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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale
Autoren: Leena Lehtolainen
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sicher so viel, wie ein Kriminalmeister im Monat verdient. Die schwarzen Pumps hatten mindestens zehn Zentimeter hohe Absätze. Ulrika Weissenberg war genau der Typ Frau, bei dessen Anblick mir bewusst wird, dass meine Haare ungekämmt und meine Kleider zerknittert sind. Heute früh hatte ich mich nicht einmal geschminkt, weil ich mit dem Rad zur Arbeit gefahren war.
    «Kriminalhauptmeisterin Kallio und Kriminalpolizeimeis-ter Pihko von der Polizei Espoo», brachte ich heraus. «Dürfen wir eintreten?»
    Die Frau scheuchte den kläffenden weißen Pudel zur Seite. Sie musterte uns.
    «Es geht sicher um den Tod von Noora Nieminen», meinte sie.
    «Sie haben es also bereits gehört?» Ich trat einfach ein, obwohl sie uns immer noch nicht dazu aufgefordert hatte.
    «Nooras Vater hat mich vor einer Stunde angerufen. Kommen Sie bitte, ich will gern versuchen, Ihnen behilflich zu sein, auch wenn ich Ihnen nicht viel sagen kann. Gehen wir in mein Arbeitszimmer.» Sie drehte sich um, und wir folgten dem Jasminduft ihres Parfüms.
    Das Haus war ebenso gepflegt wie seine Besitzerin. Das Arbeitszimmer befand sich am Nordende, mit Blick auf Felsen und Bäume. Der Kontrast zu Elena Grigorievas Wohnung war gewaltig, obwohl zwischen Nöykkiö und Kuitinmäki nur ein paar Kilometer lagen. In Frau Weissenbergs Arbeitszimmer standen grazile italienische Designermöbel. Pihko setzte sich vorsichtig auf einen dreibeinigen Stuhl, als fürchte er umzukippen, während ich in einem schwarzen Ledersofa versank.
    «Hoffentlich dauert es nicht lange, ich muss zu Nooras Eltern und außerdem noch eine Pressemitteilung aufsetzen.
    Ich habe bereits versucht, Kriminalrat Taskinen zu erreichen, vielleicht kennen Sie ihn. Seine Tochter ist auch Mitglied unseres Vereins. Jyrki war nicht zu sprechen, aber Sie können mir sicher sagen, wie die Ermittlungen vorankommen. Haben Sie den Verrückten schon gefasst, der die arme kleine Noora ermordet hat?»
    Sie wusste offenbar nicht, wer von uns beiden in der Hierarchie höher stand, an wen sie also ihre Frage richten sollte.
    Ich war die Ältere und hatte bisher das Reden übernommen, andererseits war ich eine Frau und zudem schwanger. Als sich mein Bauch zu runden begann, hatte ich erstaunt festgestellt, dass manche Menschen Schwangere offenbar für geistig minderbemittelt halten. Vermutlich war eine schwan-gere Kripobeamtin tatsächlich ein ungewohnter Anblick.
    Pihko wiederum war zwar ein Mann, aber jünger und wort-karger als ich. Auch jetzt überließ er das Reden mir.
    «Vorläufig hat es noch keine Festnahme gegeben. Was hat es mit der Pressemitteilung auf sich?»
    «Der ELV Espoo und der Finnische Eislaufverband müssen selbstverständlich ein offizielles Kommuniqué herausgeben!
    Der Tod einer Spitzensportlerin interessiert die Medien.
    Nooras Eltern haben zurzeit natürlich nicht die Kraft, sich um die Öffentlichkeitsarbeit zu kümmern, daher werde ich das übernehmen.»
    «Den Inhalt Ihrer Pressemitteilung stimmen Sie bitte mit der Polizei ab», sagte ich verärgert, denn Weissenbergs Alleingang konnte die Ermittlungen behindern.
    «Eben darüber wollte ich mit Kriminalrat Taskinen sprechen.» Ihre Stimme klang wie ein Eiszapfen, der gegen Metall schlägt, die langen Fingernägel trommelten ungeduldig auf die Tischplatte. Nur der Nagel des rechten Zeigefingers war kurz, aber wie die anderen blutrot lackiert.
    «Wenn Sie jetzt ihre Fragen stellen würden, Frau Wacht-meisterin.»
    Ich machte mir nicht die Mühe, den Titel zu korrigieren, obwohl sie es ganz offensichtlich darauf anlegte, mich zu be-leidigen. Egal, wie sie mich anredete, es lag in meiner Macht, ihr das Leben schwer zu machen. In anklagendem Ton begann ich:
    «Sie sind eine der Letzten, die Noora Nieminen lebend gesehen haben. Gestern Abend soll es zu einem heftigen Streit zwischen Ihnen gekommen sein. Sie haben nicht etwa vor dem Eisstadion auf Noora gewartet und die Auseinandersetzung fortgesetzt, in Ihrem Auto zum Beispiel?»
    Pihko machte einen raschen Atemzug, er war sicher entsetzt über meine Vernehmungstechnik. Der Parfümduft wurde intensiver, unter dem Rouge breitete sich auf Frau Weissenbergs Gesicht echtes, dunkleres Rot aus.
    «Wollen Sie andeuten, ich hätte … Hören Sie, Wachtmeis-terin, wie war noch der Name, wenn ich so behandelt werde, sage ich kein Wort mehr! Ich spreche nur noch mit Jyrki Taskinen. Verlassen Sie sofort mein Haus!»
    Pihko holte erneut Luft, dann sagte er mit einer Autorität, die ich ihm gar nicht
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