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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale
Autoren: Leena Lehtolainen
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Labor schicken», sagte Karttunen, einer der Kriminaltechniker. Als ich nickte, fuhr er fort: «Die Tasche war da drüben hinter dem Felsen versteckt, wenn wir nicht gezielt gesucht hätten, wäre sie sicher nicht so bald gefunden worden. Die Schlittschuhe lagen zuoberst. Guck mal.»
    Er zog den Reißverschluss auf. Schweißgestank schlug mir entgegen und verdeckte fast den leicht metallischen, wider-lichen Geruch von getrocknetem Blut, der von den Schlittschuhen aufstieg. Ich musste an den flehenden Blick denken, den Noora als Schneewittchen auf den Jäger geheftet hatte.
    Hatte sie ihren Mörder genauso angesehen?
    «Vor der Untersuchung im Labor können wir natürlich nicht definitiv davon ausgehen, dass es sich um die Tatwaffe handelt, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß», sagte ich mehr zu mir selbst als zu Pihko und Koivu, die jetzt hinter mir standen. «Schickt alles ins Labor. Den restlichen Inhalt sehe ich mir nach der Analyse der Schlittschuhe an. Ist sonst noch etwas gefunden worden, Kampfspuren zum Beispiel oder ein blutbefleckter Stein?»
    «Nichts dergleichen. Aber letzte Nacht hat es geregnet, durchaus möglich, dass Petrus die Spuren weggewaschen hat. Wir suchen trotzdem weiter», seufzte Karttunen.
    «Verdammt gute Mordwaffe», ertönte eine bekannte Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah direkt in Pertsa Ströms pockennarbiges Gesicht, in dem die zweimal gebrochene Nase leuchtete wie eine weich gegarte Rote Bete.
    «Was willst du denn hier, Pertsa? Das ist nicht dein Fall!»
    «Ich war zufällig in der Nähe, als die Zentrale dich alarmiert hat. Ich dachte, das schau ich mir mal an, aus purer Neugier. Schlittschuhe also … Die Kufen sind verflucht scharf, das weiß ich, als Kind hat mich beim Eishockey mal ein gegnerischer Verteidiger an der Backe erwischt. Hier, die Narbe sieht man heute noch. Bei den Eiskunstläufern ist vorn ja auch noch eine Säge dran. Damit kann man schon jemanden abmurksen.»
    «Halt den Mund, du Idiot! Wie Noora Nieminen umgebracht worden ist, kann ich mir auch ohne deine Hilfe vorstellen!»
    Das Verhältnis zwischen Pertsa und mir war nahezu unerträglich, seit feststand, dass wir um Taskinens eventuell frei werdenden Posten konkurrierten. Pertsa glaubte, die schlechteren Karten zu haben, weil der Trend momentan dahin ging, Frauen zu fördern. Sollte ich Taskinens Nachfolge-rin werden, würde Pertsa garantiert überall verkünden, ich hätte die Stelle nur meinem Geschlecht zu verdanken.
    «Herrgott nochmal, in Joensuu spielen nur die Skinheads verrückt, aber hier in Espoo spinnen sogar die Polizisten», motzte Koivu, der erst vor zwei Monaten in unser Dezernat gekommen war. Ich hatte vor einigen Jahren als Urlaubsver-tretung bei der Kripo Helsinki mit ihm zusammengearbeitet.
    Koivu war dann nach Joensuu versetzt worden, und ich hatte im Sommer vor zwei Jahren ganz in der Nähe, in meiner Heimatstadt Arpikylä, den Ortspolizeidirektor vertreten.
    Dort hatten wir gemeinsam den Mord an einer Künstlerin aufgeklärt. In Espoo hatte ich Koivu vermisst. Umso mehr freute ich mich, nun wieder mit ihm zusammenarbeiten zu können. Eigentlich war er mehr als ein Kollege, eher sah ich in ihm den Bruder, den ich mir immer gewünscht hatte.
    «Hast du bei deiner Runde durch die Geschäfte etwas herausgefunden?», fragte ich ihn. Er meinte, am aussichtsreichs-ten seien die Zettel, die er im Parkhaus verteilt hatte. Vielleicht erinnerte sich jemand an Kati Järvenperäs alten Mercedes und an den Wagen des Mörders, der vermutlich daneben gestanden hatte. Dass Noora mit einem Pkw in das Parkhaus transportiert worden war, stand außer Zweifel. Der Täter hatte ein ziemliches Risiko auf sich genommen. Auch Kati Järvenperä war eine Schlüsselfigur, denn vermutlich hatte sich der Mörder bei ihrer Ankunft bereits im Parkhaus aufgehalten und gesehen, dass sie ihren Kofferraum nicht abschloss.
    «Als Tatort käme das Gehölz durchaus in Frage», dachte ich laut. Auf dieser Straßenseite standen keine Häuser, hier war nichts als das vermoorte Wäldchen, das in ein Weidengebüsch auslief. Dahinter erhob sich ein grasbewachsener Hügel mit zahlreichen Spazierwegen. Das Weidengebüsch und einige Kiefern verdeckten die Sicht auf den Waldstreifen.
    Noora hatte am Südende der Straße gewohnt, nur zwei Blocks von hier. Was mochten ihre Eltern beim Anblick der Streifenwagen und der rotgelbschwarzen Absperrung empfinden? Würden sie je wieder an dem Wäldchen vorbei-fahren können, ohne
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