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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias
Autoren: Gerd Brantenberg
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erinnerte sich plötzlich daran, was Mama einmal gesagt hatte, warum sie auf Papa geflogen war. Dieses schüchterne, einnehmende Lächeln auf dem ersten Einführungsball sei es gewesen. Petronius war sich aber nicht sicher, wie dam einnehmend lächelte. Er wagte nicht, sie anzusehen. Unversehens legte sich eine Hand auf ihre Schulter, und Petronius wurde ein Stück zur Seite geschoben. „Heee, Gro!“ grölte so eine rauschrote Scharteke, merklich betrunken. „Eujoijoi, du hast dir also schon ein Mannsbild an Land gezogen?!“
    Petronius fühlte Stolz in sich, gleichzeitig aber auch Unbehagen. Es hörte sich schon ganz schön an, eine hatte ihn an Land gezogen. Er war sozusagen im Hafen. Er saß nicht mehr in der Nische. Doch gleichzeitig kam es ihm so vor, daß er an dem Gespräch mit Gros Kameradin nicht richtig teilhaben konnte. Er war gewissermaßen nur anwesend. Er lächelte sie an. Sie lächelte nicht zurück, beugte sich zu Gro und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Gro nickte. „Warte! Ich komme gleich zurück“, sagte sie. Dann bahnte sie sich mit ihrer Kameradin einen Weg durch die Bar.
    Warte. Ich komme gleich zurück. Warte. Zurück. Ich komme. Warte. Die Worte schwirrten ihm durch den Kopf. Das war das einzige, was sie zu ihm gesagt hatte. Er sollte warten. Sie wollte kommen. Zu ihm. Zu ihm! Petronius rührte sich nicht von der Stelle. So als würde sie ihr Versprechen nicht einlösen, wenn er auch nur eine Winzigkeit wegrückte. Er nahm einen Schluck und fühlte Wärme in sich aufsteigen. In der Bar waren fast nur Frauen. Hier und da stand ein Paar, doch sonst gab es nur Frauen. Einige starrten ihn an, wandten sich ab und starrten ihn wieder an. Sie bufften sich in die Seite und erzählten sich offenbar lustige Sachen. Petronius blickte an sich herunter, konnte aber nichts Lustiges entdecken. Sicher war es etwas anderes. Er trank den Rest aus. Warte. Ich komme...
    Lachend erschien Baldrian mit einer ganzen Clique in der Bar und hängte sich bei Eva Barmerud ein. Sie war eine große, flotte Type. Er zwinkerte Petronius zu. Petronius erschrak. Baldrian war so lieblich anzusehen. Die Clique strömte auf ihn zu, an allen Bargästen vorbei. Eva Barmerud war schon ganz schön beschwipst, als sie sich zu Petronius wandte und das Glas erhob: „Und nun singen wir unser Lied noch einmal vor, los, kommt!“
    „Jaaa!“ rief Wolfram Saxe und bahnte sich einen Weg in die Bar mit einer Frau, die scharf auf ihn war. „Ich will dabeisein. Der ist stark.“ Alle Frauen und Wolfram heulten in verschiedenen Tonarten los.
    Das Schönste sind immer die Kna-ha-haben
    beim Tanz, wenn der Pe-Ha ganz erha-ha-haben
    und du dich in Freude kannst la-ha-haben.
    Freude und Glück!
    Freude und Glück,
    wenn deine Faust dies zierliche Stück
    ganz fest und begehrlich drückt.
    Der höchste Ton des Liedes lag auf ,Glück’ , und die drei letzten Zeilen wurden noch einmal mit lautem Gebrüll heruntergeleiert. Dann schrien sie vor Lachen und zogen ab. Baldrian warf Petronius einen kurzen Blick zu, verdrehte die Augen und ging mit den anderen mit. Wolfram blieb stehen, musterte ihn. Da spürte er ihren Händedruck. Sie drückte ihn!! Er sandte Wolfram ein triumphierendes Lächeln zu und zog mit Gro los. „Sie, ich meine meine Kameradin da, hat überhaupt kein Feeling“, erklärte Gro. „O nein“, sagte Petronius und verzog den Mund zu einem Lächeln, als habe er etwas ungeheuer Lustiges gesagt. Eigentlich hatte er aber gar nicht verstanden, was sie damit hatte ausdrücken wollen. Sie zog ihn mit sich durch den Ballsaal. Ihm fiel auf, daß die Nische, in der er und Syprian gesessen hatten, nun leer war.
    „Mich wundert, wo Syprian steckt.“
    „Ist er dein Freund? Ich habe ihn mit Britt zusammengebracht.“ Sie gingen die Treppe hoch und die Galerie entlang. Gro holte einen Schlüssel aus der Tasche, schloß Zimmer Nr. 7 auf und schob ihn vor sich hinein.
    Es war ein schönes Zimmer. Schwere, dunkelrote Vorhänge, zwei Sessel mit einem Tisch dazwischen und einem Barschränkchen mit eingebautem Plattenspieler. Und mitten im Zimmer ein großes, grünbezogenes Bett. An der Wand hing ein riesiges Gemälde mit einem nackten jungen Mann auf einem Sofa, vor dem eine Fruchtschale auf einem Tisch stand. Das Zimmer wurde durch eine Stehlampe schwach beleuchtet, die eine nackte Männerskulptur mit einer rotgoldenen Birne als Kopf darstellte. Dieses Modell war in jüngster Zeit in Mode gekommen, denn in Egalia gab es bereits seit einigen
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