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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale
Autoren: Leena Lehtolainen
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nach Kanada geflogen, Ulrika Weissenberg war ihnen eine Woche später gefolgt. Sie waren alle erleichtert, dem Medienrummel zu entkommen, der nach der Aufklärung des Mordes über sie hereingebrochen war. Ein pädophiler Trainer bot Stoff für saftige Storys, genau das, was die Leute lesen wollten – solange es eben nur eine Story war, die sie persönlich nicht berührte.
    Siljas Knöchel war völlig unversehrt. Eine Woche vor ihrem Abflug hatte Koivu sich ein Herz gefasst und sie zum Essen und ins Kino eingeladen. Auch nach Siljas Rückkehr hatten sie sich ein paar Mal getroffen, doch mehr schien nicht daraus zu werden. Offenbar spielte der Altersunterschied doch eine Rolle, jedenfalls für Silja. Der arme Koivu war immer noch schwer verliebt.
    Eine neue Wehe überfiel mich, es war, als würde mein Rü
    cken in einen Schraubstock gespannt. Seltsam, dass der Schmerz hauptsächlich im Rücken zu spüren war. Da ich in den nächsten Stunden viel Energie brauchen würde, versuchte ich von der Dickmilch zu essen, die man mir zum Frühstück gebracht hatte, doch ich hatte keinen Appetit. Die Hebamme schloss mich für eine Weile an den CTG an.
    Schnüppchens Herz schlug regelmäßig, schneller als mein eigenes, fast im Rhythmus der Musik von Scarlatti, die aus den Lautsprechern kam.
    Als Janne mich an jenem Abend zur Klinik gefahren hatte, war ich ernstlich besorgt gewesen. Ultraschallbild und Herztöne hatten jedoch gezeigt, dass meinem Kind nichts geschehen war. Antti war über meinen idiotischen Alleingang natürlich außer sich gewesen, und dieses eine Mal gab ich zu, dass er Recht hatte.
    Janne hatte zunächst nicht nach Kanada fliegen wollen, doch Ulrika hatte ihn überredet. Da es in Finnland keine ge-eignete Läuferin gab, wollte der ELV unter den Sportlerinnen aus aller Welt, die im Sommer in Kanada trainierten, eine neue Partnerin für Janne suchen. Eine Amerikanerin war offenbar interessiert, jedenfalls wollte sie Anfang September probeweise nach Espoo kommen. Silja und Janne hatten mir eine Karte aus Kanada geschickt, auf der Silja die Sehens-würdigkeiten schilderte. Janne hatte nur eine Zeile geschrieben. Still alive. Manchmal kann ich schon wieder in den Spiegel schauen, dank dir. Diese Zeile hatte mir über einige schlimme Nächte hinweggeholfen, in denen Schnüppchens Tritte und meine Ängste mir den Schlaf raubten.
    Die Hebamme schaltete den HerztonWehenschreiber aus und überprüfte den Muttermund. Fünf Zentimeter geöffnet.
    «In die Wanne lasse ich dich lieber nicht, weil die Frucht-blase geplatzt ist, aber eine warme Dusche würde ich empfehlen, die lindert den Schmerz», sagte sie aufmunternd. Ich nahm mir vor, es zu probieren, wenn der Schmerz schlimmer wurde. Ich wollte versuchen, ohne Medikamente auszukom-men, obwohl ich mehr als einmal Albträume gehabt hatte, in denen ich um Schmerzmittel flehte.
    Elena hatte Tomi aus der Wohnung geworfen und die Scheidung eingereicht. Nun bedrängte Ulrika Weissenberg das Innenministerium, Elena und Irina so schnell wie möglich die finnische Staatsbürgerschaft zu gewähren. Vermutlich fürchtete sie, Elena werde sich nach Amerika abwerben lassen, wo ihr Privatleben nicht öffentlich breit getreten worden war. Soweit ich wusste, hatte die russische Miliz nicht die Absicht, Tomi wegen Anton Grigorievs tödlichem Unfall anzuklagen, aber in Finnland würde er wegen seiner illegalen Geschäfte vor den Richter kommen.
    Wieder eine Wehe, schneidend und hart, nun kamen sie bereits alle zwei Minuten. Ich bemühte mich, die Kontraktio-nen als Verbündete zu sehen, die Schnüppchen zu uns brachten.
    «Zeit für die Dusche?», fragte Antti, als er mein schmerz-verzerrtes Gesicht sah. Ich gab mir alle Mühe, entspannt zu bleiben, doch das war nicht leicht, wenn der Unterleib in einer riesigen Stahlzange steckte.
    «Gleich. Leg erst nochmal Musik auf», bat ich und setzte meinen wiegenden Gang durch das Zimmer fort. Draußen war es still, man hörte nur das leise Rauschen des Sommer-winds in den Bäumen und das Zirpen eines Vogels über den Kiefernwipfeln.
    Ich hatte mich um die Stelle des Dezernatsleiters bewor-ben. Ström und ich waren die einzigen Bewerber aus dem Haus gewesen, und vor zwei Wochen war ich gewählt worden. Ström hatte natürlich Beschwerde eingelegt, der Prozess war noch nicht abgeschlossen, doch ich war ziemlich sicher, dass ich nach dem Babyjahr als Chefin in mein altes Dezernat zurückkehren würde.
    «Probieren wir es mit der Dusche, aber vorher
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