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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin
Autoren: Melanie Metzenthin
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einem glockenhellen Lachen.
    »Vielleicht drei, auf keinen Fall mehr«, erwiderte Stephan.
    »Warum nicht?«
    »Weil meine Kinder nicht hinter älteren Geschwistern zurückstehen sollen, wenn das Geld nicht mehr reicht«, stieß Stephan trotzig hervor.
    »Philip, mein Freund, ziehst du es tatsächlich in Erwägung, deine Tochter einem mittellosen Mann zu geben?«, fragte Herzog Leopold.
    Philip lächelte. »Es ist der Mann, der zählt, nicht sein Vermögen.«
    »Wobei ein Vermögen hilfreich wäre. Damit kein Kind hinter seinen Geschwistern zurückstehen muss, nicht wahr?«
    Stephan sah, wie Herzog Leopold und Graf Philip einen verschwörerischen Blick austauschten.
    »Nun, dann sollte ich es vielleicht offenbaren«, sagte der Herzog zu Stephan. »Schon bevor Ihr in dieses Zelt kamt, waren wir uns einig, dass es keinen würdigeren Mann gibt als Euch, Herr Stephan. Würdig, die Burg Thale samt Ländereien und Gütern als Lehen zu erhalten. Glaubt Ihr wirklich, wir seien so undankbar, Eure Leistungen nicht zu belohnen?«
    Stephan starrte den Herzog stumm an, unfähig, den Inhalt seiner Worte zu erfassen. Erst allmählich wurde ihm bewusst, was Leopolds Aussage bedeutete. Burg Thale! Ein kleines Gut – das hatte er sich erträumt. Das hätte er selbst erringen können. Aber eine Burg samt Gütern und Ländereien … Niemals hätte er davon zu träumen gewagt. Und dann auch noch Thale, das waldreiche Land am Quell der Bode! Reich an Wild und fruchtbaren Feldern. Ulf von Regenstein hatte sich dieses Lehen einst für seinen Bastard erhofft. Kurz schweiften Stephans Gedanken zurück in die Vergangenheit, in jene Zeit, bevor er sich mit Thomas dem Kreuzzug angeschlossen hatte. Meinolfs Überheblichkeit hatte Thomas und ihn bewogen, ihr Glück im Heiligen Land zu suchen. Hatte Ulfs Sohn doch verkündet, eines Tages werde er als Ritter auf Burg Thale thronen, während die Cattenstedts immer Hungerleider bleiben würden. Vom Bastard einer Leibeigenen wollten sie sich nicht länger verspotten lassen. Thomas hatte dafür letztlich mit dem Leben bezahlt. Er selbst hätte beinahe seine Seele verloren.
    »Hat es Euch die Sprache verschlagen, Herr Stephan?« Herzog Leopold lächelte ihn gutmütig an.
    »Ein wenig«, gab Stephan zu. »Ich danke Euch für Euer Vertrauen in mich und Eure Großzügigkeit.« Dann blickte er wieder zu Graf Philip und seiner Frau hinüber.
    »Dann gewährt Ihr mir also Antonias Hand?«
    Philip maß ihn mit ernster Miene. Plötzlich jedoch hatte Stephan den Eindruck, in den Augen des Grafen ein Lächeln zu entdecken.
    »Gewiss.«
    Überglücklich griff Antonia nach Stephans Hand und schenkte ihrem Vater ihr strahlendstes Lächeln. Ihre Mutter seufzte. »So verlieren wir an einem Tag gleich zwei Kinder.«
    »Aber einsam wird es nicht werden«, bemerkte ihr Gatte. »Wozu sollen wir uns auf Enkel verlassen, wenn wir selbst noch einmal Eltern werden?«
    Stephan begriff gar nichts mehr, aber Antonia ließ seine Hand los und umarmte stattdessen ihre Mutter.
    »Ist das wahr?«, fragte sie. »War es das kurze weiße Aufleuchten, das ich in deinen Augen sah, bevor sich meine eigene Seelenflamme spiegelte?«
    Die Gräfin errötete und nickte.
    Leopold schlug dem Grafen auf die Schulter. »Philip, ich bin beeindruckt. In deinem Alter schlägst du dich noch wacker im Turnier, deine Frau ist immer noch so schön wie ein junges Mädchen und wird dir ein weiteres Kind schenken. Vielleicht stimmt es doch, dass ihr in Ägypten den Brunnen der ewigen Jugend gefunden habt.«
    »Wohl eher nicht«, widersprach Philip. »Dann würde ich im Augenblick nämlich nicht alle meine Knochen spüren. Dieser Buhurt hatte es wirklich in sich.«
    Während alle lachten, spürte Stephan, wie Antonia wieder seine Hand ergriff und ihn aus dem Zelt zog.
    »Komm!«, flüsterte sie. »Ich habe so lange auf dich gewartet. Nun will ich dich ganz für mich haben, Stephan von Cattenstedt-Thale.« Sie blitzte ihn keck an und erinnerte ihn an den Anfang ihrer Bekanntschaft, als sie ihn immer wieder in ein Gespräch verwickeln wollte.
    »Du hast mich mein ganzes Leben lang für dich«, versprach er und folgte ihr.

Burg Thale, Herbst 1254
    S tephan liebte es, wenn sich die Sonne über den Wäldern seiner Ländereien erhob. Vor allem im Herbst, wenn die Blätter sich rotgolden färbten und im Hochnebel wie ein sagenumwobener Goldschatz leuchteten. Nach den langen Irrwegen seines Lebens hatte er schließlich ein Zuhause an der Seite seiner geliebten
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