ja, das Geld geht an... ach, es hat irgendwas mit Frieden und Familie zu tun und so...“. antwortete der Junge und wurde rot im Gesicht. Petronius kaufte zwei Blumen. Der Junge bedankte sich lächelnd und lief weiter. Petronius wußte, wofür die Männerblume war. Wegen des ganzen Geredes um die Unterdrückung der Männer hatte es sich die staatliche Direktorinnen-Kooperative nicht nehmen lassen, ihrerseits auch einmal für die Belange der Männer einzutreten, und deshalb den ersten Sonntag nach Donna Klaras Abgang und die folgenden sieben Tage zur Nationalen Woche des Mannes erklärt. Aus diesem Anlaß wurde eine schöne Blume aus blauem Kunststoff angefertigt, und alle Schulkinder in Egalia bekamen einen halben Tag schulfrei, um die Männerblume im Interesse der Festigung des Friedens und eines besseren Verständnisses zwischen den Geschlechtern zu verkaufen. Offiziell hieß es zwar „Gleichstellung der Geschlechter“, aber die ganze Propaganda war auf die Begriffe „Festigung des Friedens“ und „Besseres Verständnis“ abgestimmt.
    Allmählich begannen auch die Zeitungen, mit dem Gedanken der Geschlechtergleichstellung zu liebäugeln. So konnte dam mitunter schon Sätze wie den folgenden lesen: „Wenn eine normale Wibsche durch die Straßen geht, wird sie (er) zahlreiche Beispiele geschlechterorientierten Denkens entdecken.“
    Petronius betrachtete die Wibschen, die an ihm vorbeigingen und vorbeifuhren. Die ganze Welt, dachte er, ist doch ein einziger nicht wegzuleugnender Beweis dafür, daß der Mann am wenigsten von ihr hat. Er verstand gar nicht, warum er das nicht immer so gesehen hatte. Auch begriff er nicht, warum das nicht alle erkannten. Dam brauchte nur die Augen zu öffnen. Aber die Frauen wollten das ganze Männerproblem auf einzelne Aspekte reduzieren. Die Matraxisten redeten nur vom Klassenunterschied. Die Matraxisten redeten nur von der Ausbeutung billiger Arbeitskräfte. Das war ein Kernbegriff in ihrer Analyse. Wenn die Millionen im Hause arbeitender patronierter Väter und in Niedriglohngruppen arbeitender unpatronierter Väter, die es in Egalia gab, nicht Opfer ökonomischer Unterdrückung waren — was waren sie dann? Nur weil die Maskulinisten ihren PH weggeschmissen hatten, wurde das Ganze zu einer rein persönlichen und sexuell motivierten Sache.
    Petronius stand auf, klaute aus der Mütze der Frau mit der Mundharmonika eine Matrake und rannte schnell weg. Nein, er mußte Zusehen, daß er nach Hause kam und den Brief an Gro schrieb. Und dann würde er zum Treffen der Männerliga gehen und Baldrian treffen und mit ihm und den anderen an einer neuen Welt basteln. Und damit basta.

Die Söhne der Demokratie

    „Schließlich sind es noch immer die Frauen, die die Kinder bekommen“, sagte Direktor Berg und blickte über den Rand des Demokraten zurechtweisend auf seine Tochter. Es war ihm anzusehen, daß er gleich die Beherrschung verlor. „Außerdem lese ich Zeitung.“
    „Aber ich will Seemann werden! Ich nehme die Kinder einfach mit“, sagte Petra erfinderisch.
    „Und was glaubst du wohl, wird der Vater der Kinder dazu sagen? Nein, meine Liebe. Es gibt gewisse Dinge im Leben, mit denen du dich abfinden mußt. Selbst in einer demokratischen Gesellschaft wie der unseren können es nicht alle Menschen gleich haben. Es wäre zudem tödlich langweilig. Grau und trist.“
    „Es ist viel grauer und trister, nicht werden zu dürfen, was man will.“
    „Wer hat denn gesagt, daß du nicht werden darfst, was du willst? Ich sage nur, du sollst realistischer sein. Keiner kann das Ei essen und zugleich das Küken haben wollen. Bekommst du Kinder, so bekommst du Kinder. Hör mal zu, Petra. In meiner Jugend hatte ich auch eine Menge
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