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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias
Autoren: Gerd Brantenberg
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eigentlich steht dem doch überhaupt nichts im Wege, daß ein Mann Taucher werden kann.“
    Kristoffer und Petronius fingen an, den Frühstückstisch abzuräumen. Sie gingen in die Küche. Dort war es viel angenehmer. Petronius machte die Tür zu, so brauchten sie wenigstens nicht zuzuhören, wenn Mama oder Ba etwas sagte.
    „Ich begreife nicht, daß du dir bei Mama unbedingt das Vaterschaftspatronat verschaffen wolltest. Du kannst dich noch so anstrengen, und doch erntest du in 62 % aller Fälle nur Tadel. Das habe ich in den letzten drei Monaten gezählt.“
    „Was hast du gesagt?“
    „Ja, 62 %! Das habe ich ausgerechnet. Ich führe nämlich Protokoll darüber, wie oft sie dich zurechtweist.“
    „Was ist denn das für ein Einfall?!“
    „Mama sagt doch, dam müßte ihre Behauptungen immer beweisen können. Darüber habe ich nachgedacht. Das bedeutet, daß dam alles aufschreibt, und sonst noch alles mögliche . Ich habe nun damit angefangen, alles aufzuschreiben, was hier im Hause vor sich geht.“
    „Und was willst du damit machen?“
    „Machen? Das weiß ich nicht.“
    „Aber ich verstehe nicht, warum du mit ihr zusammen sein willst.“
    „Aber ich liebe sie doch!“
    Petronius dachte nach. Auf eine Art war das ja verständlich. Mama war eine stattliche Frau. Sie hatte einen feinen, markanten Kopf, der sich unter den kurzgeschnittenen, immer hochstehenden schwarzen Haaren wölbte. Gerade Nase, ernster Gesichtsausdruck, kleine, stechende, helle blaue Augen, entschlossener Mund, gerade Schultern, kräftige Bewegungen. Wenn Mama sich bewegte, war es stets angemessen und effektiv. Die Stimme, hart und durchdringend, ließ immer auf eine sichere Kenntnis dessen schließen, wovon sie sprach, selbst wenn sie nichts davon verstand. So sollte eine Frau sein. Außerdem war sie stets elegant gekleidet: ein schicker brauner Kittel über locker sitzenden weiten Hosen und dicksohlige braune Gesundheitsschuhe. Gewöhnlich trug sie um den Hals ein weißes Seidentuch. Sie war stets adrett. So wie Männer es sich erträumten. Eine sehr elegante Frau war sie. Das wußte Petronius. Darüber hinaus hatte sie eine Spitzenstellung in der staatlichen Direkto-rinnen-Kooperative und damit auch ein Spitzengehalt und eine Traumwohnung mit Dachterrasse auf der Insel Luksus, die einen weiten Blick über Egalsund im Osten und über das Meer im Süden und Westen bot. Petronius wußte, daß er sich glücklich schätzen konnte, wenn er im Leben so begünstigt sein würde wie sein Vater und es ihm gelänge, sich ein solches Vaterschaftspatronat zu verschaffen. Aber das würde er wohl nie erreichen.
    „Petronius?“
    Er zuckte zusammen. Am Tonfall erkannte er, daß er kaum Lust verspürte, über das zu reden, worüber der Vater jetzt mit ihm reden wollte. „Ich habe schon längere Zeit darüber nachgedacht. Es ist richtig, was Ba gesagt hat. Ist es nicht an der Zeit, daß du mit einem PH anfängst?“ Petronius spürte, daß ihm warm wurde. Er antwortete nicht. „Ich habe festgestellt, daß du dich in letzter Zeit kräftig entwickelt hast.“
    „Ja, danke.“ Das hatte auch Petronius mit immer größerem Schamgefühl bemerkt. Es war entsetzlich. Seine Stimme konnte sich ebenfalls nicht entscheiden, ob sie in die Höhe oder in die Tiefe wollte. Warum konnte er nur nicht für immer Kind bleiben.
    „Der Kaufmann, Herr Monatochter, hat sich in der letzten Woche nach deinem PH erkundigt. Die Leute erwarten es einfach.“
    „Sollen sie es doch erwarten. Vielleicht glauben die sogar, ich hätte überhaupt keinen Pimmel.“
    „Petronius! Kannst du nicht aufhören, solche Ausdrücke zu benutzen?“
    „In der Klasse gibt es viele, die noch keinen PH tragen.“ Das war eine glatte Lüge. In Wirklichkeit war es nur Syprian, und der war viel kleiner als er. Aber er hatte keine Lust darauf. Die Jungen erzählten sich, daß er kratze und immer im Wege sei. Sie haben gesagt, es sei unangenehm und unpraktisch, den Pimmel immer in so einen blöden Halter mit Stäbchen zu stecken. Und es sei so unpraktisch beim Pinkeln. Denn sie mußten zuerst den Bauchgürtel, der den PH hielt, losbinden, und der war unter dem Hemd festgemacht, so daß sie oft lange fummeln mußten, besonders zu Anfang. Der Bauchgürtel war meist zu eng und hinterließ auf der Haut Abdrücke. Außerdem mußten sie in ihre Hemden Schlitze machen, damit der PH locker und frei hängen konnte. Einige behaupteten, ein PH kratze immer. Andere meinten, es komme darauf an, welchen Stoff
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