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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias
Autoren: Gerd Brantenberg
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dam an den Gürtel schnallte, und mußte noch einmal zurück. Das Orchester war gerade beim Schluß der Kantate angelangt.
    Wolfram hielt schon nach ihm Ausschau. Als er wieder hoch kam, hakte er sich sofort bei ihm ein, und so marschierten sie mit den anderen Jungen aufs Parkett.
    „Wo ist Baldrian? Wollte er nicht in unserem Trio tanzen?“ Petronius spürte eine Hand unter dem Arm. „Hier!“ Baldrian strahlte ihn an und sah einfach blendend aus. Er war so kühn und hatte einen tiefblauen Anzug mit breitem Goldgürtel angezogen, der auf seinem rundlichen Körper knackig und wie angegossen saß. Er konnte sich stets solche Raffinessen leisten. Petronius starrte ihn fasziniert an. Seinetwegen würde dam sich nach dem Trio reißen.
    Die Zeremonienmeisterin ging auf das Podium, nickte und fuchtelte mit der Hand. „Willkommen, meine Herren und Damen! Wieder einmal kann die Egalsunder Jugend den Frühjahrs-Einführungsball erleben. Alle Jahre wieder gibt es wohl nichts, was wir so herbeisehnen wie dieses Ereignis. Der Frühling ist eben jene leuchtende und unbeschwerte Zeit, da der Wind zärtlich verspielt die Blusen und Hemden unserer Knaben streift und wir neuen Mut schöpfen. Die Bäume schlagen aus und alles wird grün. Und wer von uns möchte sich da nicht dem Ungestüm der Lebenslust hingeben und einen Knaben in den Arm nehmen! Können wir uns einen lieblicheren Anblick vorstellen als so viele reizende junge Herren auf einmal?“
    Die Jungen sahen sich beschämt an oder blickten verlegen zu Boden. „Unser Festarrangement wird wie alle Jahre zuvor verlaufen. Zuerst tanzen die süßen jungen Herren Trio für uns. Währenddessen kann dam an der Bar Getränke und Knabberzeug kaufen. Danach folgen wie immer Rundgang und Kuschelpause, das heißt, wir fordern die Damen auf zu zirkulieren. Das Orchester spielt einschmeichelnde Musik, es ist die Zeit für diejenigen, die Lust auf nähere Bekanntschaft mit den Herren verspüren. Zudem sind verschiedene Spieltische aufgestellt, oder dam kann sich in den diversen Salons entspannen.“
    Zurufe und Gelächter von den Barhockern. Irgendwer rief pfui.
    „Ha, ha, ha“, ließ sich die Zeremonienmeisterin mit galantem Lächeln vernehmen. „Ja, und jene Damen, die sich noch nicht orientiert haben, möchte ich darauf hinweisen, daß die verschiedenen Einführungszimmer in der zweiten Etage des Galerieflügels liegen. Und so wird der Ball mit Tanz und Unterhaltung bis halb zwei weitergehen.“ Die Zeremonienmeisterin klatschte in die Hände und holte flott mit dem einen Arm aus. „Und nun, meine Herren! Nur zu! Nehmen Sie Ihre Nebenfrau und fangen Sie an!“
    Trommelwirbel und Fanfarenstöße. Die Leute klatschten. Der Triotanz begann. Die Jungen, die immer zu dritt tanzten, hatten sich eingehakt.
    Es war ein Tanz mit leichten, graziösen Hüpfern auf den Zehenspitzen und mit seitlichen Verbeugungen; monatelang hatten sie die in der Schule während der Gymnastikstunde eingeübt. Es war ein langsamer Boogie-Woogie. Unter dem Kronleuchter rauschte und wogte es von farbenprächtigem Chiffon, von Seide und Tüll. Von oben hätte sich Petronius und den anderen ein ganz entzückender Anblick geboten. Doch das einzige, was er im Gedränge des Ballsaales erlebte, war ein schwitzendes, brodelndes Chaos, in dem alles darauf ankam, nicht das rechte Bein zu setzen, wenn die anderen das linke nahmen. Er wiederholte für sich die Mahnung aus der Gymnastikstunde: „Merk dir, links immer zuerst. Links immer zuerst!“
    Petronius hob das rechte Bein und kollidierte mit Wolfram, der wiederum Syprian anstieß. Dieser falsche Schritt übertrug sich auf mehrere andere Trios. Petronius warf einen verzweifelten Blick nach oben. Hatten die auf der Galerie etwas bemerkt? Aber dort war alles verschwommen, außerdem war er gerade bei einer Seitenverbeugung, so daß er den ganzen Ballsaal um einen Winkel von neunzig Grad verdreht sah. Baldrian drückte seinen Oberarm. Das gab ihm ein sicheres und gutes Gefühl. Baldrian sorgte dafür, daß das Trio wieder in den richtigen Rhythmus kam.
    An den Wänden des Ballsaals, an den zur Bar führenden Türen und an das Geländer der Galerie gelehnt standen Frauen in ihren dunklen Kitteln und Hosen und weißen Seidentüchern. Sie tranken einander zu und starrten gebannt auf die Tanzenden. Bisweilen zeigten sie auf den einen oder anderen und sagten irgend etwas zur Nebenfrau. Petronius bemerkte eine große dunkelhaarige Frau gleich neben der Eingangstür. Sie sah
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